Nach einem 5-monatigen Prozess soll heute das Urteil gegen den mutmaßlichen Attentäter von Halle verkündet werden. Wir berichten aus dem Gerichtssaal. #HalleProzess 
Bundesanwaltschaft und Nebenklage forderten in ihren Schlussvorträgen eine lebenslange Freiheitsstrafe, die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld und Sicherungsverwahrung für den Angeklagten. Uneinigkeit gibt es aber in mehreren anderen Punkten: #HalleProzess.
So kritisierten mehrere Nebenkläger*innen und ihre Anwält*innen die Bundesanwaltschaft scharf dafür, dass sie die Taten gegen İsmet und Rıfat Tekin und Conrad R., auf die geschossen worden sein soll, und die gegen Aftax Ibrahim nicht als versuchte Morde bewertet. #HalleProzess
Ibrahim war vom Angeklagten auf der Flucht angefahren worden. Der Angeklagte sagte später, bei einem weißen Mann wäre er womöglich ausgewichen. Während d. Fahrt hatte er Musik gehört, die einen rechten Terroranschlag verherrlicht, der mit dem Auto verübt worden war. #HalleProzess
Viele Nebenkläger*innen hatten hervorgehoben, dass diese Tat so nicht als rassistisch motivierter Mordversuch anerkannt würde. #HalleProzess
Die Vorsitzende Richterin Ursula Mertens verkündet gleich zu Beginn des Tages das Urteil: Der Angeklagte wird zu einer lebenslangen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. [1/2] #HalleProzess
Die besondere Schwere der Schuld wird festgestellt, seine Unterbringung in Sicherungsverwahrung wird angeordnet. [2/2] #HalleProzess
In der Urteilsbegründung spricht die Vorsitzende zunächst über den Mord an Jana L. Frau Jana L. wurde nur 40 Jahre alt. Sie habe viele Freunde gehabt, Musik geliebt und in einem Chor in Halle gesungen. #HalleProzess
Das Urteil nimmt - wie schon die Anklage - versuchte Morde zu Lasten von 62 Personen an. Das lässt darauf schließen, dass die umstrittenen Taten gegen Ismet und Rifat Tekin, gegen Aftax I. und Conrad R., mutmaßlich nicht als versuchte Morde gewürdigt werden. #HalleProzess
Der Angriff auf die Synagogenbesucher wird als versuchter Mord zu Lasten von 51 Personen verurteilt. Anders als die Verteidigung es dargestellt habe, habe der Angeklagte unmittelbar zur Tat angesetzt. #HalleProzess
Die Vorsitzende spricht nun über den Mord an Kevin S. "Das Verbrechen war unfassbar grausam, menschenverachtend und von einer Niedertracht, die ihresgleichen sucht." #HalleProzess
Einige Nebenklageanwält*innen hatten in den Schüssen, die der Angeklagte auf das Fenster des "Kiez Döners" abgegeben haben soll, bereits versuchte Morde, u. a. zu Lasten Conrad R.s und Rıfat Tekins, gesehen. Darauf ist das Gericht bislang nicht eingegangen. 1/2
Es entscheidet aber, dass das Werfen des Sprengsatzes auf den "Kiez Döner" bereits einen vers. Mord an allen fünf Besuchern darstelle. Conrad R., Rıfat Tekin, Bernd H., Kevin S., der später ermordet wurde, und eine weitere Person werden damit als Opfer des vers. Mordes anerkannt.
Korrektur: Einige Nebenklageanwält*innen hatten in den Schüssen, die der Angeklagte auf das Fenster des "Kiez Döners" abgegeben haben soll, bereits versuchte Morde, u. a. zu Lasten Conrad R.s und Rıfat Tekins, gesehen. Darauf ist das Gericht nicht eingegangen. 1/2 #HalleProzess
Es entscheidet aber, dass d. Werfen d. Sprengsatzes auf den "Kiez Döner" bereits einen vers. Mord an allen fünf Besuchern darstelle. Conrad R., Rıfat Tekin, Bernd H., Kevin S., der später ermordet wurde, u. eine weitere Person werden damit als Opfer dieses vers. Mordes anerkannt.
Nach einer kurzen Lüftungspause geht die Vorsitzende Mertens nun auf den Schusswechsel d. Angeklagten mit Polizeikräften vor dem "Kiez Döner" ein. In diesem Kugelhagel hatte sich auch İsmet Tekin befunden. Sein Anwalt Özata forderte, dies auch als vers. Mord an Tekin zu bewerten.
Bundesanwaltschaft und Verteidigung hatten eine Tötungsabsicht, auch eine bedingte, verneint. Mertens richtet sich bei ihren Ausführungen direkt an Tekin: "Auch Sie waren im Kugelhagel, Sie waren in Lebensgefahr. Auch Sie sind ein Opfer dieses Anschlags."
Sie erklärt Tekin aber, dass man im juristischen Sinne keine Tötungsabsicht annehmen könne, da man dem Angeklagten nicht habe nachweisen können, dass er von Tekins Anwesenheit gewusst habe. #HalleProzess
In ähnlicher Weise erklärt Mertens nun auch, warum das Gericht die Tat gegen Aftax Ibrahim, der vom Angeklagten angefahren worden war, nicht als versuchten Mord bewerte. Man habe d. Angeklagten in diesem Falle nicht nachweisen können, dass er es auf eine Kollision angelegt hätte.
