Bayer Leverkusen spielt eine hervorragende Saison und hat einen der spannendsten Kader der Liga. Um letzteren soll es in dieser kleinen Kaderanalyse gehen. Zunächst möchte ich den aktuellen Kader beschreiben, dann auf die kommende Jahre, inklusive Transfers vorausblicken.
Der aktuelle Kader hat ein recht klar zu erkennendes Stammpersonal. Dieser Stamm wird normalerweise durch ein paar noch verletzte Spieler ergänzt. Die Spieler mit den meisten Einsatzminuten sind eher jung, insgesamt ist der Kader aber durchaus ausbalanciert.
Blickt man auf die Vertragslaufzeiten, fällt auf, dass einige Spieler des aktuellen Stammpersonals bald einen neuen Vertrag brauchen oder den Verein verlassen werden. Zudem muss bei vielen Spielern eine Entscheidung getroffen werden, ob diese langfristig bleiben werden.
Besonders um die älteren Spieler und deren potenzielle Ersatze muss sich bald gekümmert werden.
Auf der anderen Seite stehen Grill, Palacios, Tapsoba, Diaby, Amiri, Schick und Demirbay, die alle noch in in einem guten Alter sind und Stützen dieses Teams werden sollen oder zumindest eine große Ablösesumme einbringen sollten.
Abgesehen von diesen Daten ist es mir sehr wichtig, darauf zu schauen, welche unterschiedlichen Spielstile die einzelnen Akteure mitbringen und wie sich diese ergänzen bzw. behindern.
Für Leverkusen Angreifer habe ich diese Profile der favorisierten Aktionen und Stile erstellt. Leverkusens Spiels ist auch aufgrund seiner Spielertypen darauf fokussiert, sich Chancen über die Flügel oder alternativ über den (rechten Halbraum) zu erarbeiten.
Hier kann man die grundsätzlichen offensiven Aktionen der Spieler erkennen. Die Werkself hat hier einen schönen Mix an unterschiedlichen Profilen und somit auch Möglichkeiten anzugreifen.
Die einzigen Räume, in denen Aktionen etwas rar sind, ist der große vor dem Strafraum und der halblinke Raum. Dort mangelt es zum Einen an einem Wandspieler und zum anderen am Äquivalent von Wirtz, also einem zweiten Spieler, der einen Schnittstellenpass hinter die Kette spielt.
Besonders der linke Halbraum könnte das Gebiet Paulinhos werden. Von dem jungen Brasilianer konnte man bisher leider nur wenig sehen, der Kreuzbandriss sorgt aktuell für eine lange Pause. Im Optimalfall vollendet er jedoch das offensive Profil Leverkusens.
Im Mittelfeld ist man ähnlich flexibel aufgestellt, hat unterschiedlichste Spieler, mit verschiedenen Rollen und Bewegungsradien. Besonders wenn man den balltragenden Amiri noch mit dazuzählt, ist das ein tolles, wenn auch nicht sonderlich breites Mittelfeld.
In der Verteidigungsreihe ist Breite dagegen überhaupt kein Problem. Hier ist man dagegen nicht ganz so flexibel aufgestellt. Ich sehe Verteidiger gerne als Hunden und Katzen (nach dem wunderbaren Modell von @Zonal_Marking (theathletic.co.uk/1909441/2020/0…)).
Tapsoba ist hier meist der Hund neben einer ruhigeren Katze. Die Große Frage ist, was Jonathan Tah ist. Ich habe das Gefühl, dass er versucht ein grandioser Mix aus beidem zu werden, daran gerade etwas scheitert und man nicht genau weiß, was man an ihm hat.
Das Passspiel ist, wie das gesamte Spiel Leverkusens, eher rechtsorientiert und auf kurze bis mittellange Pässe ausgerichtet. Tapsoba und Dragovic sind am ehesten für lange Pässe zuständig. Ein Spieler, der die linke Seite per Diagonalpass anspielt, fehlt mir etwas.
Dabei wäre die Möglichkeit, über so einen Akteur das Spiel zu verlagern, nachdem man die rechte Seite überlad, eine äußerst vielversprechende, vor allem, da ein Diaby so gut in Eins-gegen-Eins-Situationen kommen könnte.
Der Kader ab Sommer 2021 wird nach aktuellem Stand und ohne die ihre Karriere beendenden Bender-Zwillinge und Leih-Abgang Santiago Arias so aussehen.
Es werden direkt ein paar Löcher offensichtlich: Die Innenverteidiger- und Rechtsverteidiger-Position bleibt ein Fragezeichen. Die Breite im Mittelfeld und Angriff könnte ebenfalls Sorge bereiten, wenn man der Jugend nicht mehr Chancen einräumen möchte.
Schaut man noch auf weitere potenzielle, aufkommende Löcher, ist ein Ersatz Hradeckys, Baileys, Alarios sowie Tahs zu erwähnen. Im schlimmsten Fall muss Florian Wirtz auch bald ersetzt werden. Um die Nachfolge von Aranguiz und Baumgartlinger muss sich ebenfalls gekümmert werden.
