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#Elektromobilität

In sozialen Netzwerken finden sich bekanntlich zahlreiche Personen, deren kein "Gegenargument" zu blöd ist.

Eines meiner Favoriten: "Elektrofahrzeuge kann man nicht löschen!!!111ELF"

Spoileralarm: Kann man doch.

Thread ⬇️
Zunächst: Es geht hier jetzt nicht um Vor- und Nachteile von Elektrofahrzeugen per se. Auch werde ich Kommentare dazu ignorieren.

1/*
Der oben genannte Personenkreis versucht, wie bei anderen Themen, bei dem Thema mittels selbst gebastelter SharePics zu suggerieren, E-Fahrzeuge würden besonders häufig brennen.

Dem ist nicht so.

2/*
Eine genaue Statistik für Europa oder gar Deutschland liegt leider nicht vor.

Eine Statistik aus den USA spricht bei Verbrennungsfahrzeugen von 90 Bränden pro Milliarde gefahrener Kilometer.
Bei Elektrofahrzeugen sind es 3 pro Milliarde.

3/*
Auch zahlreiche Fachzeitschriften, Verbände und Automobilclubs betonen stets, dass die Gefahr eines Fahrzeugbrandes bei Elektrofahrzeugen im Vergleich sehr gering ist.

4/*
Das eine besonders große Gefahr der vermeintlichen Selbstentzündung besteht, ist ebenfalls nicht nachgewiesen.

Häufig handelt es sich um Produktionsfehler oder alte Schäden, wie es aus den USA heißt.

Was auch bei Benzinern häufiger vorkommt.

5/*
Auch ist die Angst unbegründet, dass sich die Hochvoltbatterie des Fahrzeuges direkt entzündet.

Ende 2019 hat die DEKRA Crashtests mit 30 E-Fahrzeugen und Hybriden durchgeführt.
Gebrauchtfahrzeuge, um Batterien im Betriebszustand crashen zu können.

6/*
Die DEKRA ging dabei über die Norm des Euro NCAP hinaus:
Seitlich, Frontal und auf einen Pfahl, alle Aufprallgeschwindigkeiten mit 60 km/h.

Ergebnis: Kein Feuer.
Die Batterien wurden zwar teils schwer beschädigt, fingen aber kein Feuer! (Bild: DEKRA)

7/*
Grund dafür ist, dass die Hochvoltbatterie mit ihren bis zu 400 Volt bei einem Aufprall sofort vom Bordnetz getrennt werden.

Erstaunlich: Die 12 Volt Batterien blieben fast immer intakt, so dass Warnblinker und Notrufassisten weiter funktionierten.

8/*
So viel erst mal dazu.
Aber was ist denn nun, wenn eine Hochvoltbatterie einmal Feuer fängt?
Warum tat man sich teilweise schwer, dem Brand beizukommen?

1. Problem: Die Stabilität der Batterie macht es schwer, Löschmittel in die Batterie vorzubringen (dazu nachher mehr)

9/*
2. Problem: Die Feuerwehren und auch die Brandschutzindustire sind noch recht unerfahren, weil es so selten vorkommt.

Der Vorwurf, da hätte man sich vorher Gedanken drüber machen können, ist nicht fair: Das macht man bei fast keiner neuen Technologie.

10/*
Die Technologien im Brandschutz und Brandbekämpfung hinken eigentlich immer den Ereignissen hinterher.

Es passiert was, dass Problem wird erkannt und es wird daran gearbeitet.

Und da kommt auch schon die erste "Innovation":

11/.
Die "Red Boxx".

Mit der ersten Idee, Fahrzeuge einfach in einen Container zu versenken und mit Wasser zu fluten, führte zu diesem heißen Teil

Hinten auf, Fahrzeug per Winde reinziehen und anschließend fluten.

So weit, so gut, so Naja...

12/*
Diese Variante hat nämlich auch seine Nachteile.

