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Besprechung des Gastbeitrags von @AlexanderKekule über @c_drosten's Studie

Wer eine Studie vor einem Laienpublikum öffentlich derart vernichtend aburteilt, der muss die statistischen Mängel, um die es geht, auch für Laien nachvollziehbar machen. Tut #Kekule aber nicht.

Thread👇
Nach einer sachlichen Einordnung der Thematik unterstellt Kekulé @c_drosten zunächst, dass dieser ein persönliches Interesse verfolgt, es ihm also nicht lediglich um wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn geht.
Die "Frage, ob Kinder eine Rolle bei der Übertragung von Covid-19 spielen", sei „für Drosten auch persönlich von besonderer Bedeutung“, so Kekulé.
Drosten habe „erhebliche Kritik (nicht nur von der „Bild“-Zeitung)“ geerntet, nachdem er „seine Meinung revidiert“ hätte: Zuerst sei er gegen die Schließung von Schulen und Kitas gewesen, später dann dafür.

Wirklich ernst zu nehmende Kritiker nennt Kekulé hierzu jedoch nicht.
Kekulé impliziert dadurch in der Einleitung seines Artikels subtil, dass es Drosten bei seiner Studie eben auch darum ging, diese vermeintlich „erhebliche“ Kritik zu entkräften bzw. die Richtigkeit seiner Position zu beweisen.
Für Kekulé ist daher klar, dass sich @c_drosten und sein Team – wie er es formuliert – „erhofft haben mussten“, dass Kinder eine höhere Viruslast im Rachen haben.

Während der Untersuchung aber „deutete sich an“ – so Kekulé weiter –, dass „das Gegenteil“ der Fall sei.
Da die Forscher bei ihrer Schlussfolgerung dann auch noch laut Kekulé gegen einen „Merksatz“ aus „Biostatistik-Einführungen“ verstießen, können sie ja – so schwingt es zumindest mit – nicht sonderlich kompetent sein.
Dieser Eindruck erhärtet sich durch Kekulés eigene praktisch-methodischen Kritikpunkte an der Studie.

(Diese waren jedoch wohl nicht Teil der öffentlichen Kritik im Vorfeld. Zumindest nennt Kekulé hierfür keine Belege, er erwähnt lediglich mehrere Statistiker als Kritiker.)
Diese über das rein Statistische hinausgehenede Kritik Kekulés lautet:

Es seien die im Zentrum der Studie stehenden „Probenmengen nicht miteinander vergleichbar“ gewesen.
Denn man „erwischt einmal mehr, einmal weniger Schleim“ bei der Probeentnahme und es wurden ja auch „unterschiedliche Abstrichtupfer und sogar unterschiedliche Analysegeräte“ verwendet.

Amateure halt!
Doch für viele Leser dürfte es nicht ganz plausibel sein, dass einer der weltweit renommiertesten Virologen im Bereich der Coronaviren angeblich solche Anfängerfehler machen soll.
Durch Kekulés vorher subtil gestreuten Andeutungen eröffnet sich unterschwellig eine weitere Erklärungsmöglichkeit:
Nämlich dass hier eine gewisse Absicht am Werk gewesen sein könnte, das „erhoffte“ Ergebnis durch die Wahl einer bestimmten Methode zu erzielen.

Es bleiben eigentlich nur 3 Möglichkeiten: Inkompetenz, Absicht, an Kekulés Urteilsvermögen und Seriösität zweifeln.
Wie erwähnt betont Kekulé, dass es sich bei den Kritikern der Studie, die ja auch von der BILD angeführt wurden, um „Statistiker“ handelt.

Demnach muss das Hauptproblem, weshalb die Studie im Vorfeld kritisiert wurde, ein statistisches sein.
Damit kommen wir zum zentralen Aspekt:

Kekulé bleibt es der Zielgruppe des Gastbeitrages im Tagesspiegel – dem breiten Laienpublikum – schuldig, *nachvollziehbar* darzulegen, worin die statistischen Fehler tatsächlich bestehen.
Neben inhaltlich wenig erhellenden Verweisen allgemein auf "die Fachwelt" und speziell den Biostatistiker Leonhard Held bemüht Kekulé zur "Erklärung" 2 Sätze, von denen er sicher sein kann, dass sie höchstens Personen mit fundiertem Statistikwissen verstehen (& bewerten) können:
Dies wären:
„Durch die summarische, vom absoluten Alter unabhängige Betrachtung aller 44 Paare wird jedoch der altersabhängige Effekt, der sich in der Voranalyse angedeutet hatte, statistisch neutralisiert.
Dass mit dieser statistischen Methode kein signifikanter Unterschied gefunden wurde, kann nicht als Beleg dafür gewertet werden, dass es keinen Unterschied zwischen Kindern und Erwachsenen gibt.“
Am Ende weiß das Laienpublikum eigentlich nur, dass die Methode statistisch irgendwie problematisch sein soll, viel mehr aber auch nicht.
Denn Kekulé legt nicht *verstehbar* dar, in wiefern hier ein „altersabhängiger Effekt“ „statistisch neutralisiert“, wird und wieso dieser Fehler so gravierend sein soll, dass @c_drosten auch mit einer Überarbeitung "die aktuelle Arbeit nicht retten" kann.
Wenn ein Wissenschaftler jedoch in so öffentlicher Form einem breiten Laienpublikum gegenüber behauptet, dass der statistische Teil der Studie eines renommierten Kollegen „fehlerhaft“ & das Studienergebnis dadurch „unhaltbar“ ist,
dann muss durch Ersteren wenigstens der Versuch unternommen werden, dieses vernichtende Urteil verstehbar zu machen.

Umso mehr, wenn Kekulé sich durch den Aufbau seines Artikels vermeintlich in die Rolle eines sachlich neutralen Wissenschaftsjournalisten begibt.
Kekulés "Merksatz" lautet übrigens:
„The absence of evidence is not an evidence of absence“.

Ich schließe mich dem an: Die Abwesenheit der nachvollziehbaren Belege hinsichtlich der statistischen Mängel in diesem Artikel ist kein Beweis dafür, dass es diese Mängel nicht gibt.
Aber es gehört sich nicht, die Arbeit eines Kollegen öffentlich so abzuurteilen, ohne der Öffentlichkeit auch nur den Hauch Chance zu geben, nachzuvollziehen, ob dieses Urteil über die statistische Methodik in dieser Härte gerechtfertigt ist.
@c_drosten|s antwortete per Twitter u.a.:
"Kekulé macht Stimmung. Seine Darstellung ist tendenziös. Er kennt unsere Daten nicht und zitiert falsch. Kekulé selbst könnte man nicht kritisieren, dazu müsste er erstmal etwas publizieren"

"In unserer Community spielt er keine Rolle"
Volker Stollerz (@Stollovo), Wissenschaftsjournalist & Chef des Science-Media-Center @smc_germany, erläuterte in einem Interview (radioeins.de/programm/sendu…) über die fachl. Reputation verschiedener dt. Virologen/Epidemiologen.

Hier der entsprechende Auszug zu Kekulé & Drosten:
Kekulé erbittet Richtigstellung bzgl eines Satzes, Titel abgeändert

"Warum Drosten die Studie nicht einfach zurückzieht, ist schwer nachvollziehbar"

👇
"...nicht einfach zurückgezogen & stattdessen der ‚Bild‘ eine unnötige Angriffsfläche gegeben hat, ist schwer nachvollziehbar"
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