Wer beim Schreiben einen #Henrystutzen trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren. - Habe e. Aufsatz für d. #KarlMay-Jhb. zugesagt & bin dadurch wieder mit Mays bizarren, aber literaturwissenschaftlich hoch interessanten Werk-Lebens-Zusammenhängen konfrontiert. Thread. /1
Neu für mich: D. Frühwerk, bes. die "#Geographischen#Predigten" aus d. Bergarbeiterzeitschrift "#SchachUndHütte" (nur ein Jhg. 1875/76, Redakteur: Karl #May) - ein Text d. Volksaufklärung. Die Verbindung v. Leben und Werk & die Folgen verfehlter "Werkpolitik" (St. Martus) /2
sind in zwei Hinsichten m. Blick auf #May wichtig: Zum einen löste May die Trennung zwischen Werk und Leben bzw. Ich auf, sei es aus Kalkül, sei es aufgrund seiner charakterlichen Beschaffenheit. Die Old-#Shatterhand-Legende, nach der May m. seinen lit. Figuren identisch sei, /3
bot seinen Kritikern ab ca. 1900 vielfach Munition. Die reale Orientreise 1899/1900 kam zu spät, um als Camouflage zu funktionieren, und zerrüttete im Ggt. #May psychisch. Ein zweiter Aspekt ist, dass May auch m. d. Kohärenz seiner Werke kämpfte, nachdem er inmitten d. /4
Tetralogie "Im Reiche des silbernen Löwen" (III: 1902) einen Schwenk ins "Spätwerk" vollzog, das Abenteuerlust durch pazifistische Weltanschauung & Handlungsfülle durch Allegorie zu ersetzen suchte. Während er behauptete, damit höchste Ziele zu verfolgen, wurde er /5
aufgrund seiner früheren Texte als Schundliterat attackiert. #May behauptete jedoch bereits 1899, seine pazifistische Weltanschauung und wahre Gesittung schon früh demonstriert zu haben, nämlich eben 1875/76 i. d. "#Geographischen#Predigten". Die Tragik: Der Text war /6
um 1900 längst verschollen, nirgends aufzutreiben, auch #May besaß ihn nicht mehr. Sein Belegexemplar hatte er wohl unklugerweise abgegeben. Seine Gegner konnten ihn daher einer weiteren Lügen bezichtigen. Erst 1916, vier Jahre nach Mays Tod, wurde von E. A. #Schmid, Gründer /7
des #KarlMay-Verlags, ein Exemplar von "Schacht und Hütte" m. d. Text gefunden. Der Bericht über den Fund (abgedr. 1988 in "75 Jahre Verlagsarbeit für Karl May und sein Werk") i. e. Schrank der Firma Münchmeyer liest sich abenteuerlich, als entstamme er selbst einer /8
Karl-#May-Geschichte. Mays (auch armutsbedingter) sorgloser Umgang m. d. eigenen Werk wurde zur existenziellen Gefährdung, seine Behauptung, "wer die ‚Geographischen Predigten‘ nicht gelesen hat, ist (…) unfähig, meine Voraussetzungen und Ziele zu kennen" lief ins Leere, /9
solange der Text nicht greifbar war - war aber nötig, um eine schriftstellerisch & charakterliche Kohärenz zu belegen, die moralische Authentizität garantieren sollte. //
EDIT: Definitiv "SchachT und Hütte", nicht "Schach und Hütte".