1. Es geht nur bei Feuerwehren, die einen Lkw mit Absetzkipper besitzen, ein Wechselladerfahrzeug (WLF). Und die sind eher eine Rarität.
Auf Lkw von Firmen kann man sich nicht verlassen, Stichwort Verfügbarkeit.

13/*
2. Problem: Es ist sehr Personal- und Arbeitsintensiv. Einsätze können sich so über Stunden hinziehen.

Also: Es ist eine Möglichkeit, aber nicht der Weisheit letzter Schluss, so auch das Deutsche Feuerwehrmagazin BRANDschutz in seiner Ausgabe 12/2019.

14/*
Die Entwicklung geht voran und schlaue Menschen dachten sich: Wenn das Löschmittel nur schwer von außen in die Batterie eindringt, müssen wir es irgendwie einfach und direkt reinbringen.

Und siehe da: Die E-Löschlanze

15/*
Die Idee der E-Löschlanze ist es, sie direkt in die Hochvoltbatterie einzuschlagen und so das Wasser direkt einzubringen.

Ein Test der BRANDschutz ergab: Bei einer Vorbrennzeit von 15 Minuten ließ sich eine solche Batterie nach 10 Minuten vollständig löschen!

16/*
Der rote Griff der E-Löschlanze ist bis 1000V isoliert, also kein Problem für die Hochvoltbatterien (400V).

Das Löschen selbst ist gemäß DIN VDE 0132 ebenfalls kein Problem.
(FWler erinnern sich sicher an die Strahrohrabstände <1000 Volt 😉)

17/*
Im übrigen hat man bei den Tests auch ermittelt, welches das effektivste Löschmittel ist: Wasser 😀

(Ein Elektriker meinte, man könne/dürfe Elektrobrände nicht mit Wasser löschen. Auch hier empfehle ich die DIN VDE 0132)

18/*
Kleiner Wehmutstropfen: Die E-Löschlanze kostet (in einem Set) um die 3000€, was wohl viele Kommunen schlucken lässt.
Ich vermute allerdings, daß sich dieses Set trotzdem durchsetzt und mindestens an bestimmten Standorten vorgehalten wird.

19/*
Fazit:

Elektrofahrzeuge kann man löschen, zweifelsfrei.

(vorläufiges) ENDE.

(ich erweitere den Thread, falls noch Unklarheiten bestehen und/oder mir noch was einfällt)

20/?
Ah, da war noch was:
Umweltbelastung.

Es gibt welche, die meinen das besonders viele Schadstoffe beim Brand eines Elektrofahrzeuges entstehen.

Streicht das besonders.

Wie bei Benzinern sind die Autos voll mit Kunststoff, Kabel usw.
Ja, man sollte den Qualm nicht einatmen

21/*
Es hält sich auch Behauptung, es würde beim Brand der Hochvoltbatterie Flusssäure entstehen.
Hintergrund: Unter Laborbedingungen hat man mal einen Zustand erreicht, bei dem man vermutete es könne entstanden sein. Das Verfahren zum Nachweis ist wohl kompliziert.

22/*
Die DEKRA hat dies bei Bränden von Hochvoltbatterien vor Ort mit Sachverständigen untersucht: Weder gab es Hinweise, noch konnte Flusssäure in irgendeiner Art nachgewiesen werden.

23/*
Thema "kontaminiertes Löschwasser": Die Experten der BRANDschutz und des Karlsruher Institut für Technologie (KIT) sind sich einig, dass aufgrund des Verdünnungseffektes ein abfließen in die Kanalisation kein Problem darstellt.

24/*
Ergänzung: Als ich von 400V bei der Hochvoltbatterie gesprochen habe, bezog sich das auf einen Tesla S.
Ich wurde darauf hingewiesen, dass es Fahrzeuge mit höherer Spannung gibt, wie z. B. den Audi e-tron mit bis zu 900V.
Das stimmt, stellt aber trotzdem kein Problem dar.

25/*
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