Auch Ibrahim adressiert die Vorsitzende direkt: Was ihm im Rahmen des Angriffs und in seinem Alltag (Ibrahim hatte von vielen rassistischen Vorfällen berichtet) widerfahre sei schlimm. Eine Tötungsabsicht des Angekl. hätten ihre Kollegen und sie aber nicht sicher annehmen können.
Immer wieder stellt die Vorsitzende Mertens heraus, wie feige und hinterhältig der Angeklagte immer wieder gehandelt habe. Für einige Dinge würden ihr die sachlichen Worte fehlen, die ihre Aufgabe seien.
Aktuell beschreibt sie, wie der Angekl. in Wiederdorfs Jens Z. und Dagmar M. zu ermorden versucht habe. "Frau M. hat Sie als Muttersöhnchen bezeichnet. Mit ihrer Lebenserfahrung wird sie Sie zutreffend beschreiben können.", richtet sie sich an den Angeklagten. #HalleProzess
Korrektur: Insgesamt geht das Gericht von 66 versuchten Morden aus. Darunter befinden sich die Besucher*innen der Synagoge und des Kiez Döners, fünf PolizistInnen, vier Passanten, und zwei Personen aus Wiedersdorf. #HalleProzess
Die Vorsitzende ging dann auf das Tatgeschehen in Wiedersdorf ein: Der Angeklagte habe hier versucht, Jens Z. und Dagmar M. zu ermorden. Zuvor habe er versucht, ein Auto zu erpressen.
An der Schuldfähigkeit gebe es keinerlei Zweifel, sagt Mertens. Seine schwere komplexe Persönlichkeitsstörung ändere nichts an dieser. Sie fasst nun noch einmal die Vielzahl an Straftaten zusammen und gibt jeweils deren Einzelstrafen an. #HalleProzess
Insgesamt geht das Gericht von zwei Morden, an Jana L. und Kevin S., und von 66 versuchten Morden aus. Darunter befinden sich die Besucher*innen der Synagoge und des Kiez Döners, fünf PolizistInnen, vier Passanten, und zwei Personen aus Wiedersdorf. #HalleProzess
Nach einer ausführlichen Urteilsbegründung wird das Verfahren durch die Vorsitzende Richterin geschlossen. Sie sagt zum Angeklagten, dass er wohl nie wieder in Freiheit leben werde, wenn er seine Grundhaltung nicht ändert. #HalleProzess
Ehe er aus dem Saal gebracht werden soll, wirft der Angeklagte einen Schnellhefter in Richtung der Nebenklage. Er wird daraufhin von den Sicherheitskräften zu Boden gebracht und in Handschellen abgeführt. #HalleProzess
Wie an jedem Verhandlungstag wird vor dem Gerichtsgebäude eine Kundgebung in Solidarität mit den Betroffenen abgehalten. Die Teilnehmenden machen deutlich: Der Kampf gegen Antisemitismus, Rassismus und Frauenfeindlichkeit hört mit diesem Urteil nicht auf. #HalleProzess
Im Rahmen der Kundgebung findet nun eine Pressekonferenz der Betroffenen und ihrer Anwält*innen statt: @RPietrzyk kritisiert für mehrere andere Nebenkläger*innen und ihre Vertreter*innen das Urteil scharf als "harmlos, mutlos und entpolitisierend". #HalleProzess
Zwar habe das Gericht Frauenfeindlichkeit, Antisemitismus und Rassismus benannt. Dass es die Betroffenen aber zu einem "Perspektivwechsel" in Bezug auf ihre Kritik an den Sicherheitsbehörden aufgefordert hat, sei das frechste, was sie von einem Staatsschutzsenat je gehört habe.
Rechtsanwältin Ilil Friedman, die Aftax Ibrahim vertritt, macht gerade deutlich, dass es für sie und ihren Mandanten in keinster Weise nachvollziehbar sei, dass die Auto-Attacke gegen ihn nicht als rassistischer Mordversuch bewertet wurde. #HalleProzess
Anschließend sprechen Ismet Tekin, Besitzer des Kiez-Döners, und sein Anwalt, Rechtsanwalt Özata. Tekin bedankt sich für die Solidarität, die ihm Kraft gegeben habe. Die Urteilsverkündung sei für ihn eine große Enttäuschung gewesen. #HalleProzess
"Wir geben nicht auf, egal welches Urteil, wir werden alle das beste geben für diese Gesellschaft und gemeinsam tun, was in unserer Mach steht". #HalleProzess
Naomi H., die den Anschlag auf die Synagoge überlebt hat, sagt, dass sie enttäuscht von vielen Medien sei. Sie hätte gemeinsam mit anderen Nebenkläger*innen dazu aufgerufen, dem Täter keine Bühne zu bieten. Wieder und wieder sei diese Bitte ignoriert worden. #HalleProzess
RAin Dr. Kati Lang, die mehrere Überlebende aus der Synagoge vertritt, sagt, ihre Mandant*innen seien enttäuscht. Es sei ein blasses und entpolitiserendes Urteil geworden. #HalleProzess
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