My Authors
Read all threads
Unsere nächste digitale Veranstaltung:
@pascal_scheiber spricht mit der freien Journalistin @samantha_zaugg JETZT drüben bei Instagram. Ihr Film «Bankett» hat vor drei Wochen die virtuellen Schweizer Jugendfilmtage eröffnet. THREAD 👇
Samantha ist freie Journalistin - und arbeitet von Zuhause aus. Sie sei nahe an der Sozialverwahrlosung, sieht wenige Leute und hat keinen Unterricht (sie besucht die ZHdK) - #CoronaPandemie halt...
Vor drei Wochen war die Weltpremiere des Films «Bankett» - darum gehts im heutigen Wie?So! - weiter um die Arbeit als freie Journalistin, und um ihr Fotografiestudium an der ZHdK.
Die Premiere ihres Films war komisch - denn die Schweizer Jugendfilmtage wurden aufgrund der Coronakrise virtuell durchgeführt. Und die Premiere verfolgte Samantha Zuhause - und alleine. Ohne Reaktionen sei das fremd gewesen.
Aber ihre KlassenkameradInnen hätten kurzerhand einen Zoom-Apéro organisiert - das sei der Aufsteller gewesen nach der Premiere.
Samantha wollte einen Film drehen über eine Tradition in Frauenfeld, bei welcher nur Männer mitmachen dürfen. Die Männer hätten ihr jedoch gesagt, sie dürfe nicht. Dann drehte sie kurzerhand einen Film darüber, wie sie keinen Film machen darf.
«Der Film hat nur funktioniert, weil ich einen Sprung auf die Metaebene gemacht habe. Ein wichtiges Stilmittel ist das Telefon. Ich habe mich selber dokumentiert, wie ich versuche, die Drehgenehmigung zu erhalten.»
«Schwierig war es, weil man ja keine Telefongespräche aufzeichnen kann, wenns die Person am anderen Ende der Leitung nicht weiss. Daher war der Fokus vor allem auf mich gerichtet...»
Im Vorfeld hatte sich Samantha auch das Worst-Case-Szenario durchgedacht: Was, wenn sie dort gar nicht filmen darf? Und hat daher von Beginn weg sich selber bei ihren Recherchen auf Video aufgezeichnet. Nicht nur am Telefon - auch in Bibliotheken zum Beispiel.
Bei ihrem Praktikum bei der #srfrundschau und zuvor als VJ bei TeleTop hat sie bereits gelernt, Filmaufnahmen zu machen - auch davon, wenn man bei Recherchen zum Beispiel klingelt und niemand öffnet. Dann habe man immerhin etwas Videomaterial.
So sieht das übrigens im Film aus:
«Eigentlich wollte ich mich selber gar nicht in den Mittelpunkt des Films stellen. Weil ich aber so viel Ablehnung erlebt habe, war letztendlich DAS die spannende Geschichte. Diese Männer störte es, dass ich mit dieser Anfrage kam»
Der Verein, den Samantha zu porträtieren versuchte, ist einer, der Zünften ähnlich ist. Ums runterzubrechen: Es seien v.a. alte Männer, die sich einmal im Jahr treffen, um zu essen und zu trinken.
Was war das ursprüngliche Ziel des Films? «Ich wollte dort mitmachen. Jemand muss ja die erste Frau sein, die dort hin will. Ich versuchte dann, dort Mitglied zu werden - da muss man sich einkaufen, kostet rund 2000 Franken. Die Antwort war dann nein.»
«Dann wollte ich das auf der Bildebene zeigen, denn die Frauen sind an der Vorbereitung des Anlasses und auch beim Servieren stark beteiligt - dürfen aber nicht mitmachen. Das wollte ich zeigen. Das war dann aber nicht möglich»
Wie verdient man denn eigentlich Geld mit so einem Film? «Der Film wird mir kein Geld einspielen. Ich möchte den an Festivals und Wettbewerben laufen lassen. Und vielleicht gewinne ich was. Das wäre eine Option. Ich habe noch eine Aufführung in einem Kino geplant...
...aber auch dort würde ich mit dem Film nichts verdienen. Zumal der Film nur 15 Minuten dauert.»
Für den Film hat Samantha sich aber auch um öffentliche Fördergelder bemüht: «Die gibts aber erst, wenn alles durch ist und man den Schlussbericht eingereicht hat. Ein solches Produktionsdossier ist sehr aufwändig. Von allen zusammen erhalte ich jetzt 6000 Franken.»
Damit kann sie Honorare unter anderem an einen Kameramann und eine Soundtechnikerin bezahlen. Das war aber nicht von Anfang an garantiert.
