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25 Mar, 104 tweets, 15 min read
Das wird ein Thread.
1)
Ich habe gerade mal in Ruhe den Artikel von @GidMK über negative Folgen der Lockdowns gelesen und denke, dazu sind ein paar Dinge zu sagen. gidmk.medium.com/what-are-the-n…
2) Besonders im Zusammenhang mit der Entscheidung der Bundesregierung jetzt doch erst mal nichts, jedenfalls nichts Wirksames, zu tun.
3) Meine Gedanken stellen sich gerade noch nicht geordnet in einer Reihe an, sondern poltern munter durcheinander, daher bitte ich, es zu entschuldigen, wenn sich der Gedankenfaden nicht so ganz ohne Knoten verfolgen lassen sollte.
4) Erst mal gehe ich die unterschiedlichen Punkte durch, die @GidMK in seinem Artikel anspricht. Dabei werde ich seine differenzierte Darstellung etwas eindampfen und mit meiner Ansicht garnieren.
Wer es ungefiltert haben mag, der lese seinen Artikel.
5) Erst mal vorweg, die grundsätzliche Frage: hatten (und haben) die Lockdowns bzw. Kontaktbeschränkungsmaßnahmen oder konkreter "nichtpharmazeutische Interventionen" negative Konsequenzen?

Natürlich.
6) Einige davon sind offensichtlich. Beispielsweise dürften Gastronomieunternehmen oder Veranstalter, die vorher schon wirtschaftlich angeschlagen waren, im Verlauf der Pandemie aus dem Geschäft gehen.
7) Je länger sich alles hinzieht, um so häufiger wird es auch vorher gesunde Unternehmen treffen. (Was alleine schon ein Grund wäre, die Pandemie so schnell wie möglich hinter uns zu bringen, und zwar mit geeigneten und konsequenten Maßnahmen.)
8) Die Preisfrage ist allerdings: was wäre ohne Lockdown passiert?

An diesem Punkt beginnt das unterkomplexe Denken von vielen Beteiligten sichtbar zu werden.
Man konzentriert sich auf die negativen Aspekte _jetzt_ und nicht auf die negativen Aspekte morgen oder übermorgen.
9) Auch in dem Glauben, dass die wissenschaftlichen Prognosen auch nur so eine Art Wetterbericht sind, und es am Ende doch alles nicht so schlimm kommen wird, wie befürchtet und alle Mühen und Risiken für die Katz waren.
Denn das Problem ist ja: man sieht es hinterher nicht.
10) Man sieht die Mühen und die Schäden, die man gerade sehenden Auges in Kauf nimmt, für eine vage Zukunft.

Nur, dass die Zukunft nie so vage war und wir immer gute Modelle hatten, die uns einen Anhaltspunkt für das gegeben haben, was kommen wird.
11) Abweichungen davon gab es in Details. So blieb der gefürchtete, massive Anstieg nach Weihnachten aus. Was aber wiederum eine Folge davon gewesen sein könnte, dass der vorher belächelte und zerredete Anstieg im Herbst nicht nur kam, sondern auch alle Erwartungen sprengte.
12) Verhaltensänderungen auf Grund von Erkenntnissen, die Privatpersonen gewinnen, sind vermutlich nicht so leicht einzumodellieren, wie die Auswirkungen von staatlichen Beschränkungen.
13) Neben offensichtlichen Schäden für die Wirtschaft wurden aber auch noch ein paar andere Schäden, vor allem gesundheitlicher Art, durch Lockdowns von jenen Menschen behauptet, die Lockdowns und Kontaktbeschränkungen - oder Pandemie-Maßnahmen allgemein - verhindern wollten.
14)

