Woche 4, Tag 2 im #Assange-Hearing. Wir hören zuerst Maureen Baird, eine Anwältin aus den USA, die früher hochrangige Beamtin bei der US-Gefängnisbehörde war. Sie hat früher das Metropolitan Correctional Center in New York City geleitet.
Insassen verbringen 23 Stunden am Tag in der Zelle und haben keinen Kontakt zu anderen Insassen. Wenn sie die Zelle zur "Erholung" verlassen, werden sie in die Erholungszelle gebracht, die identisch zu den anderen ist.
Dort befinden sich keine Trainingsgeräte oÄ. Die Häftlinge dürfen einen 30 Minuten oder zwei 15 Minuten Anrufe mit der Familie tätigen.
Alle Anrufe werden überwacht. Ebenso wird Post akribisch kontrolliert, weshalb es Monate dauern kann, bis Briefe ein- oder ausgehen.
Wenn SAM verhängt werden, gibt es keinen Ermessensspielraum, es ist eine Richtlinie und die wird ausgeführt, die Gefängnisleitung hat darauf keinen Einfluss.
Es kann zwar eine Lockerung beantragt werden, aber aus ihrer eigenen Erfahrung kann sie sagen, dass das nicht bringt.
In ihrer Zeit, in der sie mit SAM gearbeitet hat, wurden diese in keinem einzigen Fall aufgehoben.
SAM sollen zwar nicht als Strafe dienen, werden aber als solche eingesetzt. Der einzige menschliche Kontakt, den man im Alltag hat, ist der Wärter, der an der Zelle vorbei läuft. Dieser darf aber nicht mit den Häftlingen sprechen.
Es geht nun um ihre Erfahrung mit Häftlingen, die SAM unterlagen: Sie verfallen in schwere Depressionen, werden paranoid, entwickeln Psychosen... ihre psychische Gesundheit leidet.
Besteht die Gefahr, dass Herr Assange im Falle einer Verurteilung sein Leben lang im H-Block (quasi Einzelhaft) verbleiben muss? "Die Gefahr besteht."
Alle Aktivitäten dort sind auf Isolation ausgelegt. Wenn etwas erlaubt wird, ist es in der Regeln ein Selbststudium iÄ.
Auch Familienbesuchen gibt es absolut keinen physischen Kontakt.
Haben sich Häftlinge unter SAM in der Vergangenheit über ihre Haftbedingungen beschwert? "Ja."
Die Anklage hat eine Ärztin zitiert, die gesagt hat, dass viele Häftlinge in ADX-Haft (Supermax) bleiben wollen. Aus Bairds Erfahrung haben Häftlinge immer Angst davor, dass es noch schlimmer werden könnte und könnten deswegen eine solche Aussage treffen.
Für die Anklage übernimmt nun Clair Dobbin die Befragung.
Dobbin befragt sie zu ihrer heutigen Rolle als Anwältin und suggeriert mangelnde Neutralität, weil sie nur Angeklagte/Häftlinge vertritt.
Dobbin geht nun SAM-Fälle im MCC durch und kommt zum Ergebnis, dass es idR Terrorfälle sind und nur in einem Fall ein Drogenschmuggler(boss).
Die US-Regierung hat gesagt, dass es möglich ist, dass es möglich ist, dass #Assange SAM unterliegen wird. Dobbin fragt Frau Baird, wieso sie glaubt, dass das der Fall sein würde. Die US-Anklage habe es lediglich "nicht ausgeschlossen."
Baird meint, dass sie es ausschließen würden, wenn sie es nicht anwenden wollten.
Dobbin stellt nun dar, dass es strenge Regeln für das Verhängen von SAM gibt und wer an der Entscheidung beteiligt ist.
Eine Voraussetzung ist die Gefahr einer Weitergabe von geheimen Informationen, die die nationale Sicherheit der USA bedrohen. Dobbin suggeriert, dass das im Fall von #Assange unrealistisch sei. Baird widerspricht.
Baird ist überrascht, dass die Regierung SAM nicht ausgeschlossen hat. Es sei sehr ungewöhnlich, dass die Anklage überhaupt SAM ins Spiel bringe. Das habe sie noch nie erlebt, seit sie als Anwältin tätig ist.
