Thread by @dhbln

Woche 3, Tag 5 im #Assange-Hearing, wir sollen Patrick Eller hören, er ist forensischer Computerexperte und hat Material aus dem Verfahren gegen @xychelsea untersucht.

Die Anklage-Unterlagen zur Befragung wurden ihm so spät zugestellt, dass er sich nicht vorbereiten konnte.

Die Verteidigung bittet um extra Zeit.

Richterin: Wie viel Zeit braucht er?
Summers(Assange-Anwalt): Eine Stunde - ich kann das erklären...
Richterin: Nein, Ihre Erklärung wird eine halbe Stunde dauern, ich gewähre die Stunde lieber direkt.

In der Zwischenzeit wird Organisatorisches geklärt:
- Anträge der Presse, Zugang zu den schriftlichen Stellungnahmen der medizinischen Zeugen zu erhalten.
- Zeitpunkt der Abschlussstatements/ Abschluss des Verfahrens.

Die Verteidigung wünscht sich noch immer mehr Zeit zur Vorbereitung. Als die Richterin ihn daran erinnert, dass #Assange dann noch länger im Gefängnis sein muss. Sein Anwalt Fitzgerald dazu: "Wenn Sie ihn auf Kaution freilassen, wäre dieses Problem gelöst."

Hintergrund: Die Richterin hat bereits mehrere solcher Kautionsanträge abgelehnt.

Die Anklage äußert die Befürchtung, dass eine Verzögerung des Verfahrens dazu führen könnte, dass zwischenzeitlich neue Beweise auftauchen, die berücksichtigt werden müssten - wie bereits mit dem second superseding indictment geschehen. Hintergrund: reuters.com/article/us-bri…

Es wird nun oberflächlich diskutiert, dass die US-Wahlen eine Rolle spielen könnten. Im Ergebnis folgt die Richterin der Argumentation der Verteidigung und gewährt vier Wochen Vorbereitungszeit.

Nun wird das Statement von Jakob #Augstein (@derfreitag) eingelesen.
Leider ist der Anfang nicht zu verstehen, weil das Mikrofon nicht an ist. Es geht um die Vorgänge um die Veröffentlichung des Passworts für die Datei, welche die ungeschwärzten Unterlagen enthält.

Damals hat @derfreitag zuerst darüber berichtet: freitag.de/autoren/steffe…

Als Reaktion auf den Artikel hat #Assange bei Augstein angerufen und ihn aufgefordert, keine Informationen zum Zugang zur Datei zu veröffentlichen, weil er besorgt um die Informanten war, denen Identität enthüllt werden könnte.

Augstein berichtet, dass die Datei aus Domscheidt-Bergs Datenbestand war.

Hintergrund: Nach einem Zerwürfnis zwischen #Assange und Domscheidt-Berg hat Letzterer eine Reihe von Daten "mitgenommen": spiegel.de/netzwelt/netzp…

Nun geht es darum, dass die Verteidigung am 23.09. weitere Statements eingebracht hat, um auf Statements der Anklage zu reagieren. Lewis für die Anklage führt an, dass für die Behandlung eine weitere Anhörung notwendig wäre, damit er sich darauf vorbereiten könne.

Lewis: "Das kann so nicht weitergehen oder der Verfahren endet nie."

Die Richterin erklärt, dass die in den neuen Statements behandelten Themen (zB Gefängnisbedingungen USA) zu Genüge behandelt wurden und lehnt diese ab. Auch weil es schon mehrere späte Einreichungen gab.

Wir fahren nun mit Patrick Eller fort. Er ist von der Verteidigung bestellt.

Hintergrund: metadataforensics.com/about-us/

Eller hat Jabber-Chats zwischen Assange und Chelsea Manning analysiert. Die Anklage wirft Assange vor, sich in diesen Chats zum Hacken eines Passworts zu einem Regierungscomputer verabredet zu haben.

Eller bestätigt, dass der "Hash-Wert" der in den Chats diskutiert wurde, nicht zwangsläufig mit einem Regierungscomputer assoziiert werden kann.

Eller meint, der im Chat besprochene "Hash-Wert" sei nicht ausreichend, um Zugang zu einem Regierungscomputer zu erlangen. Man benötigt eine SAM-Datei und eine Systemdatei dafür. (Ich habe keine Ahnung, was das bedeutet. 🤗)

Er verneint die Frage, ob Manning mit dem Passwort zu dem mit dem Hash-Wert assoziierten Account ("FTP-User") Zugang zu Verteidigungsinformationen erlangt hätte.

Die Befragung ist kurz unterbrochen, weil es technische Probleme mit der Audioqualität gibt.

Das im Chat besprochene Passwort wurde nie geknackt. Das Gespräch wurde nicht erneut aufgenommen. Wenn ein Knacken gelungen wäre, hätte das Zugang zum entsprechenden User ("FTP-User") gewährt. Manning hatte aber bereits einen eigenen Account.

Der andere Account hätte keinen erweiterten Zugang ermöglicht.

Eller erklärt technische Hintergründe zum sicheren US-Netzwerk und welche Seiten dort für wen zugänglich bzw nicht zugänglich sind. Er erklärt, dass bei bestimmten Unterseiten gespeichert wird, wer welche Daten abruft.

Eller geht davon aus, dass Manning sich darüber im Klaren war, dass diese Daten festgehalten werden.