a) Mortalität:
Und hier beginnt dann endlich die Auseinandersetzung mit @GidMK s Artikel:
Von Beginn an gab es das Narrativ, dass der Lockdown, sprich die Kontaktbeschränkungen, mehr Leben kosten werden würden, als die Pandemie selbst.
15) Es konnte eigentlich recht offensichtlich sein, dass dieses Argument ziemlich humpelnd daherkommt, denn die Todeszahlen in China, Italien und dann auch New York und UK waren dramatisch.
16) Damit dieser sehr offensichtliche Zusammenhang zwischen Todeszahlen und dem Virus heruntergespielt werden konnte, wurden von Beginn an Alternativnarrative aufgebaut:
- Es liegt nur an der Luftverschmutzung (Italien)
- Es liegt nur am schlechten Gesundheitssystem (NY/UK/IT)
17)
- Es ist nur eine Grippe
- Es wird nur zu schnell beatmet
- Es wird nur falsch behandelt (kein Hydroxychloroquin, kein Vitamin D, kein Zink, keine liebevollen Ingwerwickel)
18)
Aber die Frage, ob die Lockdowns zu mehr Toten geführt haben, als das Virus selbst, ist eine der wenigen, die @GidMK recht eindeutig beantworten kann: Nein.
19) Das zeigt die globale Perspektive, die einen Vergleich erlaubt, zwischen Ländern, die Lockdowns aber auch eine starke Verbreitung des Virus hatten und Ländern, die harte Lockdowns hatten, aber keine starke Verbreitung des Virus.
20) Also Länder, die präventiv mit harten Maßnahmen vorgebeugt haben. z.B. Australien.

Statt dessen nahm die allgemeine Sterblichkeit sogar ab. Es war für diesen Punkt also ein eher positiver Effekt zu beobachten.
21)

b) Psychische Gesundheit und Suizide

Von den Gegnern der Pandemiemaßnahmen wurde hier von Anfang an ein starker Anstieg psychischer Erkrankungen durch u.a. Vereinsamung behauptet*.
@GidMK hatte vor einiger Zeit bereits Studien analysiert: gidmk.medium.com/have-lockdowns…
21a) *Es haben schon mehrere (depressive) Menschen hier auf Twitter darüber geschrieben, wie respekt- und gewissenlos es ist, depressive Menschen hier für die eigene Agenda zu missbrauchen. Deswegen gehe ich hier nicht nochmal darauf ein. Links gerne unter den Tweet.
22)
In Bezug auf Suizide ist das Bild ziemlich klar: es gab den behaupteten Anstieg nicht und was bei diesem Thema noch an Schwankungen in den Daten zu finden ist, lässt sich nicht auf die nichtpharmazeutischen Maßnahmen zurückführen.
23) Was die psychische Gesundheit angeht, ist es weit weniger klar: In Gegenden mit hohen Infektionszahlen lassen sich Rückschlüsse auf einen Zusammenhang zwischen psychischen Problemen, den Zahlen infizierter Menschen und nichtpharmazeutischer Interventionen ziehen.
24) Auch aus Ländern, die Lockdowns ohne hohe Infektionszahlen hatten, wird ein Anstieg bei depressiven Gedanken und Ängsten berichtet.

