In letzter Zeit war hier öfters Thema, womit man konfrontiert ist, wenn man Demos dokumentiert. Von systematischer Behinderung der Arbeit bis zu physischer Gewalt. Ich ergänze das mal um eine Perspektive, die sonst außen vor bleibt: Was heißt es, diese Arbeit als Frau zu machen?
Ja, das macht einen Unterschied. Wenn man als Frau & Feind gleichermaßen wahrgenommen wird, ist der Umgang ein anderer als bei Männern. Ein paar Beispiele zur Veranschaulichung. Für den weiteren Thread: [tw Gewalt; tw sexualisierte Gewalt]
Rechtsextreme wollen vom Arbeiten ablenken/abhalten? Bedeutet anzügliche Kommentare, Spekulationen über Beziehungen & Sexualität, bedeutet diverse Phantasien auf sich projiziert & mitgeteilt zu bekommen. Nicht statt der üblichen Strategien von Abschirmen über Abdrängen bis zu
Angriffen, sondern parallel dazu. Sie wollen einem Drohen, einen Einschüchtern? Dann gibt es zwei zusätzliche Optionen: Entweder die Familie bedrohen oder sexualisierte Gewalt androhen. Es gibt ein Video mit fünfstelligen Viewzahlen in dem ein rechtsextremer Kader damit prahlt,
zu wissen wo meine Familie lebt, dort leicht Schaden anrichten zu können. Auf einer Demo hieß es jüngst, man werde Verwandte von mir abpassen & zusammenschlagen. Inklusive der Info, über welche Behörden man sich deren Daten beschafft hätte.
Können das nicht leere Drohungen sein? Natürlich. Würde ihr bei eurer Familie darauf vertrauen? Auch noch, wenn ihr schon Drohungen an der eigenen Wohnungstür und Arbeitsstelle vorgefunden hättet?
Die sexualisierten Drohungen gehen von vagen Andeutungen, wie man denn vorhabe, sicher nach Hause zu kommen bis zu sehr expliziten und konkreten Androhungen - ich erspare euch und mir die Details.
Eine besondere Art Hass bekommt man zusätzlich ab, wenn man in ihr Frauenbild passt, also jung, weiß, blond whatever ist. Dann gilt man zusätzlich als Verräterin an der eigenen Bestimmung, im besten Fall als irregeleitet, ignorant oder realitätsfremd.
Das zeigt sich idR in Form von Vergewaltigungsphantasien oder -wünschen. Quasi als politische Erziehung Zwei Beispiele von den letzten beiden Demos der "Identitären".
1. Yppenplatz-"Gedenken": Ein Mann schimpft, wie verblendet ich sei. Es hätte mir gut getan, wenn ich auf eine Simmeringer Hauptschule mit hohem "Ausländeranteil" gegangen wäre. Wenn man mich dort auf dem Schulklo vergewaltigt hätte.
2. IB-Abgesang auf der Freyung: Ein Typ mit Schirm kündigt an, in ein paar Jahren würde mich "der N**** vergewaltigen". Dann würde ich schon sehen, was ich von meiner Politik habe.
Strategien: Wenn man also als Frau auf solchen Kundgebungen arbeiten will, muss man damit einen Umgang finden. Man muss nochmal so einiges zusätzlich beachten, überlegen, planen, verarbeiten usw. Muss mehr Sicherheitsüberlegungen treffen, muss mit seinem Gewissen vereinbaren,
dass Menschen die man liebt in Gefahr geraten könnten und muss es schaffen, sich all das oben Beschriebene über Stunden anzuhören und 1. trotzdem ruhig weiterzuarbeiten + 2. einen Weg finden, das nicht an sich ran zu lassen.
Warum ich das alles schreibe? Weil es normalerweise niemand mitbekommt. Weil Doku in der Tendenz eine ziemliche Männerdomäne ist und gar nicht mal so viele die Perspektive aufzeigen können. Und weil solche Grauslichkeiten sehr viel über die dahinter stehende Ideologie aussagen.
Wichtig ist mir noch: Das ist nur meine Perspektive. Zusätzliche Formen dieser Bedrohungslage treffen z.B. WoC, treffen queer-gelesene Personen und generell Frauen & andere FLINTAs, die weniger oder nicht ins Bild der Rechtsextremen passen.