Aus all dem habe ich ein paar Profile für mögliche Neuzugänge herausgearbeitet, die ich nun zusammen mit einigen interessanten Spielern, die diesem Profil entsprechen, vorstellen möchte.
Torwart: Hradecky-Ersatz
Letzte Saison war Hradecky gut, diese Saison ist er immer noch ein ordentlicher Bundesliga-Keeper. Seinen Nachfolger zu finden, ist tatsächlich gar nicht so schwer, da man mit Florian Grill im Sommer-Transferfenster schon den Nachfolger verpflichtet hat.
Rechtsverteidiger: Typ Flankengeber
Die Lücke auf der Rechtsverteidiger-Position ist am größten und muss am dringendsten besetzt werden. Leverkusens Spiel ist eher rechtsorientiert und der Rechtsverteidiger hält dabei die Breite.
Besonders solange Alario im Sturmzentrum steht, sind Flanken eine gute Option, die Leverkusen auch gerne mal sucht. Ein optimaler Spieler für diese Rolle, der auch noch deutlich mehr Fähigkeiten mitbringt, ist Gonzalo Montiel von River Plate.
Er hat eine hohe Präzision bei seinen Flanken, ist kombinationsstark und spielintelligent. Im Sommer läuft dann sogar noch sein Vertrag aus. Der 24-Jährige war eine Traum-Lösung.
Andere Kandidaten: Brandon Soppy, Kenny Lala, Fabien Centonze
Linker Innenverteidiger: Linksfuß
Es gibt keinen wirklichen Ersatz für Tapsoba im Kader, zudem auch keinen Linksfuß in der Innenverteidigung. Daher erwarte ich bei Leverkusen bald einen linksfüßigen Innenverteidiger und zwar als Back-up für Tapsoba.
Tapsoba könnte auch auf rechts ausweichen, aber da er seine gesamte Karriere schon links spielt und seine Sache dort gut macht, erwarte ich ihn dort weiterhin. Somit empfähle ich hier eine jungen Spieler, der in ein paar Jahren vielleicht Tapsoba ersetzen kann.
Ein paar Spieler, die in diese Kategorie fallen, sind Ravil Tagi, Kik Pierie, Andrea Carboni, Modibo Sagnan oder Hannes Delcroix. Alle wären super Verstärkungen und wohl auch mehr oder weniger preiswert.
Rechter Innenverteidiger: Typ Katze, Diagonaler Passgeber
Als Partner von Tapsoba würde ich mir entweder einen wiedererstarkten Jonathan Tah wünschen oder einen ruhigen Konterpart, der vor allem im diagonalen Passspiel eine zusätzliche Option geben kann.
Mein Wunschkandidat hierfür ist Bolognas Takehiro Tomiyasu. Der 22-Jährige kann flexibel eingesetzt werden, überzeugt jedoch am meisten als rechter Innenverteidiger. Er hat eine super Antizipation, ragt aber besonders durch sein Passspiel heraus.
Linksverteidiger: einrückend
Da Moussa Diaby auf der linken Seite meist die Breite hält, positioniert sich der Linksverteidiger gerne etwas eingerückt. Sollte Wendell den Verein bald verlassen oder ein Upgrade zu Sinkgraven gesucht werden, wäre Yairo Moreno eine Option.
Der kolumbianische Nationalspieler bearbeitet seine Seite auf verschiedenste Arten, kann die Linie runtermarschieren, aber eben auch aus dem Halbraum Akzente setzen. Jüngere Alternativen wären Maxim de Cuyper, Casper de Norre, Alex Centelles oder natürlich Liberato Cacace.
Sechser: Pressinglöser
Auf der Sechs ist die entscheidende Fähigkeit im ruhigen Aufbauspiel Leverkusens Druck anziehen und die dadurch entstehenden Pressingsituationen auflösen zu können. Zwei Spieler, die dies brillant beherrschen, sind Amadou Diawara und Stanislav Lobotka.
Beide sind aktuell bei ihren Vereinen, der Roma und Napoli, nicht gesetzt. Diawara hat das etwas raumgreifendere Passpiel, Lobokta ist ein exzellenter Ballträger. Weitere Optionen wären Fausto Vera, Eduard Atuesta, Gustavo Assuncao, Francisco Ginella und Niklas Dorsch.
(Halb-)Linke Seite: Kreative Breite
Mit Diaby, Paulinho und Amiri hat man im Optimalfall drei langfristige Stützen auf der linken Seite. Dahinter lässt sich ein weiterer Spieler aufbauen, der vor allem den Schnittstellenpass hinter die Kette spielen kann.
Da es hier äußerst viele Optionen gibt, bringt es nicht allzu viel, hier bestimmte Spieler herauszuheben, vor allem da Leverkusen zuletzt schon mit einigen sehr spannenden Talenten in Verbindungen gebracht wurde wie Mike Trésor Ndayishimiye oder Kamaldeen Sulemana.