Selbstmordgedanken nahmen aber ab, auch waren Menschen weniger gestresst und man dachte seltener an Scheidung*.
24a)
*vielleicht ist das ja cool für die eine oder andere Ehe gewesen, wenn man wieder zueinander findet, statt dass der Alltag alles schluckt, was da an Gefühl füreinander war?
25) Aber hier ist es eben nicht mehr deutlich: haben die Lockdowns/nichtpharmazeutischen Interventionen diesen Effekt bewirkt oder war es die Pandemie selbst? Oder beides?
26) Der Grundgedanke, der bei Argumenten gegen nichtpharmazeutische Interventionen zum tragen kommt, ist ja immer, dass es ohne Lockdowns ganz einfach normal weitergehen würde und man nichts von der Pandemie spüren würde "ist nur eine Grippe".
27) Aber natürlich sogar alleine der Gedanke, an ein neues Virus, bei jedem Menschen, der im Biologieunterricht nicht fest durchgeschlafen hat, für eine gewisse Beklemmung. Was an Auswirkungen möglich war, konnte man in anderen Ländern beobachten.
28) Und mit der Ignoranz, dem unterkomplexen Denken, dass das was in anderen Ländern passiert, hier nie passieren könnte, ist nicht jeder gesegnet.
29) Was inzwischen an negativen Effekten für die psychische Gesundheit dazu kommen dürfte, wurde in den vergangenen Tagen hier auf Twitter immer wieder thematisiert:
Menschen fühlen sich alleine gelassen und verraten.
30) Das Gefühl, dass die Regierung alles in die Katastrophe laufen lassen und viele weitere Tote in Kauf nehmen will, das Chaos der Impfungen, das Gefühl, dass bei denen, die die Richtung weisen sollten, die Grenze der Kompetenz erreicht ist, zehrt mehr als die Pandemie.
30a) Erneut, Links zu entsprechenden Tweets und Threads gerne unter diesen Tweet.
31)
Gesundheitsversorgung

Auch behauptet wurde ein Anstieg der Todeszahlen, weil die Gesundheitsversorgung nicht mehr im normalen Maße gewährleistet wurde.

Hier gab es durch nichtpharmazeutische Interventionen Einschnitte, die sind nicht wegzudiskutieren.
32)

Elektive OPs wurden abgesagt oder verschoben, Therapien unterbrochen oder unter nicht-idealen Bedingungen fortgeführt.

Nach @GidMK ist zu befürchten, dass es in den kommenden Jahren einen Anstieg bei eigentlich vermeidbaren Krebserkrankungen geben werden wird.
33) Weil Vorsorgeuntersuchungen entweder wegen Lockdowns oder wegen Furcht vor Ansteckung unterlassen wurden.

Aber auch hier ist das Bild nicht eindeutig.
Denn auch und gerade in Gegenden mit hohen Infektionszahlen wurden notwendige Untersuchungen vermieden.
34) Und zwar oft, weil das medizinische Personal durch die Versorgung von Covid-19-Patienten gebunden war.

Also: ja, nichtpharmazeutische Maßnahmen haben einen negativen Effekt auf die allgemeine Gesundheitsversorgung. Aber eben auch die Pandemie selbst.
35) Von Maßnahmengegnern wurde hier häufig behauptet, es wäre quasi eine Medienpandemie, die Menschen unnötige Angst vor einem Virus macht, das eigentlich harmlos ist.
Die dort präferierte Lösung wäre im Grunde: Alles laufen lassen und nicht berichten, dann passiert auch nichts.
36) Ich möchte das mal die Vogel-Strauß-Technik der Pandemiereaktion nennen, die auch ein erstaunliches Geschmäckle hat, wenn man bedenkt, dass sie von Personen vertreten wird, die besonders den Aspekt der Freiheitseinschränkungen und angeblichen Zensur hervorheben.
37) Die aber auf der anderen Seite Nicht-Information als Pandemiebekämpfungsmaßnahme etablieren wollen und erwarten, dass das Virus dann nur wie eine "normale Grippesaison" durch die Gesellschaft hindurchlaufen würde. Jeden Gegenbeispiels zum Trotz.
38)
Weltweite Gesundheitsinitiativen

Auch daran gibt es nichts herumzudiskutieren. Durch die pandemische Lage wurden Impfkampagnen und andere Gesundheitsvorsorgemaßnahmen in strukturschwachen Gebieten unterbrochen.
39)
Aber erneut: es steht in Frage, ob die Disruption, durch nichtpharmazeutische Interventionen ein maßgeblicherer Faktor war, als die Diskruption durch die Pandemie selbst.
40)
Als Beispiel bringt @GidMK das eingebrochene Tuberkulose-Screening in Indionesien. Einem Land mit einer extrem schwachen Reaktion der Regierung auf die Pandemie und kaum Restriktionen.
41)