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Weil viele Fragen, wie die Situation auf der Wiener #mayday21 so spät noch & so schnell eskaliert ist, versuche ich mal eine mini-Chronologie zum Polizeieinsatz. Subjektive Wahrnehmung ohne Gewähr & Vollständigkeit versteht sich. #w0105
Die Mayday war zu dem Zeitpunkt schon an ihrem Endpunkt angekommen. Sie ist bis dahin komplett ruhig verlaufen. Geplant war nur mehr eine Schlusskundgebung im Park. Während der Abschlussreden wurde auf einem Baugerüst an der Votivkirche ein Banner gehisst. Dann ging es los.
Polizeieinheiten sind vor der Demo zur Kirche gelaufen, um die Aktivisten beim Hinunterklettern vom Gerüst abzupassen. Ein Teil der Demo ebenso. Dort standen zwei Personen, die zuvor auf den Coronademos waren. Einer hat in dieser Situation Linke mit Pfefferspray angegriffen.
Jene Maoisten, die auf der letzen Coronademo neben Rechtsextremen gelaufen und ihnen gegenüber abgestritten haben, Linke zu sein, konnten auf der kommunistischen 1. Mai Demo in Wien übrigens nicht nur mit Bannern mitlaufen, sondern auch eine Rede halten. Wieso auch immer..
Ich weiß, am ersten Mai hat jede linke Sekte ihren Platz, aber wer mit Faschos marschiert, sollte zumindest irgendwelche Konsequenzen in der Linken merken, oder?
Das sind Demos, aus denen heraus Linke physisch attackiert werden und das regelmäßig. Auch während die Maos vor Ort waren (wars nett, zuzuschauen?). Demos, auf denen die extreme Rechte den Ton angibt und literally Neonazis mitlaufen.
Ein kleiner Reminder zum Thema Aussageverweigerung - Weil bei dem Thema viel als Selbstverständlich gilt & gar nicht mehr behandelt wird, aber nur sehr wenig selbstverständlich ist:
Wenn du sagst „Ich habe damit nichts zu tun und möchte deshalb nichts dazu sagen“ dann ist das eine Aussage.
Wenn du sagst „Ich weiß nichts davon“, dann ist das eine Aussage.
Hey linke SPÖler_innen: Dieser Zeitpunkt auszutreten, auf den alle zu warten scheinen, den habt ihr lang verpasst. Wie oft wollt ihr euch noch von der Partei zeigen lassen, dass euer Wort & Engagement ihr nichts wert ist? Dass es mit der Veränderung von innen heraus nichts wird?
Wie viele Chancen wollt ihr der Partei noch geben, wie viele „Neuanfänge“ mittragen, die eigentlich nur ein Wechsel der Machtclique sind? Wie lange wollt ihr noch auf die immer versprochene innerparteiliche Demokratie warten, um dann doch wieder alles aus den Medien zu erfahren?
Wir sind 2012 schon in den Jugendorganisationen gesessen und haben uns gedacht „Puh, da können wir eigentlich nicht mit. Aber irgendwer muss ja Druck nach links machen.“ Seither ist nichts besser geworden, aber allzu viele sind weiter mitgegangen.
[Thread] In Wien könnte ein massiver Angriff auf die Versammlungsfreiheit bevorstehen. Sozialdemokratie & Wirtschaftskammer verhandeln ein „neues Modell“ für Demonstrationen. Im Namen wirtschaftlicher Interessen sollen Verfassungsrechte beschnitten werden. Was bisher bekannt ist:
Wiens Bürgermeister Michael Ludwig hat in einem Interview seine Vorstellungen für Änderungen bzgl. Kundgebungen in Wien präsentiert . Er fordert darin weitreichende Einschränkungen der Versammlungsfreiheit & erklärt, dass die Verhandlungen dazu bereits laufen.
Gespräche führt er jedoch ausschließlich mit Wirtschaftskammer & Polizei. Die Interessen der Zivilgesellschaft oder Einschätzungen unabhängiger Expert_innen spielen in diesem Prozess bisher keine Rolle. Konkret geht es um Folgendes: