Thread by @tante

Es gibt ein in Deutschland sehr verbreitetes Missverständnis zur #Digitalisierung: D. ist nichts was einzelne Personen oder Organisationen tun.

(Deshalb sind auch so viele Projekte in dem Kontext Mumpitz). 1/X

Digitalisierung ist die aktuell vorherrschende kulturelle Logik. Sie "kommt" nicht, sie ist längst der Status Quo.
Das bedeutet: Es ist eigentlich alles digitalisiert, die Frage ist nur in welcher Form und in wie weit selbstbestimmt. 2/X

Selbst wenn ich noch alles auf Papier mache, habe ich immer Schnittstellen in den Rest der Welt und die sind digital. Vielleicht muss ich jemanden dafür bezahlen meine Daten reinzuschaufeln aber ich bin drin ob ich will oder nicht. 3/X

100% selbstbestimmt ist niemand (in diesem und auch jedem anderen Kontext): Es gibt immer Abhängigkeiten zu den Strukturen anderer.
Aber man kann natürlich bis an diese Grenzen hin selber gestalten. 4/X

Daher ist das Narrativ von "Wir wollen uns jetzt digitalisieren" falsch. Digitalisiert sind schon alle, man möchte nur mehr gestalten. 5/X

Aufgrund der falschen Wahrnehmung glauben aber viele, es ginge darum, Software statt anderer Dinge zu nutzen. Dabei ist die Herausforderung eher zu identifizieren, wo man Schnittstellen zu anderen hat und was genau man eigentlich da anlegen will. 6/X

Ich kann ein tolles System für meine Kundenverwaltung bauen. Und dann feststellen, dass ein anderes System, das ich benutzen muss oder will, damit nicht zusammen geht. Dann wird's teuer und scheitert meistens. 7/X

Im Gestaltungsrausch konzipiert man sich tolle Elfenbeintürme, die beim Kontakt mit der Realität einstürzen. 8/X

Ein Digitalisierungsprojekt beginnt nicht damit, aufzustellen, wo man Software statt Papier will. Es beginnt damit zu verstehen, wo man mit dem Rest der Welt Anknüpfungspunkte hat. Von dort aus muss man denken. 9/X

Sonst kommen halt so zum Scheitern verurteilte Projekte raus wie die 90er Idee vom papierlosen Büro. 10/X

Digitalisierung ist keine Herausforderung der individuellen Technikgestaltung sondern der möglichst angenehmen Integration in die gesellschaftliche Infrastruktur. Sie ist ein soziales Thema. 11/11

(Man kann mich für Beratung zu solchen Fragen übrigens engagieren: Mail an [e-mail])