«Ich bekam Unterstützung durch Mentoringprogramm. Das war wichtig, denn so konnte ich mit Leuten, die Profis sind, über meine Arbeit reden. Die haben einen ganz anderen Blick auf Themen und kennen die wichtigen Fragen. Die konnten meine Idee triggeren», sagt @samantha_zaugg
Eine der Mentorinnen habe sie zum Beispiel gefragt, warum sie den Film überhaupt machen möchte. Darüber musste sie sich dann noch etwas klarer werden.
Zu diesen Mentoren kam @samantha_zaugg nicht einfach so - sie hat ein Mentoringprogramm gewonnen bei den Jugendfilmtagen. Sie pitchte ihre Idee, gewann und konnte ihren Film an der Premiere zeigen - und zuvor mit drei Mentoren sprechen.
«Ich habe mit einer Produzentin, einer Kamerafrau und einer Editorin gesprochen. Die Organisatoren der Jugendfilmtage haben ein breites Netzwerk und viele Kontakte«
Das habe ihr eine grosse Sicherheit gegeben - wenn man seine Idee artikulieren könne und sich austauschen könne, helfe das. Nebst den Mentorinnen tauschte sich @samantha_zaugg regelmässig mit Freunden aus. Bewusst auch mit solchen ohne journalistischen Hintergrund.
Im Verlauf des ganzen Filmprojekts und seit der Filmpremiere - wie fielen die Reaktionen aus?
«Ich habe die betreffenden Vereinigungen vor der Veröffentlichung informiert. Der eine hat nicht geantwortet. Und ein anderer schrieb, er danke für den Link und man könne ja bei Gelegenheit bei einem Bier darüber sprechen»
Und wie kam der Film in der Öffentlichkeit an, speziell im Thurgau?
«Thurgaukultur, wo ich u.a. arbeite, hat was dazu geschrieben. Und eine Vereinigung wusste lange gar nicht, dass es den Film und die Anfragen gab. Das habe ich von Leuten erfahren, die in der Vereinigung dabei sind»
Soviel zum Film - noch etwas zur Arbeit von @samantha_zaugg als freie Journalistin. Sie arbeitet u.a. (wie erwähnt) bei ThurgauKultur: «Ich mache dort klassischen Kulturjournalimus. Besuche Veranstaltungen (v.a. in Film, Foto, Literatur) und schreibe Besprechungen dazu.»
Interviewer @pascal_scheiber fragt, warum sie für ThurgauKultur schreibt, obschon sie auch schon für grössere Medien gearbeitet hat. «Ich schreibe schon lange für @thurgaukultur - und Kulturthemen interessieren mich selber sehr.»
Einen Bericht schrieb Samantha mal über einen Auftritt von @hazelbrugger - und hätte gerne ein Interview mit ihr gemacht. «Weil ich bei Thurgaukultur selten Feedback bekomme, habe ich dann v.a. übers Publikum geschrieben und nicht über den Auftritt - und das Publikum beleidigt..»
Das habe dann für einige Reaktionen gesorgt. «Strebst du nach Aufmerksamkeit?», fragt @pascal_scheiber. «Ich weiss nicht, ob ich danach strebe. Du arbeitest ja beim @Blickch, und habt immer Reaktionen. Und ich möchte halt spüren, ob das, was ich schreibe, ankommt beim Publikum»
Es sei ein Stück weit auch gut, wenn Journalisten und Journalistinnen etwas extrovertiert seien und Reaktionen möchten - sonst könne sie auch in einem normalen Büro arbeiten, wenn sie das nicht möchte, sagt @samantha_zaugg.
Wie ist die Arbeit als freie Journalistin? «Es ist schwierig, Fuss zu fassen und bei anderen als bei Medien zu schreiben, die dich schon kennen. Und die Erstellung eines Exposé ist aufwändig. Nicht zuletzt ist die Arbeit auch nicht allzugut bezahlt»
So sieht das übrigens aus, drüben bei Instagram.
«Es kam auch schon vor, dass ich eine Geschichte nicht loswurde - eine Geschichte, die sehr aufwändig war. Es ging um Jugendliche in einem Flüchtlingslager in Serbien, die unter unwürdigen Bedingungen leben. Und verstand nicht, dass die erst niemand wollte»
Schlussendlich wurde die Geschichte im Mai 2019 im Magazin «Surprise» publiziert. Titel: «Alleingelassen». Zu finden u.a. hier: issuu.com/surprise/docs/…
