Thread by @eslauritaa

Wie sich der Nahost-Konflikt auf die jüdische Gemeinschaft in Deutschland auswirkt - Ein langer Thread:

In meinem jüdischen Bekanntenkreis breitet sich Unbehagen aus. Denn jedes Mal, wenn die Lage im Nahen Osten abzeichnet, wissen sie, sie werden beschäftigt sein. 1/15

Die, die keine Israelis sind, aber zuletzt einen Throwback zum Strand in Tel Aviv gepostet haben. Die, die keinen Abschluss in Politikwissenschaften haben, aber den Kopf schütteln, wenn zum 4. Mal in 2 Jahren gewählt wird. Die, die gar keinen Bock auf das Thema haben. 2/15

Die, die sich als Zionist:innen bezeichnen, nicht aus der Sehnsucht heraus, eine andere Gruppe zu unterdrücken, sondern weil niemand in ihrer Familie in den letzten 4 Generationen im gleichen Land geboren wurde. 3/15

Die, die in Ruhe gelassen werden wollen & wissen, dass sie trotzdem gefragt werden. In der Arbeit, Schule, Uni, im Fitnessstudio. Die, deren Kippa zum Symbol der Unterdrückung erklärt wird. Die, die sich kritisch zu in #SheikhJarrah äußern. Die, die sich gerade streiten. 4/15

Jüdische Personen, egal wie politisiert oder positioniert sie sind, unabhängig davon,
ob sie sich jemals zu #Israel geäußert haben oder ob sie progressiv oder konservativ sind, werden als Adressant:innen in die Pflicht genommen. 5/15

Sobald sich eine eskalierende Entwicklung abzeichnet, informieren sie sich hastig, versuchen sich eine Haltung anzueignen, um nicht ohne Argumentation dazustehen, wenn sie mal wieder gefragt werden: „Was passiert da eigentlich BEI EUCH, in Israel?“ 6/15

Während in Feuilletons diskutiert wird, ob Israel überhaupt noch kritisiert werden darf, ob es wirklich israelbezogenen #Antisemitismus gibt, entlädt sich eine Aggression, die an Menschen adressiert wird, die in der Assoziationskette am nächsten an Israel dran sind. 7/15

„the world needs to see..“ in zahlreichen Posts suggeriert, dass die Situation öffentlich totgeschwiegen wird, während anders als bei anderen Konflikten und genozidalen Verbrechen, alle großen Medien in den letzten Tagen mind. 1 Bericht dazu veröffentlicht haben. 8/15

Ich möchte eines klarstellen:
Ich verurteile jegliche Form von Menschenrechtsverletzungen. Ich kritisiere gleichzeitig, wenn Leute nach einer Manier von performativem Aktivismus auf einen Zug aufspringen, weil es in diesem Konflikt einfacher scheint, Stellung zu beziehen. 9/15

Ich verurteile die rassistischen und extremistischen Entwicklungen in Israel, die diese Eskalation seit Wochen befeuern. Ich vermisse die Verurteilung des Raketenbeschusses auf die israelische Zivilbevölkerung. 10/15

Ich stelle fest, dass Hamasfahnen und andere terroristische Symbole, mit denen im Zuge der Ausschreitungen skandiert wird, von Unterstützer:innen als legitimes Protest-Mittel in Kauf genommen werden, während sie in anderen Kontexten genau wissen, was sie bedeuten. 11/15

Die Gruppen, die die Proteste hierzulande bereits dominieren, interessieren sich weder für palästinensische Leben noch für ethnische und kulturelle Diversität in ihren eigenen Ländern, aber dafür können sie eines: Gemeinsam „SCHEISS JUDEN!“ brüllen. 12/15

Ich möchte nicht, dass irgendeiner anderen jüdischen Person eine Positionierung abverlangt wird, weil wir jüdisch ist. This is real und es wird mit jeder Ausschreitung und seit es Social Media gibt, schlimmer. Die ersten Angriffe auf Synagogen haben schon stattgefunden. 13/15

Ja, wir sind befangen. Ja, einige von uns haben Familie in Israel. Ja, einigen von uns ist es zu viel. Nein, selbst wenn wir etwas dazu posten, möchten wir nicht als vermeintliche Expert:innen in endlose Diskussionen verwickelt werden. 14/15

Bitte checkt mal selber bei euch (und damit meine ich explizit Personen, die weder einen persönlichen Bezug zu diesem Konflikt haben, noch sich anderweitig aktivistisch positionieren), warum ihr ausgerechnet jetzt so interessiert seid. 15/15