Rechter Flügel: Bailey-Ersatz
Sollte Bailey Leverkusen verlassen, braucht es wieder einen abschlussorientierten Flügelspieler, der von der rechten Seite ins Zentrum zieht und dribbelstark ist. Marcus Edwards und Dennis Man wären hierfür großartige Optionen.
Stürmer: Wandspieler + Alario-Ersatz
Alario absolviert eine gute Saison, könnte Leverkusen aber trotzdem bald verlassen. Patrik Schick erlebt derweil nicht den optimalen Start in seine Leverkusen-Zeit. Das liegt imo u.a. daran, dass er einen zu ähnlichen Raum wie Wirtz bearbeitet
Schick lässt sich gerne in den halbrechten Raum fallen, um dann nach (halb)links zu dribbeln. Der halbrechte Raum gehört jedoch Wirtz und das hilft dem Team aktuell mehr. Ich würde mir im Kader einen klassischeren Wandspieler wünschen, der auch Alarios Scorer-Fähigkeiten besitzt.
Glücklicherweise gibt es mit Ludovic Ajorque den genau in dieses Profil passenden Spieler, den ich zuletzt schon intensiver beschrieben hatte.
Ein paar junge Alternativen sind Georginio Rutter, Gianluca Scamacca sowie Brian Brobbey, schon "fertigere" Optionen wären Odsonne Edouard oder M´Bala Nzola.
Ich hoffe, diese Kader-Analyse war interessant zu lesen. Wie immer gilt das Ganze als Gedankenspiel und sollte nicht allzu ernst genommen werden.
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Nettes Freistoß-Design von Werder vor dem 1:0 gegen Leverkusen: Toprak beginnt die Szene im Abseits.
Ein Spieler läuft über den Ball, am zweiten Pfosten wird bereits eingelaufen. Ebenfalls interessant ist Patrik Schick.
Sowohl am zweiten Pfosten als auch durch Patrik Schick wird das Abseits aufgehoben, da die Leverkusener auf die Finte des potenziellen Schützen reinfallen.
Borussia Mönchengladbach besiegte Bayern München gestern mit 3:2. Alle drei Tore fielen über die drei gestern überragenden Schlüsselspieler: Florian Neuhaus (rot), Jonas Hofmann (blau) und Lars Stindl (gelb). Eine kleine Analyse der drei Akteure sowie Tore:
Das 1:0 beginnt mit einem Ballgewinn auf der linken Seite. Der Ball landet bei Hofmann, der sofort auf Neuhaus klatschen lässt.
Der beginnt sofort, sich aufzudrehen, um den Ball mit Blickrichtung zum gegnerischen Tor annehmen zu können.
Bayern hat mittlerweile ähnliche Probleme wie andere Top-Teams Europas. Es schleichen sich fehlende Konstanz, individuelle Fehler und Co. ins Spiel ein. Zudem gibt es systematische Probleme, die bei wenig Trainingszeit schwer zu beheben sein werden. #BMGFCB
Man kann da jetzt verschiedene Spieler und auch den Trainer kritisieren, allerdings fällt es mir in der aktuellen Lage sehr schwer einzuschätzen, was man realistisch von einer Mannschaft erwarten sollte.
"Fehler" darf man natürlich weiterhin analysieren, die Frage ist nur, wie viele davon wirklich angegangen werden und ob es in dieser Spielzeit nicht viel mehr um Systemerhaltung und Schadensbegrenzung als Weiterentwicklung geht.
Da ich oft nach Büchern gefragt werde, die ich für empfehlenswert halte, hier mal ein längerer Thread zu Büchern, die ich gerne gelesen habe. Wird in der Zukunft immer mehr vervollständigt.
Fußball durch Fußball ist für Trainer ein wunderbares Grundlagenwerk. Es werden nicht nur Trainingsformen aufgelistet, sondern erklärt, welche Prinzipien zu verfolgen sind und wie der trainingswissenschaftliche Hintergrund aussieht.
Der Schlüssel zum Spiel ist derweil ein großartiges Buch, das die Grundlagen der Fußballtaktik äußerst verständlich erklärt und dabei auch sehr interessant ist für Leute, die sich bereits mit Taktik auskennen.
Hier mal ein kleiner Vergleich der Transfers Liverpools und Barcelonas seit der Saison 16/17. Der Unterschied in den beiden Ansätzen ist riesig.
Das beginnt damit, dass Liverpool den Großteil seines Kaders aus 24- bis 26-Jährigen zusammengestellt hat. Barcelona hat nur einen einzigen Spieler in diesem Bereich eingekauft: Philippe Coutinho. Der kam ausgerechnet von Liverpool und enttäuschte sehr.
Grundsätzlich mag ich Transfers junger Spieler. Bei Barcelona muss man aber festhalten, dass die meisten jungen Spieler nicht funktioniert haben. Bei den älteren Spielern hatte man ähnlich wenig Erfolg.