Die Intendantin des RBB, Patricia Schlesinger, hat sich zu der Sendung von @dieternuhr geäußert, in der er einigermaßen kenntnisfrei versuchte, das großartige Buch "Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen, aber wissen sollten" von @alicehasters zu diskreditieren.
Schlesinger gesteht in dem Interview zu, dass wohl besser nicht über Bücher gesprochen werden sollte, die gar nicht gelesen wurden. Wow, Chapeau. Aber Nuhr wird von ihr auch verteidigt. Zum einen mit Bezug auf die Kunstfreiheit.
Meiner Meinung nach ein Bezugsfehler. Denn niemand verbietet ja Nuhr, seinen Quatsch rauszuposaunen, er darf es sogar Kunst nennen, niemand spricht ihm das ab. Den Quatsch scharf kritisieren darf man trotzdem, ohne ihn verbieten zu wollen. Häufiges Missverständnis heutzutage.
Was mich aber fast noch mehr stört, ist ein weiteres Missverständnis. Denn Schlesinger verteidigt Nuhr weiter mit dem Worten, dass man ihn schätze , weil er "an Grenzen geht".
"An Grenzen gehen" selbst ist aber noch überhaupt keine Leistung, auch wenn es immer wieder so dargestellt wird. Satire oder Kunst, die einfach nur grenzwertige Sachen rausposaunt, ist doch nur deswegen nicht gut oder scharfsinnig oder mutig. Ganz ehrlich, das kann jeder.
Eine Fähigkeit ist es, durch Grenzgänge eine große Fallhöhe aufzubauen, die dann von einer noch größeren Pointe überstiegen wird. Oder anders gesagt: Je grenzwertiger die Prämisse, desto besser muss der Witz sein.
Das bloße Daherplaudern von grenzwertigem oder grenzüberschreitendem Stuss ist keine Satire. Die Pointe macht die Kunst, nicht die Grenzabtastung an sich, diese ist eigentlich völlig profan. Ich habe den Eindruck, das wird vermehrt verwechselt.
Gibt auch andere Beispiele als Nuhr dafür, aber hier fiel es mir wieder auf. Und um das auch klar zu sagen: Rassismus hat nirgends Platz, ob mit Pointe oder ohne. Aber diese Debatte steht für mich wieder beispielhaft für die Verwechslung von Satire und ekligen Stammtischzoten.
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Ich möchte euch erklären, warum es "keine Jubelstürme auslöst", wenn ein seit drei Tagen exakt gleiches und unverändertes Problem (können auch drei Wochen oder Monate sein) nachts um 2 in der Notaufnahme vorgestellt wird. Den ursprünglichen Tweet dazu habe ich gelöscht.
Es geht nicht darum, Menschen abhalten zu wollen, in die Notaufnahme zu kommen. Im Zweifel immer in die Notaufnahme gehen, das ist doch keine Frage. Besonders Nachts um 2, wenn es keine Alternative gibt.
Aber wenn die Beschwerden nun mal schon seit einiger Zeit bestehen und sich nicht verändert haben, ist nachts um 2 in der Notaufnahme einfach eine ungünstige Zeit. Nicht (wie natürlich mehrfach sinngemäß geantwortet wurde) weil ich keinen Bock auf Arbeit habe.
Leute, @FerdaAtaman hat Recht.
In einer normalen Situation machen unsere objektiven Regeln es unmöglich, dass aufgrund von -ismen Beatmungsplätze nicht gerecht verteilt werden, und wir haben ja eh genug.
In einer Sondersituation aber könnte es anders laufen.
Es verwechseln gerade wieder viele Leute das Benennen von strukturellem, systemimmanenten Rassismus mit dem persönlichen Vorwurf, ein*e Rassist*in zu sein.
Und wir sehen wieder, dass die meisten, die schreien "Ich bin kein*e Rassistin" das noch nicht verstanden haben.
Strukturellen Rassismus gibt es auch im Gesundheitssystem. Und auch wenn du kein*e Rassist*in bist, musst du ihn reflektieren, um ihn aus deiner Entscheidungsfindung heraushalten zu können.
Wer noch über "Morbus mediterraneus" lacht, hat zum Beispiel noch nichts reflektiert.
Ca. 50% der Ärzt*innen in Deutschland sind Frauen.
Ca. 10% der Chefärzt*innen in Deutschland sind Frauen.
Auf Fachkongressen ist es keine Seltenheit, dass keine einzige Frau als Rednerin eingeladen wird.
Es wird immer noch (obwohl strikt verboten) in Vorstellungs- und Zwischengesprächen gefragt, ob Frau sich das gut überlegt hat mit der Karriere, weil das mit Kindern ja nicht vereinbar ist.