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Die #IQB-#Bildungstrends verraten viel über den #Deutschunterricht. (1.) ein paar Worte zu einigen Ergebnissen, die in d. Öffentlichkeit tls. verkürzt repräsentiert werden; (2.) was sind Probleme des Fachs Deutsch?; (3.) Erstaunliches zur empirischen Bildungsforschung. /1
Alles nachzulesen im IQB - Bericht (1.) Die ERGEBNISSE sind schlecht und zeigen zudem e. stark negativen Trend 2015-2022, der tlws. schon 2009 einsetzte. Ich beschränke mich exemplarisch auf das Lesen, was möglich ist, da die Ergebnisse für Zuhören /2iqb.hu-berlin.de/bt/BT2022/Beri…
u. Orthographie ähnlich sind. Auch schaue ich nur bsp.haft auf Bund & NRW. Vorab sei angemerkt, dass der Negativtrend im Bereich Orthographie, die heute oft symbolisch für Leistungsschwäche steht, noch am geringsten ausfällt. Erhoben wurde unter anderem, wie viele SuS sog. /3
Die knapp 30 Seiten lange Zusammenfassung des Gutachtens „Basale Kompetenzen vermitteln – Bildungschancen sichern. Perspektiven für die #Grundschule“ der Ständigen wissenschaftlichen Kommission der #KMK ist bemerkenswerte Reaktion auf die #IQB-Ergebnisse. /1
kmk.org/de/kmk/staendi… Speziell für das Fach #Deutsch & sprachliche Kompetenzen enthält das rd. 200 S. lange eigentliche Gutachten weiterführende Angaben. Die fachlich nicht spezifische #Zusammenfassung ist aber bereits lesenswert & wahlweise entschlossenes o. verzweifeltes /2
Dokument, das an einzelnen Stellen erhebliche Sprengkraft haben dürfte. Es enthält viele interessante Details & Vorschlage. Grundsätzlich sehe ich aber in der Zusammenfassung fünf Tendenzen: (1.) Mindeststandards als neue Leitgröße; (2.) Verwissenschaftlichung im Sinne von /3
Die gestern vermeldete Studie des #ifo-Instituts zum Stand schulischen Lernens während #Corona hat einige kontroverse Rückmeldungen erzeugt. Einige Ergebnisse & Anmerkungen auch zur allgemeinen Studienlage: /1 ifo.de/publikationen/…
Ludger #Wößmann et al. ermitteln die Zeit, die Schüler_innen mit schulischen Aktivitäten vor Corona verbracht haben, mit 7,4 h/Tag (Durchschnitt) & stellen dem 4,3 h „Lernzeit“ Anfang 2021 gegenüber. Dies ist mehr als Anfang 2020 (damals 3,6 h). Von den 4,3 h entfällt ca. 1 h /2
auf schulischen Unterricht im engeren Sinne. Die Differenzen sind erheblich, 23% der SuS haben sich maximal 2 h/Tag mit Schule befasst, 58% max. 4 h. Der Vergleich zu Zahlen vor Corona ist m. E. zurecht kritisiert worden: Er droht, die Effizienz des Präsenzunterrichts /3
Passend zur Tagung „#HeinrichHauser und seine Zeiten“ am 22. & 23. September @Germanistik_RUB ist Hausers lange unzugänglicher Film „Chicago. Weltstadt in Flegeljahren“ erschienen & läuft morgen (20.04.) um 23:35 Uhr auch auf @ARTEde (65 Min.). arte-edition.de/item/3020.html /1
Die DVD stattet den Stummfilm nachträglich mit zwei Tonspuren aus: Musik von Andy #Miles oder Lesung kurzer Passagen aus Hausers Reportage #FeldwegeNachChicago von Wilfried #Reichardt und Hans-Ulrich #Werner. Beides hörenswert. Das Filmmaterial ist vglsw. kurz, überw. /2
sachlich-lakonisch, mit einem Interesse an technischen & architektonischen Formen und Abläufen & ihrer filmischen Inszenierung. Aufnahmen von Menschen kommen auch vor, von der - aus heutiger Sicht - oft ärmlichen Anmutung abgesehen bemerkenswert zeitlos. Die gelesenen Texte /3
D. A. Pacygas "#Slaughterhouse" ist e. Buch über industrielle Produktion v. #Fleisch, aber auch über die brutale Dynamik des US-Kapitalismus, bei d. Parallelen zur Gegenwart ins Auge fallen. Noch e. Thread über Fleisch & #Chicago, aber auch die dt.e Provinz & (kurz) Literatur. /1
1922 ist "meatpacking (...) the largest industry by volume in the United Staates", stärker als Stahl- o. Autoindustrie (140), & Chicago das unangefochtene Zentrum. Das hat nicht allein m. industrieller Schlachtung zu tun, die dt.e Autor_innen auf Durchreise bestaunen, sondern /2
mit Trägertechnologien, (1.) der Eisenbahn, deren Bedeutungsverlust gegenüber dem LKW-Verkehr in den 1950er & 60er Jahren innerhalb kürzester Zeit zum vollständigen Kollaps v. Chicago als Fleischzentrum führt; (2.) Kühlmöglichkeiten & -technik. Noch in den 1850er Jahren /3
Weitere Eindrücke zur industriellen #Fleisch-Produktion im Kontext eines Hauptseminars: Ein Thread zu e. "Visitor's Guide" d. Firma #Swift im Chicago d. frühen 20. Jhd.s & zu Fleisch, Advertising & Gender. - Um 1900, als dt. Besucher (u. a. Max Weber) nach #Chicago strömen /1
ist der Vieh- & Schlachthof (#UnionStockyard) eine gewaltige Attraktion: Ca. 500.000 Besucher kommen jährlich, schreibt Dominic A. #Pacyga i. #Slaughterhouse. Hier konnte man die "basic themes of modern industrialization" (ebd.) sehen. Die großen #Meatpacking-Firmen /2
produzierten Werbematerial, Andenken & boten neben wirkl. Führungen auch schriftliche Touristenführer als Souvenirs, wie das #VisitorsReferenceBook, das über das Repository d. #DukeUniversity studiert werden kann. Das angegebene Publikationsdatum 1903 /3 repository.duke.edu/dc/eaa/A0340