Dabei wird die IP-Adresse des Computers gespeichert, mit dem die Daten abgerufen werden.

Assange-Anwalt Summers geht eine Reihe von Unterseiten durch und befragt den Zeugen, ob Manning mit dem FTP-User Account zusätzliche Daten unbemerkt hätte herunterladen können. Eller verneint das, weil immer die IP-Adresse des abrufenden Computers gespeichert wird.

Eller erklärt nun, dass Manning Zugang zu allen lokalen Dateien auf dem Computer erlangen konnte, indem sie diesen mit einer Linux-CD gebootet hat. So konnte sie auch anonym Zugang zur angesprochenen SAM-Datei erlangen.

Es geht nun darum, dass es üblich war, dass Benutzer unauthorisierte Software installiert haben, um Filme zu sehen, Musik zu hören und Spiele zu spielen. Dazu benötigten sie aber lokale Administrator-Rechte. Der angesprochene "FTP-User" Account hätte das ermöglicht.

Kurz vor dem oben erwähnten Chat wurde Mannings Computer zurückgesetzt, sodass die vorher installierte Software verloren gegangen war.

Lewis übernimmt die Befragung für die Anklage.

Lewis fragt ihn, woher er wisse, dass das Passwort nicht geknackt wurde. Eller sagt, dass dafür keine Beweise vorliegen.

Lewis geht die Jabber-Chats durch. Momentan geht es darum, wie in Windows Passwörter erstellt, verschlüsselt und gespeichert werden.

Lewis weist Eller darauf hin, dass er meinte, dass es "zum damaligen Zeitpunkt" unmgöglich gewesen sei, das Passwort zu knacken. Lewis bezweifelt die Unmöglichkeit und macht dazu Ausführungen. Er fragt, ob "sehr schwer" nicht besser als "unmöglich" gewesen wäre.

Eller erklärt sich mit sehr technischen Details, die wahrscheinlich niemand im Gericht versteht. Lewis antwortet: "Alright."

Lewis erwähnt, dass #Assange sich als "fantastischer Hacker" bezeichnet habe und ob es den besten Hackern nicht möglich sei, selbst die schwierigsten Passwörter zu knacken. Eller stimmt zu, falls alle Informationen vorlägen.

Lewis: "Fahren wir mit dem nächsten Thema fort."

Wer hätte gedacht, dass es nach dem Statement eines Neuropsychiaters noch komplizierter werden könnte. 🤯

Lewis beschreibt ein Szenario, in dem es schwieriger gewesen wäre, Manning mit dem FTP-User Account zu assoziieren und dadurch eine Untersuchung ihres Computers schwieriger gewesen wäre.

In der erneuten Befragung der Verteidigung geht es wieder um die Jabber-Chats. Es ist nicht bewiesen, dass es sich überhaupt um #Assange handelt. Die Person trat im Chat als "Nathaniel Frank" auf.

Die Befragung von Eller ist abgeschlossen.

Es geht nun wieder um dem Zugang der Presse zu den Stellungnahmen der medizinischen Sachverständigen.

In ungewohnter Einigkeit lehnen Verteidigung und Anklage die Freigabe ab und legen der Richterin ihre Gründe dafür dar.

Als Argument wird Assanges Recht auf Privatsphäre angeführt. Die Richterin fragt, welche Teile geschwärzt werden sollen. Für die Verteidigung führt Fitzgerald an, dass eine Veröffentlichung keinen Vorteil für "open justice" hätte.

"open justice" beschreibt das Prinzip, dass Verfahren öffentlich und transparent sein müssen (en.wikipedia.org/wiki/Open_just…). Er führt außerdem an, dass die Presse nicht ausreichend dargelegt habe, warum ein Zugang notwendig sei.

Unter dem Hinweis, dass sie das case law zur Situation noch nicht studiert hat, trägt die Richterin vor, dass alle Zeugen zu Beginn ihrer Aussage ihre schriftlichen Statements in das Verfahren eingebracht haben. In einer idealen Welt würden sie alles laut vorlesen.

Die Anklage (Joel Smith) lenkt ein und zitiert aus dem case law, dass für eine Freigabe ein Nutzen für das Open-Justiz-Prinzip vorliegen muss.

"ftpuser" war der Name des Accounts, wie ich dem schriftlichen Statement entnehmen konnte.

Eine Vertreterin der Presse argumentiert nun für die Freigabe. Sie betont, dass sie mit der Anfrage nicht mehr Leid für Assange und seine Familie bewirken will und plant nicht, Informationen über seine Familie oder seine Kinder zu veröffentlichen.

Sie erklärt, dass die Unterlagen wichtig sind, um die Argumente zu verstehen und die Öffentlichkeit entsprechend zu informieren, wie das Gericht zu einer Entscheidung gekommen ist.

Sie schlägt als Kompromiss eine Schwärzung von besonders sensiblen Daten vor.

Die Richterin erwartet bis heute Nachmittag eine schriftliche Eingabe über Abschnitte, die genauer erläutert werden müssen, damit sie am Montag eine Entscheidung darüber verkünden kann.

Kurze Pause: Die Verteidigung berät sich, ob es noch Themen gibt, die heute behandelt werden können. Für heute sind keine weiteren Befragungen geplant.

Es gibt keine weiteren Themen. Montag um 10 Uhr (London) geht es weiter.