Baird bereits hat zu 10-12 Auslieferungsverfahren ausgesagt. Dobbin führt an, dass momentan nur 46 Menschen in den USA SAM unterliegen und fragt Baird, wie viele davon für Spionage einsitzen. Dobbin verrät es uns: Es sind neun.
Dobbin erklärt nun, dass SAM individuell sind und sich von Häftling zu Häftling unterscheiden. Das ist nicht die Erfahrung, die Baird im MCC gemacht hat.
Dobbin erinnert daran, dass SAM-Häftlinge ihre Anwälte treffen dürfen. "Zusätzlich" zu den Familienbesuchen. Sie fragt, wie viele Wärter im SAM-Trakt anwesend waren. Baird: 2
Dobbin erklärt, dass Wärter dazu angehalten sind, mit Häftlingen zu sprechen. Baird sagt, dass das aber nicht passiert. Wenn sie ihren Wärter dazu aufgefordert hätte, hätten diese einfach gesagt, dass das nicht in ihrer Jobbeschreibung steht.
Sie selbst hat gelegentlich mit den Häftlingen gesprochen, aber es sei unrealistisch, das sei von ihren Mitarbeitern nicht zu erwarten gewesen. Dobbin suggeriert, dass sie ihre Mitarbeiter dazu hätte motivieren müssen.
Anmerkung: Es wird wieder deutlich, wie sehr sich die Anklage an Regeln und Theorie klammert und vollkommen ausblenden will, wie die Realität aussieht.
Dobbin greift sie dafür an, dass sie nichts gegen die Umstände unternommen hat, wenn es so schlimm war. Baird sagt, dass sie ehrlicherweise das Gefühl hatte, nichts an den Zuständen ändern zu können.
Es geht nun um die Suizidrate im MCC. Dobbin erinnert daran, dass Epstein der erste Fall seit vielen Jahren war.
Momentan wird besprochen, wie Häftlinge dem ADX (Supermax-Prison) zugewiesen werden. Dobbin befragt Baird in bester Prüfungsmanier: Diese antwortet ausführlich.
Zur Sicherheit verliest Dobbin die detaillierten Regeln.
Dobbin führt nun an, dass auch SAM-Häftlinge außerhalb der diskutierten Bereiche in den Gefängnissen gibt.
Dobbin widerspricht nun der Annahme, dass SAM nicht gelockert werden können und beruft sich dabei auf die Aussage der US-Anklage.
Dobbin fragt Baird, ob diese Regeln nur Fiktion sind. Baird erwidert ihr, dass das nicht der Fall sei, aber eine Lockerung quasi nicht vorkommt, weil es dem grundsätzlichen Zweck der SAM entgegen steht (=kein Kontakt).
Dobbin befragt Baird zu spezifischen Statistiken und versucht ihre Expertise zu diskreditieren.
Dobbin erinnert immer wieder daran, dass ein System existiert, um SAM zu lockern. Baird entgegnet ihr, dass das in der Theorie existiere, aber in der Praxis nicht vorkomme. Dobbin entgegnet ihr, dass sie keinerlei Kenntnis zum Umgang im ADX hat - sondern nur pre-trial im MCC.
Baird kontert, dass sie Kenntnis zu SAM hat.
Dobbin führt an, dass eine eidesstattliche Erklärung einer US-Gefängärztin vorliegt, die erwähnt, dass SAM-Häftlinge an Gruppentherapie teilnehmen dürfen. Dobbin fragt Baird, ob sie der Urheberin unterstellt, keine Ahnung zu haben.
Baird sagt, dass diese Ärztin vom Büro aus arbeitet und keine Praxiserfahrung hat.
Dobbin sagt, dass es nur wenige Suizide in den US-Hochsicherheitsgefängnissen gibt. Baird sagt, dass jeder Suizid einer zu viel ist. Dobbin will weiter darauf eingehen, aber die Richterin unterbricht sie: "Ich denke ihre Antwort war klar. 'Ein Suizid ist zu viel'. Nächste Frage!"
Dobbin stellt kurz die herausragende Personalausstattung des ADX Florence Gefängnisses vor und beendet ihre Befragung.
Fitzgerald übernimmt für die Verteidigung.
