Thread by @art18bvg

DER VERFASSUNGSGERICHTSHOF EIN GEHEIMNISKRÄMER?
Zur gestrigen #zib2 hätt ich bitte noch eine Anmerkung: Ich finde es doch etwas deplaziert die Beratungen des Verfassungsgerichtshofes als "Geheimniskrämerei" zu bezeichnen. Der Begriff ist nicht unbedingt positiv konnotiert👇 1/n

Das Gericht ist schließlich einer unserer 3 obersten Gerichtshöfe und gilt als ältestes für die Normenkontrolle ermächtigtes Verfassungsgericht der Welt. Seine Abläufe sind durch Verfassung und Gesetz statuiert und für Sie gibt es gute und überlegte Gründe. Die Beratungen sind...

ein komplexer und sensibler Vorgang und führen meist zu hervorragenden Erkenntnissen. Als Jurist der viel mit dieser Institution zu tunnhat, teile ich seine Ansichten nicht immer (selten), aber ich habe Respekt vor diesem Vorgang. Gerade weil ich doch einiges darüber weiß.

Gerade in diesen Zeiten sollten wir vielleicht danach trachten sehr darauf zu achten die Würde dieses Gerichts nicht mit flapsigen Bemerkungen über seine Funktionsweise zu untergraben. Ich habe mich bereits zur laufenden Debatte geäußert und möchte das hier nicht nichmal tun, es

gibt durchaus Argumente für eine Änderung, wie eben die Grundidee, dass wenn die Mehrheit der VfGH-RichterInnen es sich gefallen lassen müsste, dass die von ihr vertretene Position auch an den in der Minderheit gebliebenen Ansichten gemessen wird, und umso mehr gezwungen,

wird auf die Plausibilität und Rationalität ihrer „Machtausübung durch Richterspruch“ zu achten. Aberes gibt auch sehr gewichtige Argumente die österreochische Praxis das Gericht "mit einer Stimme sprechen zu lassen" beizubehalten. Gerade bei ideologisch aufgeladenen Fragen

wie Sterbehilfe oder Kopftuchverbot hat ein eindeutiger und klarer Richterspruch eine befriedende Wirkung. Weiters Angriffe auf einzelne Richter wegen ihres Stimmverhaltens oder Druckausübung. An der rechtlichen Verbindlichkeit der Entscheidung ändern dissenting opinions nichts,

ob sie zur Debatte beitragen ist fraglich, es gibt genügend rechtswissenschaftliche Publikationen, in denen strittige Punkte im Detail beleuchtet und diskutiert werden werden. Der Nutzen scheint überschaubar, die Risiken hoch. Das Sondervotum stammt zudem aus einer völlig anderen

Rechtskultur mit sich widersprechenden Gerichten im anglikanischen Raum. Sie eonfach auf unsere Rechtstradition umzulegen führt zu Brüchen. Führ hier zu weit. Und zuletzt hat nicht der Entstehungsprozess, sondern das Urteil selbst nachvollziehbar zu sein. Für diesen komplexen...

Vorgang scheint mir der Begriff der Geheimniskrämerei unangemessen, er wird der Komplexität der Debatte nicht gerecht. Er wirkte eigenartig skandalisierend deplaziert im ansonsten wirklich sehr guten Bericht. Muss man auch sagen. Der Bericht hat die Debatte teils gut umrissen