Sein Fazit (aber nicht das Ende des Threads. ;) )

Nichtpharmazeutische Interventionen haben negative Konsequenzen.
Der Verzicht auf nichtpharmazeutische Interventionen hat negative Konsequenzen.
42) Es ist schwer bis - so nahe am Geschehen auch fast - unmöglich, die Effekte auseinanderzudröseln. Vor allem da an den meisten Orten die Effekte der Pandemie dann schließlich doch auf Lockdowns getroffen sind.
43) Das Thema, das er nicht anschneidet sind die wirtschaftlichen Folgen. Aber diese werde ich in meine weiteren Überlegungen mit einbeziehen.
44)Aus dem, was ich aus der Medizingeschichte weiß & was ich persönlich von Januar 2020 bis zum heutigen Tag beobachtet habe, bin ich überzeugt:
44) die Betrachtung mit einigen Jahren Abstand wird zeigen, dass die Lösung, die Pandemie einfach laufen zu lassen, die denkbar schlechteste war.

Es wäre nicht an jedem Ort so tragisch gekommen, wie in Brasilien. Das sicher nicht.
45) Aber was auch in westlichen Industrieländern passieren kann, zeigen Portugal und England. Oder sogar eigentliche Musterknaben wie Irland, die sich zu früh zu sicher fühlten und an Weihnachten das Virus als Geschenk mitbrachten.
46) Den zweiten Platz werden wahrscheinlich die Länder belegen, deren Maßnahmen nicht konsequent genug waren und die dann einen plötzlichen Anstieg der Fälle zu verzeichnen hatten. Die dann mit härteren Maßnahmen nachjustiert haben.
47) Und meiner Ansicht nach werden die Länder auf dem glänzenden Platz 1 landen, deren Regierungen früh und konsequent reagiert haben. (Wenn auch nicht unbedingt die autoritären Staaten darunter.)
48) Aber nun zu dem, was gerade bei uns vor sich geht, auch im Lichte von @GidMK s Artikel:

Es bleiben für mich gerade zwei Interpretationen:
- unsere (Landes-)Regierungen sind inkompetent
- man plant die Great Barrington Declaration umzusetzen, und
49)

-- verzichtet aus ideologischen Gründen auf eine der Situation angemessene Intervention.
50) Ja, ich weiss, Hanlons Razor. Allerdings denke ich, dass es auch für Inkompetenz spricht, beim derzeitigen Stand des Wissens, tatsächlich die Great Barrington Declaration zu verfolgen.
51) Aber warum tut man das. Die Frage stellte heute morgen (vermutlich nicht nur) ein Twitterer.

Meine Vermutung: Lobbyismus und Idiologie.

Und ja, auch Unfähigkeit.
52) Die Great Barrington Declaration ist irgendwo zwischen neoliberal und libertär anzusiedeln. Der Staat sollte möglichst gar nicht eingreifen. In der GBD nur als Feigenblättchen, um die "Risikogruppen" zu schützen.
53) Es ist ein Machwerk, das purer Ideologie versucht ein wissenschaftliches Mäntelchen umzuhängen.

Sie kommt aus einer Ecke, die uns auch "Rauchen ist gesund" und "Menschengemachten Klimawandel gibt es nicht" brachte.
54) Dieses Art Denken hat sich in den USA schon stark etabliert. Ein Writing Buddy, sie lebt in Memphis, erzählte beispielsweise, dass Libertäre verhindern, dass die Stadt ein Radwegenetz aufbaut. Weil 'sowas funktioniert in staatlichen Händen nicht'.
55) Man darf gerne die Ironie bemerken, dass solche Einwände natürlich nicht gegegen das Straßennetz für Autos vorgebracht werden.

Warum hole ich so weit aus?

Weil ich versuche, auf die Konsequenzen einer stringent libertären Gesellschaft hinzuweisen.
56) Es wird nämlich schwer bis unmöglich, die Gesellschaft und das Zusammenleben zu gestalten, wenn die demokratisch gewählten Strukturen zunehmend entmachtet werden.

