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[Thread] In Wien könnte ein massiver Angriff auf die Versammlungsfreiheit bevorstehen. Sozialdemokratie & Wirtschaftskammer verhandeln ein „neues Modell“ für Demonstrationen. Im Namen wirtschaftlicher Interessen sollen Verfassungsrechte beschnitten werden. Was bisher bekannt ist:
Wiens Bürgermeister Michael Ludwig hat in einem Interview seine Vorstellungen für Änderungen bzgl. Kundgebungen in Wien präsentiert . Er fordert darin weitreichende Einschränkungen der Versammlungsfreiheit & erklärt, dass die Verhandlungen dazu bereits laufen.
Gespräche führt er jedoch ausschließlich mit Wirtschaftskammer & Polizei. Die Interessen der Zivilgesellschaft oder Einschätzungen unabhängiger Expert_innen spielen in diesem Prozess bisher keine Rolle. Konkret geht es um Folgendes:
Ludwig will, dass Polizei und BMI gemeinsam mit der Stadtregierung "neue Demo-Routen durch die Innenstadt" ausverhandeln. Außerdem soll es „mehr Standkundgebungen“ geben. Das heißt im Klartext: Abschaffung der freien Wahl des Versammlungsortes und Versammlungscharakters.
Wer in Wien wo und wie demonstrieren darf, sollen künftig Beamte und Politiker entscheiden. Mit VersammlungsFREIHEIT hat das nur mehr wenig zu tun. Ganz nebenbei erwähnt Ludwig, dass in Zukunft zusätzlich eine Genehmigung notwendig sein soll, um eine Kundgebung abzuhalten.
Bisher muss man diese lediglich 48 vor Beginn polizeilich anzeigen. Die Polizei darf Demos bloß bei Vorliegen besonderer, wesentlicher Gefahren für die Öffentlichkeit eine Untersagung aussprechen. Und auch dagegen gibt es Rechtsmittel.
Was wird wohl passieren, wenn Behörden hier so viel mehr Macht bekommen? Wenn die ohnehin marginale Zivilgesellschaft weiter geschwächt wird? Gesellschaftskritische Positionen werden von belebten Plätzen verbannt, Tür und Tor für politische Willkür geöffnet.
Der Grund für diesen Angriff auf die Versammlungsfreiheit? Interessensvertreter der Wirtschaft kritisieren medienwirksam, dass sie wegen Straßensperren für Demos weniger Umsatz machen.
Finanzielle Interessen einer Handvoll Unternehmer werden hier einem so unbequemen wie essenziellen Grundrecht übergeordnet. Das ist nicht nur potentiell verfassungswidrig und demokratiepolitisch hochproblematisch, es ist vor allem einer Sozialdemokratie unwürdig. Gerade in Wien.
Quellen: Die Interviews und Artikel finden sich in „Kronen Zeitung“ und „Österreich“ (Print!). Im Detail: 1. „Österreich“ vom 02.08.19, S.15 (Ludwig sagt Dauer-Ringsperren jetzt den Kampf an - Neue Demo-Routen sollen kommen), 2. Kronen Zeitung" vom 03.08.19, S.22 (Weniger Demos
am Ring - Bürgermeister für mehr Standkundgebungen) 3. Österreich" vom 05.08.19, S. 3 (Ring-Sperren: Auch Figl für Reform), 4. Österreich" vom 07.08.19, S.3 (Ring-Sperren: Alle für Ludwigs Reform). Wer die Quellen im Detail benötigt oder Fragen hat: Gerne per DM melden.
PS: Interessant auch, wie die SPÖ-Wien hier mit der ÖVP-dominierten Wirtschaftskammer verhandelt & sich die Zustimmung der ÖVP holt, aber gleichzeitig mit keinem Wort ihren derzeitigen Koaltionspartner (=die Grünen) erwähnt?! Bereitet sich da wer auf Rot-Schwarz vor?
