Thread by @kainiebert

Wie (un)sozial ist es, dass ich selber für die Folgen meines Handels aufkommen muss, statt sie einfach der Gesellschaft aufzulasten? Medien & Politik kochen gerade über dieser Frage über, am Beispiel des CO2-Preises. Da liegt einiges quer, deshalb der Versuch einer Einordnung: 1/

2/ Seit dem Beschluss des #BVerfG ist Klimaschutz keine Kür mehr, sondern Pflicht. Klimaschutz kann man über den Markt, über Leitplanken und über Investitionen regeln. Über den Weg kann man streiten, muss sich aber ehrlich machen: Alles ablehnen ist nicht mehr verfassungskonform.

3/ Einige Medien (insb. @bild @gaborsteingart) und Parteien (insb. @cdu @fdp) fahren gerade Kampagnen ohne jedoch Lösungen zu haben:
Investitionen: zu teuer!
Verbote: Freiheitsbeschränkung!
Der Markt regelt das – aber Sprit darf nicht teurer werden!
Dialektik oder Verweigerung?

4/ Doch auch von @dieLinke und @spdde bekommen immer wieder kalte Füße (Spritpreisbremse!). Doch auch hier ist klar: Klimaschutz ist nicht (mehr) verhandelbar. Und wie gerechter Klimaschutz geht, haben gerade noch mal @bund_net und @Paritaet aufgezeigt:
der-paritaetische.de/alle-meldungen…

5/ @naturschutzring hat klar gemacht: Wir wollen starken Klimaschutz, aber keine kalte Dekarbonisierung. Klimaschutz nur über CO2-Preis halten wir für falsch. Deshalb fordern wir konkrete Maßnahmen. dnr.de/positionen/202…
Aber auch vor CO2-Preis muss man keine Angst haben.

6/ Zur Spritdebatte:
Von 2000 bis 2018 stiegen die Preise für Mobilität wie folgt:
🚍 +79%
🚆+57%,
🚗(Kauf und Unterhaltung): +36%
Gerade der klimafreundliche öffentliche Verkehr, auf den untere Einkommen angewiesen sind, wurde unverhältnismässig teurer.
destatis.de/DE/Presse/Pres…

7/ Die Spritdebatte ist nur zum Teil ein Problem für niedrige Einkommen: 53 Prozent der Menschen mit sehr niedrigem Einkommen besitzen gar kein Auto. Und die großen Emissionen liegen auch hier bei den Reichen.

8/ Dennoch belastet eine CO2-Bepreisung ärmere Menschen stärker als reichere. Ärmere Menschen müssen einen größeren Teil ihres Einkommens für Heizung und Verkehr aufwenden müssen als reichere. Steigende Preise treffen sie hier überproportional. Dafür braucht es Lösungen.

9/ Der Umstieg auf effizientere oder CO2-arme Alternativen, wie etwa energiesparende Heizungen, ist für sie nur begrenzt finanziell machbar und kann zu sozialen Verwerfungen führen. Deshalb ist es unverantwortlich, den CO2-Preis nicht zwischen Vermieter & Mieter zu teilen.

10/ Deshalb schlagen Verbände im @naturschutzring Pro-Kopf-Rückerstattung der Einnahmen aus einer CO2-Bepreisung vor, z.B. als Steuergutschrift oder Rabatt bei der Krankenversicherung (funktioniert in 🇨🇭 gut)

11/ Die Menschen im Land befürworten übrigens CO2-Bepreisung, wenn sie richtig gemacht ist. Das haben @Klaus_Mueller @BrigitteKnopf und ich hier schon einmal diskutiert:

https://twitter.com/Klaus_Mueller/status/1393193703989252102?s=20

Der Sachverständigenrat für Wirtschaftsfragen hat übrigens schon in seinem Gutachten 2019 aufgezeigt, dass eine Klimaprämie insbesondere untere Einkommen entlastet.
👉🏽sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/sondergutachte…

10a/ Dass und wie die Einpreisung der Klimaschäden in unser Wirtschaften gerecht gestaltet werde kann, hat auch schon vor zwei Jahren das @bmu in verschiedenen Gutachten gezeigt.

bmu.de/pressemitteilu…

Das @DIW_Berlin konnte in einem Gutachten für das @bmu ähnliche Effekte aufzeigen: Selbst bei einem CO2-preis von 80€/t können mit einer Klimaprämie gerade Haushalte mit niedrigen Einkommen profitieren.

12/ Bevor mir nach meinen Ausführungen zum CO2-Preis jemand vorwirft, doch marktgläubig zu sein: Ich streite im @naturschutzring dafür mit dem CO2-Preis Fehlanreize zu beseitigen. Lenken sollten wir den Klimaschutz über Leitplanken und Investitionen:

👉🏽Sanierungsquote auf 3 Prozent steigern. Dafür braucht es Ausbildungsoffensive für das Handwerk.
👉🏽Solarpflicht für alle geeigneten Dächer bei Neu-, Umbau und Sanierung
👉🏽Effizienzstandards anheben: Nebau auf Effizienzhaus 40-Standard, Sanierungen auf Effizienzhaus 55-Standard

👉🏽Zulassungsstopp für Pkw mit Verbrennungsmotoren, inklusive Plug-in Hybride vor 2030.
👉🏽 Tempolimit von 120 km/h auf Autobahnen, von 80 km/h auf Landstraßen und 30 km/h innerorts gelten.

👉🏽Moratorium für den Neu- und Ausbau von Autobahnen und Bundesstraßen
👉🏽sofortiges Verbot für neue Ölheizungen
👉🏽ab 2025 Verbot des Einbaus reiner Gasheizungen
👉🏽Abschaffung klima- und umweltschädlicher Subventionen

Vor allem aber:
👉🏽jährliche Zubaurate von mindestens 7 GW Windenergie an Land und mindestens 10 GW Photovoltaik bis 2030
👉🏽Kohleausstieg entlang steigender CO₂-Preise rechtsverbindlich für 2030 absichern.