Thread by @KonLex09

Am 13. April 1945 findet eine kleine US-amerikanische Aufklärungseinheit einen bei Farsleben auf der freien Strecke abgestellten Zug aus wenigen alten Personen- und vielen Güterwagen. Zuvor waren ihnen ca. 200 Menschen in sehr schlechtem

aufgefallen, die über die Straße zogen und sie ansprachen, es waren die Insassen der Personenwagen. Sie bringen die Amerikaner zum Zug, mit dem ca. 2.500 Juden aus Bergen-Belsen nach Theresienstadt transportiert werden sollten. Mit dem Beginn der Fahrt am 07.04.1945 und an

Nahrungsmittel und Wasser nur dabei, was man als Häftling aus einem KZ mitnehmen konnte, so eng zusammengepresst, dass nur Stehen möglich war, und nach für viele jahrelanger Mangelernährung erleben sie nun ihre Befreiung vom Horror der NS-Herrschaft: Entkräftet, unter- und

mangelernährt, dehydriert, viele fiebrig, einige an Typhus erkrankt. Und viele sind auf der Fahrt bereits verstorben; die Leichen fallen den amerikanischen GI's entgegen, als sie die Türen der Güterwagen öffnen.
Die beiden amerikanischen Offiziere, deren Namen mit der Befreiung

verbunden sind, heißen George C. Gross ("Red") und Carrol Walsh. Sie bemühten sich um die Befreiten zwei Tage lang, dann ging es weiter - die alliierten Streikräfte müssen nach Magdebug, über die Elbe, kämpfen zeitgleich bei Barby, nehmen Thüringen ein, während in Frankreich

noch immer Teile de Wehrmacht eingekesselt werden. Es ist viel zu tun, und der Weg führt Richtung Berlin.
Als Matthew Rozell @marozell 2001 Gross befragt, ist es die Tochter, die an den Zug erinnert. Gross findet die Fotos, die er damals mit der Leica machen ließ, die ihm seine

Frau zugesendet hatte. @marozell erforscht die Geschichte jahrelang und veröffentlicht ein lesenswertes Buch, das dringlich ins Deutsche übersetzt werden muss.
Ein Überlebender der Horrorfahrt in GB, Peter Lantos, beginnt als Senor seine eigene Suche nach
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George Gross. Und Gross hatte ein englischsprechende Ungarin kennengelernt, der er 1945 noch einmal schreiben konnte, bevor wich ihre Spur verlor. Später gibt es weitere Unterstützung aus den Niederlanden, dort hatte Ron Chaulet den Brief eines Überlebenden ersteigert, aus dem

er vom Todeszug erfuhr, und er sich viele Jahre für die Errichtung eines Denkmals eingesetzt hat, und so finden ab ca. 2010 immer mehr Treffen zwischen Befreiten und Befreiern statt, und George trifft auf die damals vermisste Gina Rappaport.
In Deutschland geht die Erinnerung

an den Todeszug verloren. Dies mag daran liegen, dass über die betroffene Ortschaft immer wieder geschrieben wird, dass die Einwohner bereitwillig die geschwächten und erkrankten Juden aufgenommen hätte; einen seltsame Überzeugung für ein Dorf, in dem eines der Kinder am Vorabend

an einem Hof gebettelt hatte und eine Frau traf, die ihre Stirn abtastete - so war das damals, wenn abergläubische Menschen auf Juden trafen und die Teufelshörner finden wollten.
Vor wenigen Jahren noch, berichtete eine Zeitung, wurde bei einer Diskussion im Ort festgestellt,

dass das Eintreffen der Juden zum Selbstmord eines Dorfmannes geführt hätte, der sich erschossen habe und Wehrmachtsangehöriger gewesen sei. Historisch ist das richtig. Es war der Bürgermeister und damit der Dorfkommandant, und der Vorwurf auf der Versammlung lautete letztlich:

Die Juden sind schuld. Auch SS-Angehörige wurden am Abend des 12.04. im Dorf unterstützt. So ist das mit der Historie.
Auch 2015 trafen sich Befreier und Befreite, in jenem Jahr in Florida. Die Times of Israel sprach aus diesem Anlass am Telefon mit Frank Towers, und Frank hatte

etwas mitzuteilen, das mich zunächst überraschte:
“The whole thing has taught me to be more tolerant of people,” he said from his home. “In the past I was critical of Jews and other people, but it was not the right thing to do.”

Frank und George haben sich nie als Helden

als Helden gesehen, anders als ihre Befreier.
Der Talmud lehrt: "Wer ein Menschenleben rettet, dem wird es angerechnet, als würde er die ganze Welt retten."

Das Schöne ist, dass eine Befreiung manchmal auch den Befreier rettet. Das ist die Lehre des Fred Towers.

timesofisrael.com/ex-u-s-soldier…