Wenn sich eine Gesellschaft nur noch aus einer Vielzahl Entitäten zusammensetzt, Privatleute und Unternehmen.
57)
Und wenn Interessen vor allem dann durchgesetzt werden können, wenn man die Macht hat (sprich Geld, Land, Einfluß) hat, das zu tun.

Eine konsequent libertäre Gesellschaft ist maximale Freiheit …

… man muss sie sich nur leisten können.
58) Okay, libertärer Thinktank da, unsere Regierung hier. Würden die nicht gegen ihre eigenen Interessen agieren, wenn sie quasi einer Ideologie folgen, die sie selbst entmachten will?
59) Ich denke: nicht unbedingt.

Was wiederum auch die USA zeigen, ist, dass die Regierung zwar weniger eingreift, aber das vor allem im öffentlichen Sektor, der ja sowieso nur kostet und dem Pöbel dient.
60) Der Einfluß, die Wirtschaft in die richtige Position zu bringen, der existiert weiterhin.

Aber eigentlich ist man nicht mehr verantwortlich dafür, dass die Gesellschaft an sich funktioniert. Denn der Markt regelt.
61) Und der Markt möchte aktuell auch gerne regeln. Und zwar - meiner Ansicht nach - gegen seine eigenen Interessen.
62) Was eben genau das Problem ist, wenn man die demokratischen Strukturen einer Gesellschaft aushebelt, die in der Lage wären zu gestalten und einen Überblick über das größere Bild zu haben.

63)
Man verliert JETZT Geld. Der nächste Quartalsabschluß wird schlecht ausfallen.
Man hat JETZT keine Gäste.

Man sieht nicht die Probleme, die in einem halben Jahr auf einen zukommen. Man sieht nicht, dass die Gäste JETZT die Sommersaison verunmöglichen.
64) Das ist das unterkomplexe Denken. Das auch bei Leuten aus der Wirtschaft mit starkem Interesse ihre Unternehmen am Laufen zu halten, fehl am Platz ist.

Aber da kann man es noch akzeptieren, denn man hat ja noch eine demokratisch gewählte Struktur, die genau das tun sollte:
65)
a) gestalten
b) den Überblick über größere Entwicklungen behalten
66) Nur, gestaltet unsere Politik noch? Deutschland war miserabel auf die Pandemie vorbereitet.

Nicht nur existierten keine Reserven an persönlicher Schutzausrüstung, Medikamenten und für Tests notwendigen Chemikalien -
67)
mir scheint, es gab auch absolut kein Konzept, kein Planspiel, wie man unsere Gesellschaft und die Wirtschaft über eine längere Phase des Ausnahmezustands bringen könnte.
68) Statt die Ausnahmesituation zu gestalten, und ihrer Herr zu werden, blieb es daher auch beim Reagieren.

Lediglich die üblichen Lobbys haben ihren Einfluß genutzt und Menschen haben sich bereichert.
69) So hat ein Spekulant sich bei der Lufthansa eingekauft, in der Erwartung der Staatsgelder.
Die dann auch kamen, auch, wenn der weitere Verlauf nicht unbedingt war, den sich besagter Spekulant gewünscht hatte. Ich gehe davon aus, Verluste hat er dennoch nicht gemacht.
70) Stellen gestrichen hat die Lufthansa dann trotz der Staatshilfen. Und sie fliegt aktuell Urlauber nach Malle, in dem unterkomplexen Denken, dass sie JETZT Umsatz machen muss und wen schert der Verlauf der Pandemie.
71) Die Regierungszeit Merkels war durch verwalten geprägt - und zwar den Mangel - nicht durch Gestalten.
Das derzeitige politische Personal hat sich nicht durch innovatives Denken oder merklichen Gestaltungswillen auf die Positionen vorgearbeitet.
72) Impulse kommen von Aussen, eben maßgeblich durch Lobbys.

