Bei der Abstimmung zum #CDUVorsitz geht es auch um zwei gegenläufige Auffassungen von der Rolle der CDU im Parteiensystem. Spoiler: Eine führt erkennbar ins Verderben. @n_roettgen@ArminLaschet@_FriedrichMerz
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Angela Merkel hat die CDU als dominante Ankerpartei in der politischen Mitte formatiert, gegen die bei Ausschluss von Extremparteien nicht regiert werden kann, die ihrerseits aber möglichst mehrere Koalitionsoptionen im Vielparteiensystem hat.
Außerdem soll die Union nie polarisieren, um dem politischen Konkurrenten nicht die Mobilisierung von schlummernden Wählerpotentialen zu ermöglichen.
Somit tritt die CDU weniger profiliert auf, setzt über 16 Jahre hinweg aber mehr und nachhaltiger Werte und Programme um, als wenn sie ihre temporäre Abwahl aus federführender Regierungsverantwortung riskiert (wie 1998 – 2005).
Daraus haben manche aber ein ungutes CDU-Binnengefühl entwickelt. Insbesondere gelernte Oppositionspolitiker und Aufmerksamkeitssuchende wie Merz.
Sie setzen auf eine umfassende Mobilisierung eines angeblich nicht abgerufenen CDU-Wählerpotentials, reklamieren dafür die Hälfte der bisherigen AfD-Wähler für sich – ergänzt um die FDP als ‚natürlichen‘ Koalitionspartner.
Und das gelinge durch eine stärkere Polarisierung des Parteiensystems, am besten durch einen scharfkantigen und breitbeinigen Spitzenmann.
Dagegen spricht vieles, wenn nicht alles. Bezeichnenderweise kommt die stärkste Unterstützung aus Landesverbänden, die ihre eigene Wählerbasis bereits in strategisch bedeutsamem Ausmaß verspielt haben. (Hamburg oder Baden-Württemberg).
Bei den neuesten Landtagswahlen - in Thüringen und Hamburg - ergibt die Addition von CDU und FDP zzgl. 50 Prozent der AfD-Stimmen in Erfurt 38, 4 Prozent und mithin keine Mehrheit.
In Hamburg – wo der Landesverband personell und inhaltlich liberal aufgestellt noch die Stadt führte – wären es auf diese Weise 18, 8 Prozent. (Der Landesvorsitzende träumt von Merz und Schwarz-Gelb.)
Noch nicht einmal eingepreist ist der absehbare Verlust von Wählern in der politischen Mitte (zu Grünen aber auch zurück zur SPD).
Das Merzsche Axiom führt also eher zum gegenseitigen Einlullen in einer schrumpfenden politisch-kommunikativen Blase aus der schmaler werdenden Mitgliederschaft, einer gleichfalls schmaler werdenden unbeirrbaren Stammwählerschaft …
…und eines rechtskonservativen bis rechtsextremen Clusters aus Abtrünnigen, AfD-Vorfeldverbänden, rechter Publizistik und Beobachtungsobjekten des Verfassungsschutzes - im Netz auf Überlebensgröße aufgeblasen.
Die Polarisierung der Wählerschaft verspricht (abgesehen vom Verlust des politischen Kompasses) keine Maximierung des CDU-Wähleranteils, es erhöht das Risiko einer Mobilisierung und Mehrheitsbildung gegen die Union.
Frisches Anschauungsmaterial bilden die Republikaner in den USA, die von der Tea Party bis Trump auf einer schiefen Ebene immer weiter Richtung rechter Rand des politischen Spektrums rutschten, auch die finale Mobilisierungskonkurrenz verloren…
…und schließlich mit Faschisten und Schamanen mit Putsch- und Lynchgelüsten auf den Fluren des Kongresses endeten.
Während Röttgen und Laschet erkennbar und erklärtermaßen Merkels Erfolgskonzept fortsetzen wollen, hat Markus Söder nach Ausflügen in den Populismus („Ende des geordneten Multilateralismus“) die Lektion gelernt:
„Wir wissen mittlerweile, dass viele Wähler der AfD vorher Nichtwähler waren. Das sind Menschen, die sich schon vor Jahren von der Demokratie verabschiedet haben – politische Geisterfahrer wie Reichsbürger, …
… die sich jetzt auf einem großen Parkplatz bei der AfD versammeln und glauben, eine neue Mehrheit zu sein. Diese durch rhetorische Annäherung zurückgewinnen zu wollen, erscheint kaum möglich.“
„Wir können keinen erfolgreichen Wahlkampf führen, wenn wir grundlegend mit der Vergangenheit brechen. 15 Jahre mit Angela Merkel als Kanzlerin waren eine sehr erfolgreiche Regierungszeit für die Union und für Deutschland.“
Mit einer Wahl von Friedrich Merz beendet die CDU – nur für eine Selbstvergewisserung einiger kompromissmüder Mitglieder und Funktionsträger - absehbar ihre Erfolgsgeschichte. Darin ironischerweise wirklich mal wieder der SPD folgend.
Im zweiten Wahlgang wird er mit den allermeisten Stimmen die zuvor für den Ausgeschiedenen abgegeben wurden, rechnen können und sowohl gegen Merz als auch gegen Laschet klar gewinnen können.
Die Frage ist, ob genügend Delegierte rechtzeitig ihre Priorität wechseln, damit Röttgen den 2. Wahlgang erreicht.