Nach Serbien reisen für eine Reportage - hast du dir Hilfe geholt? «Nein. Ich habe am Bahnhof mit Leuten begonnen zu sprechen - holte mir also keinen Stringer vor Ort. Aber natürlich: Auch wenn Leute gut Englisch können, gibt es ab und zu Verständnisprobleme»
Wie geht man damit um, dass man zu Beginn noch gar nicht weiss, was sich vor Ort ergibt? «Ich dachte mir: easygoing, ich spreche jetzt mit den Leuten und das wird gehen. Ich war mir in Serbien gar nicht bewusst, dass das vielleicht schwierig werden könnte ohne Übersetzer»
Fürs Medienmagazin Edito hat @samantha_zaugg den Journalismus mit einem geköpften Hahn verglichen. Warum? «Jemand sagte mir mal, wenn der Journalismus ein Wappentier hat, ist es ein Aasgeier. Ich fand, ein Hahn ohne Kopf passt besser...
...denn wenn man einem Hahn den Kopf abhaut, rennt der noch weiter. Und in den USA gabs einen Hahn, der 18 Monate ohne Kopf weiterlebte. Irgendwann war er ja dann aber doch tot, weil er nicht selber fressen konnte. Meine These für den Bericht war: ....
...der Journalismus funktioniert zwar noch. Wenn man aber nichts ändert an der Situation, ist er irgendwann tot», sagt @samantha_zaugg
Den Artikel gibts übrigens hier zum Nachlesen: edito.ch/der-hahn-ohne-… @MagazinEDITO
Fragerunde bei Insta: Sind noch andere Filmprojekte in Planung, @samantha_zaugg? «Ich würde schon gerne mehr Filme machen. Zurzeit ist es aber schwierig (#Corona), Projekte aufzugleisen. Ich hätte zwar Ideen, weiss aber nicht, ob ich jetzt schon anfangen soll.»
Verdient man mehr mit geschriebenen Texten oder mit einem Film? «Weder noch. Ich verdiene eigentlich mit beidem kein Geld. Mein Einkommen besteht v.a. aus regelmässigen kleineren Geschichten für Thurgaukultur und mit dem Putzen von Treppenhäusern, Transkriptionen, Nachhilfen...»
Ist es dir so wichtig, im Journalismus zu arbeiten, dass du dafür sogar putzen gehst? «Ja, ich glaube schon. Wenn man die Strategien der Medienhäuser beobachtet, teile ich keine 100%. Daher habe ich für mich entschieden, frei zu arbeiten. Gibt auch Freiheit für längere Projekte»
Zudem hat Samantha auch ein Studium begonnen, um noch mehr Möglichkeiten zu erhalten.
Wie stehst du zu Corporate-Aufträgen? «Finde ich nicht nur schlecht. Ich mache z.B. auch Fotos für KMU. Habe aber Mühe damit, wenn Beiträge in Zeitungen, Magazinen oder Onlineportalen 'getarnt' sind.»
Zum Schluss: Was gibt Samantha jungen Journalistinnen und Journalisten mit? «Wichtig ist, dass ihr nicht gegeneinander arbeitet, sondern zusammen. Es spielt keine Rolle, ob ihr bei einem grossen oder kleinen Medium arbeitet. Es sitzen alle im gleichen Boot»
Das wars - vielen Dank @samantha_zaugg fürs Gespräch - und @pascal_scheiber für die Moderation. Nächstes virtuelles Wie?So! demnächst...
Missing some Tweet in this thread? You can try to force a refresh.

Enjoying this thread?

Keep Current with Junge Journalistinnen und Journalisten Schweiz

Profile picture

Stay in touch and get notified when new unrolls are available from this author!

Read all threads

This Thread may be Removed Anytime!

Twitter may remove this content at anytime, convert it as a PDF, save and print for later use!

Try unrolling a thread yourself!

how to unroll video

1) Follow Thread Reader App on Twitter so you can easily mention us!

2) Go to a Twitter thread (series of Tweets by the same owner) and mention us with a keyword "unroll" @threadreaderapp unroll

You can practice here first or read more on our help page!

Follow Us on Twitter!

Did Thread Reader help you today?

Support us! We are indie developers!


This site is made by just two indie developers on a laptop doing marketing, support and development! Read more about the story.

Become a Premium Member ($3.00/month or $30.00/year) and get exclusive features!

Become Premium

Too expensive? Make a small donation by buying us coffee ($5) or help with server cost ($10)

Donate via Paypal Become our Patreon

Thank you for your support!