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"Absurde Lokführervorschrift kostet die Bahn Millionen"

Absurd ist hier allerdings die offensichtlich mangelnde Recherche, welche in eine Vielzahl von Fehlinterpretationen mündet und einen falschen Eindruck hinterlässt.

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spiegel.de/wirtschaft/unt…
Leider liegt dieser Artikel hinter einer Paywall, welche man nur mit dem Abschluss eines Monatsabos umgehen kann.
@Pohli3012 war so nett, mir den Artikel zukommen zu lassen 👍

Im Laufe des Threads werde ich also mehrmals aus diesem Artikel zitieren müssen.
Zunächst einmal finde ich es dreist, Regelungen aus dem Tarifvertrag für einen Millionenverlust verantwortlich zu machen.

Es ist schon ein Schlag ins Gesicht für einen Großteil der Kollegen, die tagtäglich Überstunden hinnehmen, um einen Zug doch noch ans Ziel zu bringen.
Der Autor glaubt (und suggeriert) fälschlicherweise, dass wir "in der Regel nur ein Drittel unserer Arbeitszeit auf der Lokomotive verbringen", den Rest unserer Dienstzeit "in Wartehallen, Taxis oder in Zügen verbringen, die sie wieder nach Hause bringen"
Aber woher nimmt er "das Drittel"?
Ganz einfach: Er ist auf die "Anwesenheitsproduktivität" von Lokführern herein gefallen.
Eine äußerst problematische Kennzahl, spiegelt sie nicht die Realität wieder, wie ich hier bereits erklärt habe

Glaubt man dem Artikel, fahre ich in der Regel nur einen Zug irgendwohin und fahre dann wieder als Fahrgast zurück, um dort pünktlich Feierabend zu machen.

Ja, solche "einseitigen" Schichten gibt es. Aber die Regel sind sie nicht. Und auch nicht die Folge des Tarifvertrags
Einseitige Schichten sind in der Regel so geplant.
Der Grümde dafür können vielfältig sein und sind selbst für Lokführer nur selten zu hinterschauen.
Vielleicht ist kein Zug vorhanden, denn ich zurück fahren könnte?
Oder es würde z.b. gegen das Arbeitszeitgesetz verstoßen?
Der Autor preist "flexiblere Arbeitszeiten" als Lösung an, den Betrieb zu modernisieren.
Wie genau, dass verrät er allerdings nicht.

Ich weiß ja nicht, aber die Arbeitszeiten sind schon ganz schön flexibel, finde ich 🤔 Image
Ich gehe davon aus, dass er sich auf die Aussage von des Geschäftsführers 'Netzwerk Europäischer Eisenbahnen' stützt.
"Unsere Eisenbahnen praktizieren die Zwei-Schicht Symmetrie".
Was das bedeutet, erklärt er gleich mit:
"Deren Lokführer bringen ihre Züge so nah wie möglich an den Bestimmungsort und fahren nach einer Pause oder Übernachtung wieder einen Güterzug zurück"

Nun: Das machen wir bei DB Cargo eigentlich nicht viel anders.
Der Unterschied ist z.b., dass Kollegen anderer Unternehmen häufiger weitere Strecken fahren, ins Hotel gehen und danach wieder eine weite Strecke zurück fahren.

Übernachtungen kommen bei uns hingegen kaum vor, ist aber möglich. Genau wie dieses System des "Langfahren"
Es gibt sogar einige Kollegen, welche gerne "Langfahren" würden.
Es ist aber Sache des Betriebes, dass es nicht umgesetzt wird.

Nach einer Pause wieder einen Güterzug zurück zu fahren, ist dagegen Tagesgeschäft.

Beispiel: Köln - > Frankfurt, Mainz -> Köln. Image
Für die, die es nicht wissen: Ferngüterzüge werden im Staffelsystem gefahren.
Bei uns findet der Lokführerwechsel meist etwas häufiger statt als bei anderen EVU, u.a. weil wir mehr Personal und Dienststellen haben.
Der Autor hat weiterhin einen Kollegen aus Würzburg gefunden, den er dazu interviewt hat.

Ich bin mir nicht sicher, ob der Kollege es tatsächlich so wiedergeben hat oder das gesagte falsch aufgefasst wurde, gebe es aber trotzdem mal so wieder:
"Wenn meine pünktliche Ankunft am Heimatbahnhof gefährdet ist, bleibt der Zug eben stehen"

Wir haben, wie viele Arbeitnehmer, das Recht auf einen pünktlichen Feierabend, ja.
Das aber der Zug sofort stehen bleibt, sobald der Feierabend gefährdet ist, ist aber die Ausnahme!
Der größte Teil der Kollegen, mit denen ich zu tun habe, fahren (un)geplante Züge selbst dann, wenn sie deutlich Verspätung haben und auch klar ist, dass diese Verspätung nicht mehr aufgeholt werden kann!
Zum "stehenbleiben" von Zügen kommt es meist, wenn sonst eine Überschreitung der Arbeits- oder Fahrzeit droht oder der Mindestabstand zur nächsten Schicht zu gering wird, was auch das Arbeitszeitgesetz regelt.
"Er stellt den Zug irgendwo ab, sichert ihn und wartet, bis ein anderer Lokführer kommt und weiterfährt", wird er zitiert.

Klar kommt das leider vor, aber eigentlich nur bei den zuvor genannten Schwierigkeiten, den drohenden Gesetzes- oder Vorschriftenverstößen
Ich kenne niemanden der seinen Zug unterwegs abstellt, um pünktlich Feierabend zu machen.

Das aufwendige sichern des Zuges und das wegkommen von dort, würde das in der Regel sowieso unmöglich machen.
"Aus der Not heraus muss das Unternehmen eilige Aufträge an Firmen vergeben, deren Lokführer nicht nach einem Drittel der Arbeitszeit die Arbeit einstellen"

Irgendwas muss der Autor in seinem Kaffee gehabt haben, um so eine freche Falschunterstellung rauszuhauen!
"In Einzelfällen bedient sich DB Cargo Tochterunternehmen, die nicht an die Verträge der GDL gebunden sind"

Ist so allerdings nicht ganz richtig und auch nur die halbe Wahrheit.
Das Personalproblem ist die andere Hälfte 😏
Fazit des Autors: "[...] unflexible Lokführer" und eine unverholene Vorfreude auf "vollautomatische Rangierloks", die das Problem lösen sollen, "da braucht es dann keine Lokführer mehr". Image
Der Autor hat diesen Artikel mit einer aus meiner Sicht mit einer Art böswilligkeit geschrieben, dass ich mich frage ob da ein Kindheitstraum bei ihm nicht in Erfüllung gegangen ist!?
Die EVG hat heute ebenfalls klar Stellung zu diesem Artikel bezogen Image
Auf Facebook genießt der Artikel sogar eine ganz absurde Überschrift 🤪 Image
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