Im Dezember 2019 kündigte die EU Kommission ihren EU Green Deal an. Die EU solle klimaneutral werden – bis 2050. Fundament sollte das EU Klimaschutzgesetz werden, dass dieses Ziel in einen gesetzlichen Rahmen gießt – inklusive 2030-Ziel.
Im März 2020 stellte die EU Kommission dieses Gesetz vor. Auf einigen wenigen Seiten stand dort: Bis 2030 EU weit -50 bis 55% weniger Treibhausgase – netto (also mit Senken), Klimaneutralität 2050 (EU-weit, nicht jedes Mitgliedsland), einige kleinere Eckpunkte.
Die Warnungen kamen aus allen Ecken der deutschen Industrie: schwierig, nicht überziehen, Herausforderung, wird alles sehr viel. Ganz vorne: BDI und VDA als Sprachrohr des Bundeswirtschaftsministeriums.
Die Kommission kündigte an bis Oktober 2020 ein Impact Assessement zu machen. Es sollte einfach geklärt werden, was 50 bis 55% weniger Treibhausgase bis 2030 für die EU-Wirtschaft bedeutet. Im Grunde stand aber schon fest, dass alles geht – typische Nebelkerze.
So kam es dann auch: -55% netto ohne Probleme machbar. Je nach lesart sogar 58%. Andere Thinktanks gingen sogar weiter und eine Studie der Grünen belegte einmal mehr: 60% ohne Senken bis 2030 wirtschaftlich sogar besser für die EU.
Denn was wir immer wieder vergessen: weniger Treibhausgase bedeutet einfach eine modernere Wirtschaft. Ergo: mehr Investitionen & Co. Es geht bei diesem politischen Geplänkel nur darum, wie viel Subventionen die Industrie bekommt.
Und so warnten BDI, VDA & Co – samt Wirtschafts- oder Verkehrsministerium – auch direkt, man müsse das genau prüfen mit den -55% EU-weit. Peter Altmaier & Co weigerten sich beharrlich, die 55% auf die deutschen Klimaziele zu spiegeln. Fest stand: -55% bedeutet -65% für DE.
Im Oktober 2020 beschloss dann das EU-Parlament mit einer Mehrheit ohne CDU/CSU & FDP (EPP & Renew, wobei FDP gegen ihre eigene Fraktion stimmte) ein Klimaziel von -60% (ohne Rechentricks), Treibhausgasbudget, Klimarat, Aus für fossile Subventionen & weitere Maßnahmen.
Die Konservativen waren außer sich. Todesstoß für die Industrie, Klimadiktatur, Green Deal auf Eis legen uvm. Die FDP fuhr diese Schiene komplett mit. Hier muss man die SPD loben, die den Beschluss mit trug.
Die Industrie wiederum schäumte natürlich.
Im Dezember 2020 beschlossen die EU Staats- und Regierungschef*innen dann ein Klimaziel für die EU von -55% netto. Das war das Verhandlungsmandat für den EU-Rat, der die nun anstehenden Verhandlungen zum Klimagesetz führen musste.
Es gab 2 Positionn:
- 60% ohne Tricks = Parlament
- 55% mit Rechentricks = EU-Rat
Letzteres bedeutete -65% für DE, also das, was jetzt kommen soll.
Natürlich setze sich der Rat durch, weil das Parlament dafür noch keine Machtposition inne hat. Zwar wurden einige Beschlüsse vom Oktober 2020 mit eingebracht (Klimarat), aber im Grunde änderte sich nichts. Denn: Wirtschafts- und Verkehrsministerium in DE verhinderten dies!
Am Ende feierte sich die EU für ein Klimagesetz, dass nur eine Notlösung sein kann, aber kein starker Klimaschutz.
Nun feiert sich die Bundesregierung für ihre Tatkraft nach dem Verfassungsurteil. Eigentlich aber ist sie seit jeher der Bremsklotz – und zwar in der EU.
Ich kann Union und SPD beim Klimaschutz nicht ernst nehmen. Es ist ein guter Narrativ, den sie jetzt setzen. Dieser aber speist sich aus der Unwissenheit der Vielen, weil oftmals kaum jemand versteht, was in der EU abgeht. Es ist gut, dass sie sich bewegen. Aber mehr nicht.
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Nachdem der BDI erfolgreich das starke Klimaziel auf EU-Ebene von 60% ohne Rechentricks unter der Schirmherrschaft Peter Altmaiers vehrinderte, kann er diese Forderung natürlich stellen, weil die BRegierung sowieso ihr Klimaziel erhöhen muss.
Der BDI fordert also lediglich eine sowieso von der EU bald vorgebene Anpassung, die die Erneuerbaren treffen wird. Gleichzeitig schießt er jetzt schon massiv gegen eine starke & notwendige Reform des ETS mit einem hohen CO2-Preis für 2030.
Der BDI – ak a Wirtschaftsministerium – setzt sich vom Narrativ her lediglich in den Zug von Altmaier, Scholz und bald auch Merkel auf, die ein bisschen Anpassung fordern aber am Status Quo und vor allem an der Einhaltung des Pariser Klimaabkommens wenig ändert.
2️⃣ EU-Parlament zerlegt demokratischen Prozess in mehreren Abstimmungen.
3️⃣ Zu wenig Ressourcen (Geld) für EU-Journalismus in den Redaktionen.
4️⃣ Corona verschärft Situation der Journalist:innen (Kurzarbeit)
1️⃣
Es scheint 2 Lager von Abgeordneten zu geben.
Lager 1: Schießen jeden 2. Tag eine Pressemitteilung zu allem und nichts heraus.
Lager 2: Konzentrieren sich aufs Wesentliche.
Lager 2 ist in der deutlichen Minderheit.
Und die Öffentlichkeitsarbeit der Abgeordneten?
1. Die Abstimmung zur #GAP kam für viele Medien überraschend. Aufgabe der Abgeordneten muss es sein, hier früher zu kommunizieren.
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2. Das EU-Parlament bekleckert sich mit geteilten Abstimmungen und dadurch Unübersichtlichkeit nicht mit Ruhm. Das zerbröselt das Vertrauen in die Demokratie.
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3. Die Journalist:innen haben kaum eine Chance (aufgrund der begrenzen Ressourcen), sich in die Themen einzuarbeiten. Kritische Frage sind kaum zu vernehmen. Es ist eher eine Abhandlung von Ereignissen, ohne den Gesamtkontext zu betrachten.
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