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Leute, @FerdaAtaman hat Recht.
In einer normalen Situation machen unsere objektiven Regeln es unmöglich, dass aufgrund von -ismen Beatmungsplätze nicht gerecht verteilt werden, und wir haben ja eh genug.
In einer Sondersituation aber könnte es anders laufen.
Es verwechseln gerade wieder viele Leute das Benennen von strukturellem, systemimmanenten Rassismus mit dem persönlichen Vorwurf, ein*e Rassist*in zu sein.
Und wir sehen wieder, dass die meisten, die schreien "Ich bin kein*e Rassistin" das noch nicht verstanden haben.
Strukturellen Rassismus gibt es auch im Gesundheitssystem. Und auch wenn du kein*e Rassist*in bist, musst du ihn reflektieren, um ihn aus deiner Entscheidungsfindung heraushalten zu können.
Wer noch über "Morbus mediterraneus" lacht, hat zum Beispiel noch nichts reflektiert.
Wenn ich Kolleg*innen in einem Nebensatz über etwas anstrengende Angehörige erzähle, kommt sofort die Frage nach deren Herkunft. (Sie hatten einen deutschen Allerweltsnamen wie "Müller", die Enttäuschung war groß)
Wenn ein Kollege von mir in den Schockraum kommt und dem schreienden Patienten selbst noch das Shirt aufschneiden muss, weil die gerade zuständige Pflege meint "Den müssen wir doch nicht nach ATLS-Kriterien machen, der übertreibt"
Patient war PoC und hatte mehrere Rippenbrüche.
Wenn "Die versteht ja eh kein deutsch" ein Argument ist,die Visite kürzer zu gestalten.

Könnt ewig so weiter machen,viele Erlebnisse mit oft kleinerer, manchmal aber auch größerer Tragweite.

Wers nicht glaubt, "structurual racism" oder "institutional racism" auf PubMed eingeben
Also, es gibt strukturellen Rassismus im Gesundheitswesen, so wie überall, auch wenn DU kein*e Rassist*in bist.
In einer Triage-Situation, in der wir (hypothetisch) überrannt werden, bist du sicher, dass noch komplett objektive Kriterien angelegt werden können?
10 Leute auf dem Flur, die alle ein Intensivbett bräuchten. Auf Station 20 weitere schwer Kranke, die nächsten 5 schon in der Triage. Du bist allein. Diese unglaubliche Stresssituation birgt die Gefahr,objektive Kriterien zu vernachlässigen und aus dem Bauch heraus zu entscheiden
Und aus dem Bauch heraus heißt: Mit dem eigenen, internalisierten Rassismus, wenn er nicht reflektiert wird.

Ja, es ist eine Krisensituation.
Aber wenn wir uns ein Hinterfragen von außen deshalb verbieten, hinterfragen wir uns dann überhaupt noch selbst?
Nehmt den vieldiskutierten Tweet nicht als persönlichen Vorwurf, das ist er nämlich nicht. Er ist ein Weckruf, dass Menschen wegen ihres Namens oder Aussehen Angst haben, ins Krankenhaus zu kommen. Das sollte uns zu denken geben und keine Beißreflexe auslösen.
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