Nur genau dieses Gestalten bräuchten wir jetzt. Kurzarbeitergeld ist nur ein Aspekt. Kleinunternehmen und Selbstständige stehen völlig alleine da. Es fehlt der Wille, der Gedanke alle mit rüber zu nehmen.
73) Die Schulen sind in einem erbärmlichen Zustand und eben auch nicht auf eine Krise vorbereitet gewesen. Und auch das führt zurück zur Ideologie. Nämlich Austerität.
Für die Gesellschaft. Für kleine Betriebe. Nicht für die Großwirtschaft, die eine Finanzspritze braucht.
74) Aber einmal wäre natürlich sehr viel mehr Geld nötig, wenn man lange nichts investiert hat, um den Investitionsstau jetzt auch nur halbwegs zu beheben. Auf der anderen Seite passt zum Weltbild. Dafür ist man nicht zuständig.
75) Es ist sehr, sehr viel einfacher, wenig Geld auszugeben, wenn man sich für die Dinge, die Geld kosten, nicht zuständig erklärt.
76) An der Stelle, denke ich, treffen die Ideen der Great Barrington Deklaration auf die Interessen unserer (Landes-)Regierungen.

Die eine Seite findet, man solle das Gestalten der Wirtschaft überlassen, die andere will nicht gestalten.
77) Sie will das tun, was sie gut kann. Die Wirtschaft glücklich machen, das Land so lala am Laufen halten und sich selbst ein bisschen bereichern. Macht doch jeder, oder?
78) Beide zusammen denken unterkomplex und beschäftigen sich nur mit dem Problem direkt vor der Nase und nicht damit, wie es über Monate, Jahre und Jahrzehnte weitergehen soll.
79) Die Situation sieht, meiner Ansicht nach, nicht gut aus. Und das nicht nur, weil es jetzt einen starken Anstieg an Infiziertenzahlen geben wird.

Erneut, dank unterkomplexem Denken.
80)
Weil weder die Regierung, noch die Thinktanks hinter der Great Barrington Deklaration hinreichend weit vorausblicken.
Macht, die alles dafür tut, die Macht zu konsolidieren. Die sich aber auch für "too big to fail" hält.
81) Die es sich nicht vorstellen kann, an Einfluß zu verlieren.

Aber ich könnte mir vorstellen, dass wir uns mit interessanten Nacheffekten der Pandemie beschäftigen dürfen.
82) Es zeichnet sich jetzt schon ab, dass Länder, die strikter vorgegangen sind, wirtschaftlich besser dastehen.

Länder, die das Pandemie-Bullshit-Bingo nicht durchgespielt haben, haben sich in eine bessere Nach-Pandemie-Position gebracht.
83) Wann gab es eine bessere Gelegenheit, um den bisherigen Wirtschaftsmächten ein bisschen Boden abzunehmen? Ich bin sicher, zumindest China wird diese Chance nutzen. Wahrscheinlich nicht nur China.
84) Dann gehe ich davon aus, dass wir einen gesellschaftlichen Nachhalleffekt haben werden.

Das Vertrauen in unsere Regierung ist hin und zwar eben nicht bei den "Querdenkern", sondern bei denen, die 'systemrelevant' sind.
85) Das, und auch das freie Agierenlassen der Querdenker, wird längerfristige Auswirkungen auf die Gesellschaft haben. Ich denke, dass viele Menschen deutlich weniger Interesse haben, sich jetzt noch zu engagieren. Oder systemrelevante Berufe zu ergreifen.
86) Ich kann mir im Moment nicht vorstellen, dass es nach der Pandemie eine Aufbruchsstimmung geben wird.

