Heute ein Thread zu Mike Pompeo - Ex-CIA Director unter Trump und aktueller Außenminister. Auch er gehört zu den rechten Evangelikalen, die in Trumps Regierung so an Einfluss gewonnen haben. Er ist oft in den abendlichen Sunday-Shows zu sehen, wo er Trump verteidigt -
beispielsweise behauptete er, es habe keinen russischen Einfluss auf die Wahl von 2016 gegeben - eine Aussage, die die CIA schnell korrigierte. Wie so manch prominenter Republikaner hat Pompeo seine Meinung zu Trump um 180 Grad gewandelt. Einst ein Unterstützer Marco Rubios,
der Trump einen Betrüger nannte, der die Republikanische Partei vereinnahmen wollte, ist er jetzt einer der energischsten Verteidiger des Präsidenten. Pompeo war ein recht unbekannter Kongressabgeordneter aus Witchita, Kansas, der noch am 5.3.2016 auf dem Kansas Caucus
nicht nur Obama einen autoritären Präsidenten nannte, sondern das Publikum warnte, auch Trump würde ein autoritärer Präsident sein. Bei 1:40 seht ihr die Stelle: newyorker.com/video/watch/th…
Rubio wird in Kansas 3. und Pompeo unterstützt schließlich Trump.
Rubio wird in Kansas 3. und Pompeo unterstützt schließlich Trump.
Susan B. Glasser vom New Yorker bringt es auf den Punkt: Pompeo inszeniert sich als "heartland evangelical", ein Gläubiger aus der Mitte des Landes, aus Kansas, der nichts mit "big government" zu tun haben will. Pompeo weiß, wie man sich inszeniert - ursprünglich stammt
er nicht aus Kansas, sondern aus Orange County in Kalifornien. Er gründete mit anderen West Point Absolventen Thayer Aerospace in Kansas, Investoren waren unter anderem die Koch Brüder - konservative Mega-Donors. 2006 wechselt er zu Sentry International, ebenfalls verbunden
mit Koch Industries. Der Nähe zu den Koch Brüdern verdankt Pompeo vermutlich seine politische Karriere: als er 2010 für das Repräsentantenhaus kandidiert, spenden Koch Industries 80.000 Dollar für den Wahlkampf. sueddeutsche.de/politik/pompeo…
Zu den Verbindungen von Thayer Aerospace und den Koch Brüdern nochmal die Empfehlung dieses New Yorker Videos: newyorker.com/video/watch/th… Die Kochs sind die wohl wichtigsten Spender der Republikaner.
Pompeo und Mike Pence sind beide erzkonservative Evangelikale - Pompeo macht daraus auch jetzt, als Außenminister, keinen Hehl. Das beeinflusst auch sein politisches Handeln: "In my office, I keep a Bible open on my desk to remind me of God and his word, and the truth.”
Dass diese Verschränkung von Religion und Politik von vielen als problematisch gesehen wird, ist ihm bewusst - aber offensichtlich recht egal: "I know some people in the media will break out the pitchforks when they hear that I ask God for direction in my work."
Auf einer "God and Country" Rally 2015 zeigte er, wie sehr sein evangelikaler Glaube sein politisches Handeln leitet: "We will continue to fight these battles, it is a neverending struggle until that moment […] until the rapture. Be part of it. Be in the fight.“ Er bezog sich
hier auf die Entscheidung des Supreme Courts eine Woche zuvor, die gleichgeschlechtliche Ehe zu legalisieren. Neben der Ablehnung gleicher Rechte für LGBTQ Menschen ist aber vor allem der Begriff der "Rapture" bezeichnend - erst dann ist der "Kampf" zu Ende. Damit ist ein
Vorgang gemeint, an den zahlreiche konservative, weiße Evangelikale in den USA glauben: das Herauf-Beamen (besser kann ich es nicht beschreiben) aller gläubigen Christen in den Himmel bei der Rückkehr Jesu auf die Erde. Je nach Strömung findet die Rapture vor, während oder nach
dem "Second Coming" statt, oft gehen ihr die "Tribulations" voraus, eine Zeit von Krieg und Unruhe, die die Apokalypse ankündigt. Ebenfalls wichtig: in diesen evangelikalen Kreisen ist der Glaube verbreitet, dass um die ersehnte Wiederkehr Jesu und die Apokalypse einzuleiten,
Jerusalem ganz in jüdischer Hand sein muss. Deswegen traf Trumps Entscheidung im Dezember 2017 bei Evangelikalen auf große Zustimmung - was mit den Juden bei der Rapture geschieht ist je nach Strömung verschieden, doch nur Christen werden von der Rapture aufgenommen.
