In Sachen EU-Impfstoffbestellung ergab die Anhörung mit der EU-Chefverhandlerin Gallina ein brisantes Detail:
Offenbar wehrte sich US-Hersteller und Biontech-Partner Pfizer vehement gegen die Haftungsbedingungen der EU, war selbst im Fall eigener Mängel nicht zu Haftung bereit.
2/ Details aus den Vertragsverhandlungen sind geheim. Aber: Auf die Frage des Europaabgeordneten @peterliese widersprach die EU-Chefverhandlerin dieser Darstellung ausdrücklich nicht.
3/ Am Ende setzte sich die EU gegen Pfizer durch und bestand auf der Herstellerhaftung. Zu dieser Bedingung wurden auch die EU-Verträge mit allen anderen Herstellern abgeschlossen.
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Wie lief die EU-Impfstoffbestellung? Chefverhandlerin Sandra Gallina stellt sich den Fragen des Europaparlaments.
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2/ "Die nationalen Debatten darüber, ob nicht jedes Land besser einzeln bestellt hätte, waren unvermeidlich", sagt EU-Chefverhandlerin Gallina. "Aber es sind Impfstoffmengen für alle da, die Lieferungen laufen. Das Problem ist nicht der Impfstoffe, sondern die Logistik dahinter."
3/ War Deutschlands nationale Parallelbestellung über 30 Mio Impfdosen bei Biontech erlaubt?
"Nein, Parallelverträge sind nicht möglich", sagt EU-Chefverhandlerin Gallina.
Aber: Deutschlands Bestellung wird ohnehin erst nach der EU-Bestellung abgewickelt.
"Frechheit", "nicht rechtskonform", "inakzeptabel": Empörung über die EU-Kommission im Europaparlament darüber, wie sie Transparenz in die Impfstoff-Verträge bringen will.
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2/ Lange verweigerte die EU-Kommission Einsicht in die Verträge mit den 6 Impfstoff-Herstellern unter Verweis auf Vertraulichkeitsklauseln. Nachdem mit CureVac nun der erste Hersteller bereit ist, den Vertrag transparent zu machen, soll das EU-Parlament Einsicht bekommen.
3/ Die Bedingungen, zu denen die Parlamentarier Einsicht bekommen sollen, sind jedoch wenig vertrauenserweckend:
- es soll nur eine "redigierte" Version des Vertrags ausliegen (heißt: geschwärzte Seiten)
- Einsicht ab morgen für 3 Tage
- Lesezeit: 50 Min
- Es gilt Geheimhaltung
Die SPD feiert sich dafür, dass ihre Kritik der letzten Tage zur EU-Nachbestellung von 300 Mio Impfdosen bei Biontech geführt habe.
Spoiler: Zwischen SPD-Kritik und Bestellung besteht kein Zusammenhang. Die Verhandlungen begannen weit davor, wie EU und Biontech bestätigen.
2/ Er sei froh, dass „unsere Kritik der letzten Tage schon zu wichtigen Veränderungen geführt hat“, sagt SPD-Generalsekretär Klingbeil in der @faznet zur EU-Nachbestellung bei Biontech.
Allerdings: Die Verhandlungen begannen Mitte November und waren da fast abgeschlossen.
3/ Die EU-Verhandler nahmen am 17.11. Kontakt zu Biontech auf, um über eine Nachbestellung über die erste Tranche von 300 Mio Dosen hinaus zu sprechen.
Am 24.11. lagen erste Zahlen vor.
Als an Neujahr die Kritik an der EU-Impfstrategie anschwoll, war der Vertrag fast fertig.
Hat die deutsche Bundesregierung mit einer bilateralen Vereinbarung mit Biontech über 30 Millionen Impfdosen gegen EU-Regeln verstoßen? Offenbar ja.
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2/ Im Vertrag über die gemeinsame EU-Bestellung von Impfdosen verpflichten sich die EU-Staaten, keine bilateralen Parallelverhandlungen mit Herstellern zu führen. Erstens, um den Preis nicht in die Höhe zu treiben, zweitens, um die EU-Kontingente anderer Länder nicht zu mindern.
3/ Die EU-Vereinbarung sieht vor:
- Ein Land kann aus jedem EU-Liefervertrag mit den Herstellern aussteigen, wenn es das vor Vertragsabschluss mitteilt (Art. 4)
- Sobald der EU-Vertrag abgeschlossen ist, kann das Land eigene Verhandlungen mit diesem Hersteller führen (Art. 7)
EU weitet Impf-Vertrag mit Biontech aus und verdoppelt die Bestellmenge: zu den bereits bestellten 300 Mio Impfdosen kommen weitere 300 Mio Impfdosen hinzu.
Möglich wird dies durch die gestern erteilte Genehmigung für die neue Biontech-Produktionsstätte in Marburg.
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2/ Die Gesamtmenge bestellter Impfdosen für die EU beläuft sich damit auf 2,3 Milliarden Impfdosen.
760 Millionen Dosen davon kommen von Herstellern, deren Impfstoffe bereits zugelassen sind (Moderna und Biontech). Damit können etwa 80 Prozent der EU-Bevölkerung geimpft werden.
3/ Wie gehts jetzt weiter?
- Die EU-Kommission fragt jetzt noch alle Mitgliedsstaaten ab und wird den Vertrag mit Biontech dann abschließen
- 75 Millionen der 300 Mio zusätzlichen Biontech-Impfdosen sollen ab Beginn des 2. Quartals geliefert werden
Warum läuft das Impfen in Deutschland und EU so langsam an? Hat die EU bei der Impfstoff-Bestellung versagt?
Nicht alles ist optimal gelaufen, aber die Alternativen waren schlechter.
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2/ Was war das Prinzip hinter der Impfstoffbestellung?
1. Die 27 EU-Länder bestellen gemeinsam, um einen impfnationalistischen Wettlauf zu vermeiden. Das hat funktioniert, zum Erstaunen vieler.
2. Die EU setzt auf mehrere Hersteller, um das Risiko zu streuen. Auch das gelang.
3/ Hat die EU zu wenig Impfdosen bestellt?
Nein, eher zu viele. Bei 6 Herstellern hat sich die EU 2 Milliarden Dosen für 450 Millionen EU-Bürger gesichert. Da bei Vertragsabschluss im Sommer 2020 offen war, welche Impfstoffe als erstes marktreif sind, hat die EU überbestellt.