Länder dagegen wir Neuseeland, Australien, auch sie haben Probleme und teils realitätsleugnende Politiker, die sich den Problemen der Zukunft nicht stellen wollen.
87) Aber ich bin überzeugt, dass diese Pandemie und die Reaktion darauf, etwas mit den Leuten macht. Das dort gerade der Kitt der Gesellschaft gestärkt wird. Während unserer bröckelt.
88) Stimmt, ich habe noch einen Grund vergessen, aus dem ich denke, dass man hier lieber das Land sehenden Auges an die Wand fährt, als sinnvoll zu reagieren. Ich habe ja schon gesagt: Ideologie.
89) Das Problem einer Ideologie ist ja, dass man ihr sogar dann anhängt, wenn es gute Daten gibt, dass man falsch liegt.
Weil es nicht um die Realität geht, sondern um die eigene Vorstellung der Realität.
90) Daher denke ich, dass unterkomplexes Denken und die Konzentration auf die Probleme vor der Nase ein Faktor ist, aber nicht der einzige.

Erneut: es gibt Probleme, die müssen demokratische Strukturen lösen, oder alle leiden.
91) Warum riskiert man aber dennoch eher mitzuleiden, als ein Problem grundlegend anzugehen?

a) man geht davon aus, dass es einen selbst nicht betreffen wird, bzw. man sich dann einen Ausweg erkaufen kann.
b) wenn man etwas auf eine Weise löst, die nicht der Ideologie entspricht ... es ist sehr schwer einmal geschaffene Fakten wieder abzuschaffen.
92) Wenn die Gesellschaft jetzt zusammenkäme, ein Netz schaffen würde, das kleine Unternehmen auffängt, solidarisch mit zusammengebissenen Zähnen die letzten Meter durchhält ...
93)

... hinterher stünden wir vor der Frage: wir haben eine bessere Gesellschaft geschaffen, warum sollten wir es jetzt wieder machen, wie davor?
94) Passendes Fundstück von @Semilocon.
Eine angemessene Pandemiereaktion würde die vorherrschende Ideologie beschädigen.

95) Einen Aspekt habe ich noch vergessen: Persönliches Beleidigtsein.

Sowohl Politik als auch Teile der Wirtschaft, als auch "Querdenker" sind beleidigt.

Man hat sich daran gewöhnt, dass wir Herr über die Natur sind, mit maximal punktuellen Rückschlägen.
96) Auf einmal ist die Natur wieder Herr über uns.
Jetzt bockig nichts zu tun, vor allem, wenn das dann noch in anderen Zusammenhängen gut in den Kram passt, passt ins Bild.
97) Noch ein Nachgedanke: In der Begründung der Pandemiereaktionen von Streeck, aber auch bei Tegnell und seinem Mentor, findet man immer wieder die Aussage, dass die Gesellschaft ja nicht in der Lage sei, längere Einschränkungen durchzuhalten.
98) Ich finde das sehr interessant, vor allem im Zusammenhang mit den Menschen, die sich wünschen, von der Regierung nicht gegängelt zu werden, sondern mehr Eigenverantwortung zugestanden zu bekommen. Die dann auch meist Fans des 'schwedischen Wegs' sind.
99) Da sehen Virologen und Epodemiologen ihre Mitbürger also als egomanische Hedonisten, die nicht in der Lage sind, sich mal eine Weile aus gutem Grund einzuschränken.
Mit der Impulskontrolle eines Kleinkindes.
Ja, so 'erwachsen' will ich auch unbedingt behandelt werden. 😏

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22 Mar
Noch so ein paar Schmankerl aus dem Zentralen Impfzentrum Offenburg:
Das läuft wirklich alles wie am Schnürchen. Und obwohl es ja wirklich die absolute Fließbandarbeit ist, waren alle superfreundlich und wirkten entspannt. Absolut keine typisch-deutsch gereizte Massenabfertigung
Beim Arzt, Abfrage der Medikamente:
"Elvanse."
"Das kenne ich gar nicht. Gegen Blutdruck?"
"Nein, ADHS."
"Ach ..." *große Augen*

😏
Ja, dicke Frau, klar kriegt sie was gegen Blutdruck, ne? ;)
Ewig lange Liste von Nebenwirkungen und was alles passieren könnte runtergerattert.

