Der Run auf #Erklärvideos (z.B. auf #YouTube oder lizenzierten Plattformen) treibt mich seit längerem um. Warum gibt es dort so viele positive Rückmeldungen? Warum scheinen Lernende dort (zumindest teilweise) besser und lieber zu lernen, als in der Schule? (Thread)
Guckt man sich z.B. die Kommentare unter den Videos von @lehrer_schmidt an, dann findet man unzählige Lobeshymnen wie diese: "Wieso erklären sie besser in 8 minuten als meine Lehrerin in einem Monat?" oder "omg Danke ich habe es jetzt verstanden💪💪".
Die Gründe hierfür sind m.E. vielfältig. 1.: Das SETTING in dem die Lernenden dem Thema/Video begegnen ist ein völlig anderes, als in der Schule. Das fängt damit an, dass die Lernenden aus eigenem Antrieb heraus das Video ansehen. Auch wenn sie Mathe blöd finden, so haben sie ...
... in diesem Moment dennoch SELBST entschieden, dass sie sich damit auseinandersetzen möchten. Ob (in Hinblick auf das Ergebnis) intrinsisch oder extrinsisch motiviert - der erste Impuls ist intrinsisch und birgt somit sehr viel mehr Erfolgs- und Lernpotenzial als in einem ...
... vorgegebenen Setting. 2.: Die ZEIT wurde individualisiert. Der Lernende kann nicht nur selbst bestimmen wann er das Video ansieht, sondern auch wie oft - ohne die (vermeintliche) Blamage vor den Klassenkameraden, wenn man zum dritten Mal nachfragt. Dies trägt massiv zur ...
... Entspannung bei. Und wir sind uns hoffentlich einig, dass dies lernförderlich ist!? 3.: Der RAUM wurde individualisiert. So kann der Lernende am Schreibtisch sitzen, im Sofa lümmeln oder auf dem Bett liegen. Auch dies fördert eine "Wohlfühlathomsphäre", um die ...
... innovative Unternehmen gegenüber ihren Arbeitnehmern bekanntermaßen längst äußerst bemüht sind. Grund hierfür ist dabei aber kein "Ponyhof", sondern die Erkenntnis, dass sich das Wohlbefinden der Arbeitnehmer eins zu eins auf den Erfolg, bzw. die Rendite des Unternehmens ...
... auswirkt! 4.: AUSWAHL. Die Lernenden können sich Ihren "Lehrer" aussuchen. Egal ob @DanielJungEDU, @lehrer_schmidt, @FlippedMathe oder einer der anderen drölfzigmilliarden Filmemacher - Lernende könne nach Symphatie, Sprache, technischer Umsetzung, ... entscheiden, ...
welches Video ihnen am besten gefällt. 5.: Zeitgemäßes Format. #Clubhouse mal ausgenommen, dann dominieren in der Kommunikation doch vor allem (bewegte) Bilder. Insofern ist es kaum überraschend, dass Lernende auch bim Lernen lieber hierauf zurückgreifen! ...
Und was folgt daraus? Etwa dass wir jegliche persönliche Kommunikation durch Erklärvideos ersetzen sollten? Nein! Dies würde zwar der Tradition der "Schwarz-Weiß-Argumentation" folgen (die im Bildungsbereich ja allzu beliebt ist), greift aber viel zu kurz. Vielleicht sollten ...
... dann alle Lehrer ihren Unterricht immer durch eigene Erklärvideos "anreichern". Auch das ist aus meiner Sicht keine Lösung, da auch hier wieder nur an den Symptomen herumgedoktert wird. ...
... Was wir wirklich daraus lernen könnten: 1.: Lernen hat viel mit Emotionen zu tun (Symphatie, Beziehung, Wohlbefinden, Sicherheit, ...). Ergo sollten wir unsere Schulen so gestalten, dass Lernende dies auch in Schulen erleben können! ...
2. Lernen findet immer dann (auch nicht-instruiert) statt, wenn Lernende aus eigenem Antrieb aktiv werden. Durchgetaktete Instruktion führt zu Unwohlsein - mit allen für die Beziehungsarbeit und das Lernen negativen Folgen! ...
3. Lernen scheint dann besonders effektiv zu sein, wenn die individuellen Faktoren (Zeit, Raum, Tempo, ...) des Lernenden berücksichtigt werden. Insofern sollten wir in Schulen ebenso durch vielfältige Zugangsmöglichkeiten auf individuelle Bedürfnisse antworten können. ...
... Vor allem sollten wir aber daraus lernen, dass synchrones Lernen und Vergleichen (!) auf Grundlage des Items "Alter" völlig aus der Zeit gefallen ist. Besonders wird dies klar, wenn ViKos gecrasht werden, Lernende nicht in die Schule wollen (und zwar nicht nur wegen den ...
... Freunden!), "Schulversager" nach Beendigung der Schulzeit aufblühen und (trotzdem) erfolgreich "ihren Weg" gehen, Schulen auf die Frage nach dem "Warum" nicht mehr antworten können, ... Es nimmt immer mehr Gestalt an, dass nachhaltiges Lernen explizit ...
... nicht mehr an Schulen stattfindet, sondern außerhalb. Es bleibt abzuwarten, ob die Schule (ähnlich wie die Kirche) an Relevanz und Legitimation verlieren, gar verschwinden wird. Ich hoffe nicht dass es soweit kommt. Vermeiden lässt sich dies allerdings nur durch ...
eine 180°-Kehrtwende. Nicht aus dem Bestreben heraus "hauptsache alles anders" zu machen, oder das Bisherige zu "bashen". Es ist aber an der Zeit, die Signale wahr- und ernstzunehmen, professionelle Schulentwicklung voranzutreiben, den Bildungsbegriff neu zu verhandeln, ...
... und endlich unsere Kinder an der Entwicklung teilhaben zu lassen. Erklärfilme (aka alle Buzzwords wie Medien, Raum, Zeit, ...) sind hierbei weder Lösung noch Ursache des Problems. Kein Tool/Geld der Welt wird uns aus der Bildungsmisere helfen - es sei denn wir betrachten ...
... die Haltung der Gesellschaft - insbesondere aber der im Bildungsbereich arbeitenden Personen - als ein Tool. Als DAS ENTSCHEIDENDE Tool. Anstatt der Hybris zu erliegen, dass "mehr von..." eine Lösung wäre, sollten wir einsehen, dass wir JETZT ...
... und ohne jegliches "mehr von..." oder "zu wenig von ..." Bildung an der Zukunft orientiert entwickeln und realisieren können. Dazu müssten wir aber nicht nur für unsere eigenen Rechte kämpfen, sondern vor allem für die der nächsten Generation. Wie beim Klima, der soz. ...
... Gerechtigkeit und so vielem anderen. Aus einem Gedankenblitz wurde jetzt ein ewiger Thread - würde ich mich jetzt über solche Kommentare freuen: "omg Danke ich habe es jetzt verstanden💪💪"! ✌️
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Zwei Threads zum Thema „Prüfungen“ und „Leistung“ greifen ein für mich hoch relevantes Thema auf - und bieten nur stark verkürzte oder polarisierende Aussagen, die dem Thema m.M.n. häufig nicht gerecht werden. Ein Thread in der Hoffnung auf konstruktiven Austausch!
Im Folgenden beziehe ich mich auf folgende Threads:
Aussage von @blume_bob: „Kennt jemand einen Bereich außerhalb der Schule, bei dem man sich nicht anstrengend muss? Nicht schwitzen und Schmerz ertragen?“