Nach einigen Klarstellungen ist die Befragung beendet und wir gehen in die Mittagspause.
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Seit 50 Tagen blockiert Aserbaidschan die einzige Straße nach Bergkarabach. Heute wird der Fall vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag verhandelt. Armenien hat im Rahmen der CERD beantragt, dass Aserbaidschan die Blockade untersagt wird.
CERD (International Convention on the Elimination of All Forms of Racial Discrimination) ist ein beliebtes Vehikel für solche Verfahren, da die notwendige Zuständigkeit des IGH in der Konvention niedergelegt ist.
Die armenische Seite hat am Vormittag umfangreich dargelegt, warum die Blockade unter die Regeln der CERD fällt. Am Nachmittag wird Aserbaidschan die Möglichkeit haben, auf die armenischen Ausführungen zu reagieren.
Aserbaidschaner verbreiten auf Telegram das Video einer toten armenischen Soldatin, deren nackter Körper beschmiert ist. Ihr Finger wurde abgeschnitten und ihr in den Mund gesteckt, ein Auge ist entfernt und durch einen Stein ersetzt.
Auf dem Video sind etliche weitere Leichen zu sehen, der Aserbaidschaner trampelt auf ihnen herum und lacht, während er die Toten Körper filmt.
Video und Quelle liegen vor, falls sich jemand von der Presse dafür interessiert.
Das Europaparlament hat im März vor dem staatlich geförderten Hass Aserbaidschans gegen Armenien gewarnt. Für @vonderleyen war das kein Hindernis, Aserbaidschan zum Partner zu erklären. Diese Verbrechen sind auch die Früchte ihrer Arbeit.
Prof Anja Schiemann von der Uni Köln forscht zur §113/114/115-StGB-Reform. Ihr vernichtendes Urteil beim Europäischen Polizeikongres: Die Reform ist wirkungslos.
Das ist tragisch, weil es besonders schlechte Gesetze sind. Sie sorgen dafür, dass Polizisten und Helfer vor dem Gesetz privilegiert werden. Verhalten, das ansonsten straflos ist, kann Polizisten gegenüber strafbar sein.
Die Regelung soll Polizisten/Helfer vor Gewalt schützen. Nun stellt sich heraus, dass die meisten verurteilten Täter alkoholisiert oder psychisch auffällig waren. Es handelt sich dabei um die Gruppe von Menschen, die sich von einem höheren Strafmaß nicht beeinflussen lassen.
Der turnusmäßige Angriff auf das Grundgesetz darf nicht fehlen: Die großen Parteien wollen (mal wieder) eine #Sperrklausel für die deutschen Europawahlen einführen. Nun sollen es sogar 3,5% sein.
Das Bundesverfassungsgericht hat eine solche Sperrklausel zwei Mal gekippt und hat dabei prognostiziert, warum diese beim Europaparlament undemokratisch sei. Alle (!) Prognosen sind eingetroffen, die Realität hat das BVerfG belohnt.
Die zusätzlichen Parteien aus Deutschland gefährden die Arbeitsfähigkeit des Parlaments nicht - eine Arbeitsunfähigkeit droht erst recht nicht. Den großen Parteien geht es ausschließlich um mehr Sitze. Dass die Demokratie dabei auf der Strecke bleibt, spielt keine Rolle.
Heute hat das Europäische Parlament in einer Resolution über die Zerstörung von Kulturerbe in #Bergkarabach deutliche Worte gegenüber Aserbaidschans menschenfeindlicher Agenda gefunden. Die Resolution wurde mit 635 zu 2 Stimmen (bei 41 Enthaltungen) angenommen.
In der Debatte zur Resolution haben viele Abgeordnete ebenso starke Worte gefunden. @F_Alfonsi stellt treffend fest: "Es gibt einen Angreifer, es gibt ein Opfer. Der Angreifer ist eine Diktatur, das Opfer ist eine Demokratie."
Gleichzeitig nimmt die militärische Aktivität Aserbaidschans in der Region stetig zu, in den letzten Tagen wurden etliche Verstöße gegen das Waffenstillstandsabkommen notiert.
Ob das reicht, damit die @EU_Commission den Geldhahn für Baku zudreht? Wahrscheinlich nicht.