Dann mit etwas zurückhaltendem Tonfall:
"Und wollen sie die Impfung?"

"JA!"

😏
Read 6 tweets
15 Mar
So, nochmal zu #AstraZeneca. Hoffentlich etwas kohärenter, aber ich bin immer noch Scheißwütend.

1. Ich bin überzeugt, dass PEI arbeitet nach bestem Wissen und Gewissen. Ich bin überzeugt, dort sitzen unsere Top-Fachleute.
Ich bin überzeugt, sie arbeiten mit den besten Daten, die sie haben.

Ich habe vom PEI den Eindruck einer zuverlässigen Behörde und ich halte es für unabhängig und sehr wahrscheinlich nicht käuflich. Das habe ich erst vor wenigen Tagen auch so formuliert.
2. Dennoch kann ich die Entscheidung heute für fehlgeleitet halten. Und ich finde, als betroffene Bürgerin habe ich auch ein Recht darauf, zu erfahren, wie sie zustande kam.
Genauer: ich habe das Recht zu erfahren, wie die unterschiedlichen Risiken gegeneinander abgewogen wurden.
Read 15 tweets
13 Mar
#SzenenEinerEhe
Pandemie-2-bis-3-Wochen-Vorratseinkauf. Den Kühlschrank vorher aufzuräumen (und mal zu putzen) war ein schöner Plan, blieb aber ein Plan.
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>>
Bernd möchte noch Getränke kalt stellen.

*Geräusche von aus dem Kühlschrank fallenden Gegenständen*

Bernd: Vielleicht sollte man ein Tetris schreiben, bei dem einen die Steine entgegen fallen.
Mela: Auja, wo nicht die größte Gefahr ist, oben anzustossen, sondern MAN STIRBT.
>
Mela: Fang schon mal an und dann werden wir reich.
Bernd: Dann sollte ich aber vorher, für die Verwaltung der Tetris-Steine ein Filesys ...
Mela: Nein! Wir hatten darüber gesprochen!

mela.de/blog/2015/03/2…
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11 Mar
Mir gibt die derzeitige schlechte Presse von AstraZeneca zu denken. Und zwar nicht im Sinne von "da ist was faul mit dem Impfstoff".
Der Impfstoff wird seit Anfang des Jahres in UK verimpft. Zuerst an ältere, oft vorerkrankte Menschen.
In Europa wurde er einen Monat später zugelassen.
Es gab also schon einen Monat Vorlauf in UK und eigentlich hinreichend viele Impfungen, als das Probleme hätten auffallen können.
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Man könnte also sagen: Naja, vielleicht kehren die das unter den Tisch.

Aber: es gibt immer noch den Buschfunk. Und es gibt die UK-Behindertenorganisationen. Viele Menschen mit Behinderungen bekommen in UK auch AZ.
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11 Mar
Wisst ihr, was ich als positive Message von der ganzen Stöcker-Sache mitnehme?
Erst mal die Ausgangsbasis. Sollte ich da irgendwas falsch im Kopf haben, bitte korrigiert mich:
- er ist Mediziner & Laborspezialist
- hat in diesem Bereich auch gelehrt
- hatte ein Labor-Unternehmen
- hat zahlreiche Patente
- eine Suche nach seinem Namen führt auf Google Scholar zu über 1000 Ergebnissen.

Daraus schließe ich für mich: der Mann kennt die wissenschaftliche Methode & er weiß um das wissenschaftliche Publikationswesen bescheid.
Nur, bei seinem "Impfstoff" verzichtet er nicht nur darauf, den Weg einzuhalten. Statt dessen schickt er, was er hat, an den SARS-CoV-2-Promi per se, an Christinan Drosten.
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10 Mar
Gerade zu Ende gelesen "Soulstar" von @clpolk. Das letzte Buch im Kingston Cycle.
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