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Heute werfen wir den Blick auf William Barr, Attorney General der USA. Barr hat das Department of Justice quasi zu einer Art persönlicher Verteidigungsbastion füpr Trump umgewandelt - dazu ist schon viel geschrieben worden. Was bisher aber oft unter den Tisch fällt: sein Glaube.
Auch in Barrs Fall ist das deswegen so wichtig,weil sein Glaube eindeutige Implikationen für die Ausübung seines Amtes zu haben scheint und daher die Trennung von Kirche und Staat gefährdet. Barr ist zwar Katholik, aber er hat sich die Sprache der Evangelikalen Rechten angeeignet
So warnte Barr beispielsweise bei einer Rede an der LAw School Notre Dame, dass "militant secularists” eine “campaign to destroy the traditional moral order” führen würden. msnbc.com/am-joy/watch/b…
Barr macht sehr deutlich, welcher Konflikt der USA für ihn der zentrale dieses Jahrhunderts ist: “But in the 21st century, we face an entirely different kind of challenge." Er bwiederholt den Mythos von der Gründung der USA als explizit christliches Land.
"Over the past 50 years religion has been under increasing attack",sei aus der Öffentlichkeit zurückgedrängt worden durch “the growing ascendancy of secularism and the doctrine of moral relativism.” Die "Post-Christian culture wars" sind ein beliebter talking point relig. Rechten
Sie wurzeln auf der Vorstellung, dass liberale Kräfte die Zersetzung des einst christlichen Amerikas planen: "First is the force [...]of the assault on religion we are experiencing today. This is not decay; it is organized destruction." Für Barr steckt hinter allem ein Plan.
Die Bösewichte sind für ihn leicht zu identifizieren: "Secularists, and their allies among the “progressives,” have marshaled all the force of mass communications, popular culture, the entertainment industry, and academia in an unremitting assault on religion&traditional values."
Massenmedien, Popkultur, die Unterhaltungsindustrie - und die Wissenschaft haben sich laut Barr verschworen, um das Christentum aus den USA zu verbannen - und somit, in den Augen der religiösen Rechten, das Land dem Untergang zu weihen.
Er beschwört den von dieser Seite oft zitierten Opfer-Mythos herauf, behauptet, christliche Amerikaner würden, im übertragenen Sinne, riskieren, auf dem Scheiterhaufen verbrannt zu werden, wenn sie ihre Überzeugungen kund täten. "
"Those who defy the [secular] creed risk a figurative burning at the stake, social, educational, and professional ostracism and exclusion waged through lawsuits and savage social media campaigns.”
Während einer Rede vor der Federalist Society ging Barr noch mehr ins Detail: "the so-called progressives treat politics as their religion. Their holy mission is to use the coercive power of the State to remake man and society in their own image [...]"
"Whatever means they use are therefore justified because, by definition, they are a virtuous people pursuing a deific end. They are willing to use any means necessary to gain momentary advantage in achieving their end, regardless of collateral consequences"
In Anbetracht der Normen, mit denen die Trump Administration gebrochen hat, ohne Rücksicht auf Verluste, mag das in unseren Ohren mehr als zynisch klingen. Und doch lohnt es, tiefer zu graben, um zu verstehen, was Barr meint.
"Conservatives, on the other hand, do not seek an earthly paradise... This means that we naturally test the propriety and wisdom of action under a “rule of law” standard. The essence of this standard is to ask ... would it be good for society over the long haul...?"
"For these reasons, conservatives tend to have more scruple over their political tactics and rarely feel that the ends justify the means... this puts conservatives at a disadvantage when facing progressive holy war, especially ... under the weight of a hyper-partisan media."
Hier gibt es einiges zu analysieren: Im Kern framed Barr das Ziel eines säkularen Staates als etwas Unredliches, die "säkulare Linke" als Antagonist in einem Heiligen Krieg, den SIE führt - durch die Verteidigung z.B. der Trennung von Kirche und Staat.
Dieser Vox-Artikel analysiert Barrs Rede hervorragend und geht auf die Grund-Angst der religiösen Rechten ein: Zahlen belegen, dass die USA in den letzten Jahren weniger weiß und weniger religiös geworden sind. vox.com/policy-and-pol…
Das Gefühl der Erzkonservativen, die "culture wars" zu verlieren, hat sich vor allem in der Wahl ihrer Anführer niedergeschlagen. So schreibt Jerry Falwell Jr.:
Das Gefühl einer apokalyptischen Bedrohung von links, die angeblich all das ausrotten will, wofür das Land (angeblich) steht sind für Menschen wie Barr existenziell genug, um es logisch erscheinen zu lassen, all das zu tun, was er den "linken Sekularen" vorwirft.
Dem liegt der Glaube an ein Bild zugrunde, das in der deutschen Medienlandschaft bisher (soweit ich sehen kann) übersehen worden ist: 2016 nannte die erzkonservative Claremont Review of Books die Präsidentschaftswahl die "Flight 93 Election".
Verfasst unter Pseudonym von Michael Anton, lautet die Arbeitsthese kurz gesagt: Amerika ist irreparabel beschädigt - vielleicht muss es zerstört werden, um wiederauferstehen zu können. claremontreviewofbooks.com/digital/the-fl…
Anton war von 2017-2018 Deputy Assistant to the President for Strategic Communications im National Security Council. Vorher war er u.a. Redenschreiber für Giuliani und managing director von BlackRock.
Der Essay liest sich für europ. Augen verstörend: "2016 is the Flight 93 election: charge the cockpit or you die. You may die anyway. You—or the leader of your party—may make it into the cockpit and not know how to fly or land the plane... if you don’t try, death is certain."
Diese Weltsicht ist apokalyptisch, sie ist eine Vorbereitung auf das Armageddon, den epischen Kampf zwischen Gut und Böse, auf den alles ankommt. Flug 93 war das entführte Flugzeug, das am 11. September aufgrund einer Revolte der Passagiere abstürzte - alle Insassen starben.
Diese Weltsicht, in erzkonservativen Kreisen verbreitet, ist ein weiterer Grund neben der theologischen Rechtfertigung, dass Gott "Sünder" als sein Werkzeug einsetzt, Trump zu verteidigen, komme was wolle. Hier ein guter Hintergrundartikel zu dem Essay: vox.com/2016/9/12/1286…
Deshalb: Glaubt Barr das, was er sagt. Er meint es ernst. Dasselbe gilt für die Mike Pences und Pompeos.
In den letzten 30 Jahren pflegte Barr enge Beziehungen zu mehreren erzkonservativen katholischen Institutionen, darunter u.a. Opus Dei. thenation.com/article/archiv…
„When religious nationalists invoke “religious freedom,” it is typically code for religious privilege. The freedom they have in mind is the freedom of people of certain conservative and authoritarian varieties of religion to discriminate against those of whom they disapprove...“
Barr ist das, was man einen Christian Nationalist nennt - von ihnen gibt es einige in Trumps Kabinett. Dazu hier ein hervorragender Artikel der NYT, aus dem das o.g. Zitat stammt: nytimes.com/2019/12/29/opi…
Evangelikaler Jargon ist dermaßen zum Mainstream in der republikanischen Partei geworden, dass es egal ist, welcher christlichen Strömung der Einzelne angehört, der ihn nutzt. Im christlichen Nationalismus der USA sammelt sich alles, was gegen den säkularen Staat ankämpft.
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