Wie fundamental der Glauben an die Rapture für Evangelikale ist, zeigt auch die Popularität der Film-Reihe "A Thief in the Night" aus den 70er Jahren. Wer nichts gegen Flüche hat, dem seien die reviews des Podcasts Godawful Movies ans Herz gelegt.
Was aber bedeutet es, wenn der Glaube des US Außenministers besagt, das Ende der Welt herbeizusehnen, weil dann Gott wieder auf Erden wandelt, bzw. alle gläubigen Christen "geraptured" werden? Der evangelikale Pastor Robert Jeffress von First Baptist Dallas Kirche sprach bei der
Einweihung der amerikanischen Botschaft in Jerusalem das Eröffnungsgebet. Seine Anwesenheit galt als umstritten, weil er öffentlich geäußert hatte, dass Juden und Muslime in die Hölle kommen würden. Jeffress hat enge Verbindungen in die Trump Administration: 2017
sprach er während einer telfon-Konferenzschaltung mit evangelikalen unterstützern des Prsäidenten ein Gebet für Pompeo und dankte Gott, ihm seinen Job gegeben zu haben (damals noch CIA Director). Wenn Glaube Politik bestimmt, wird es verfassungsmäßig schwierig. Und trotzdem:
Pompeo zeigt wieder und wieder, wie er seine Rolle als Außenminister versteht. In Kritik geriet er, als die Website des State Departments eine Rede Pompeos online stellte, die mit "Being a Christian leader" betitelt war. Wer sie nachsehen will: state.gov/being-a-christ…
Für die, die sich nicht die ganze Rede geben wollen, ein paar Zitate: "We should all remember that we are imperfect servants serving a perfect God who constantly forgives us each and every day. He keeps using us – to do a higher work. And my work at the State Department, as it
is for those who work alongside of me, is to serve America each and every day." Und: "Colossians talks about this. It says: Let your speech always be gracious, seasoned with salt, so that you may know how you ought to answer to each person.” I know this is a critical part of
"...what so many of you do, whether it’s pointing those you counsel back to the truth of the Scripture, or giving them a hard wake-up call over their trespasses." Die Relevanz solcher Äußerungen kann gar nicht genug unterstrichen werden. Sie zeigen, welches Selbstverständnis
Pompeo hat. Sie signalisieren außerdem eine Zuwendung zum christlichen Nationalismus, der unter weißen, konservativen Amerikanern - einer Hauptwählergruppe Trumps, der er seinen Sieg 2016 verdankt - populär ist. Christian nationalists glauben, dass die USA als christliches
Land gegründet würde - was die Geschichte nicht bestätigt. Sie glauben des weiteren, dass die USA "gefallen" sind und sich wieder Gott zuwenden müssen, um wieder zu alter Größe aufzusteigen. Daher macht Trumps "Make America Great Again" und sei Narrativ von "American Carnage" für
viele Evangelikale nicht nur Sinn, sondern spricht sie sogar direkt an. Christlicher Nationalismus befürwortet die Stärkung eines patriarchalen Systems und patriarchaler Geschlechterrollen, will Kreationismus in die Schulen bringen und will Abtreibung verbieten.
Oder wie Pompeo in seiner Rede, die noch immer auf der State Department Seite steht, sagte: "International organizations will try, from time to time, to sneak language into their documents claiming that abortion is a human right. And we’ll never accept that."
Hier noch eine Leseempfehlung zu Christian Nationalism: texasobserver.org/power-worshipp…
Achtung, Achtung - es handelt sich hierbei nicht um einen Thread singulär zur rapture, bevor mir noch mehr theologische Erklärer eintrudeln. Ich weiß, dass es verschiedene Strömungen gibt, die das Ganze mehr oder weniger unterschiedlich deuten. Darum gehts hier aber nicht.
