So geht #Hochleistungsmedizin:

Ein Thread.

1/x

M55 bricht daheim beobachtet leblos zusammen. Laienreanimation über sechs Minuten, dann ist der RTW da und übernimmt.
Laut EKG Asystolie, also weiter Herzdruckmassage. Zwei Minuten später ist der Notarzt da.
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Mit vereinten Kräften und Medikamenten bringt man das Herz wieder zum Schlagen. Schwach, erkennbar geschädigt durch einen massiven Hinterwandinfarkt, aber es schlägt.
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Der Patient wird in den herbeigeeilten Helikopter geladen und mit Höchstgeschwindigkeit an vier Kliniken vorbei zu uns in den Maximalversorger geflogen.
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Bei der Landung ist der Patient so instabil, dass die Besatzung ihn nicht in den Herzkatheter bringt, sondern direkt und ohne Vorwarnung in den Schockraum der Notaufnahme.
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Innerhalb von zwei Minuten ist das komplette Schockraumteam da und übernimmt die Erstversorgung. Nach drei Minuten ist klar, dass der Patient höchstgradig kritisch ist und womöglich nicht einmal die 50 Meter in den Herzkatheter überleben würde.
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Hektische Anrufe folgen.
Weitere zwei Minuten später ist das klinikeigene Notfallteam (Dienst-Oberarzt der Anästhesie und zwei Anästhesie-Pflegekräfte) da, dicht gefolgt vom mobilen ECMO-Team - die allerletzte Instanz in der Rettungsmedizin.
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Mit vereinten Kräften werden vier Optionen gleichzeitig vorbereitet, während weiter am Patienten gearbeitet wird:
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1) Transport in den Herzkatheter:
Nur wenn Patient stabil genug, ansonsten weiter mit

2) Herzkatheter-OP direkt im Schockraum:
Riskant weil kein steriler Raum, fraglicher Erfolg weil "nur" mobile Geräte mit weniger Leistung.
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3) ECMO-Anlage, dann in den Herzkatheter:
Rückfalloption, letzter Ausweg.

4) Einstellung der Maßnahmen
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Der OA des Notfallteams - er ist automatisch Leiter des Schockräumen geworden - entscheidet schließlich, ein sich abzeichnendes, winziges Zeitfenster zu nutzen in dem sich der Patient noch einmal stabilisiert.
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Beinahe im Laufschritt geht es ins Herzkatheterlabor, dicht gefolgt von der ECMO - bricht der Patient unterwegs zusammen, wird sie zur Not im Flur angelegt werden.
Der Patient schafft es lebendig in den Herzkatheter.
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Mit Hilfe eines hochmodernen Roboters wird das verstopfte Gefäß wieder befreit. Es werden insgesamt vier Stents gesetzt und der Patient - immer noch von der ECMO verfolgt - auf die Intensivstation gebracht.
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Vom Umkippen bis zum Eintreffen auf Intensiv sind gerade einmal drei Stunden vergangen. 25 Personen haben bis hier alles gegeben, damit der Patient es lebendig auf die Intensivstation schafft.
14/14
Zwei Wochen später kann der Patient auf Normalstation verlegt werden, weitere drei Wochen später wird er in die Reha entlassen.

Und jetzt stellt euch vor, das rettende Intensivbett wäre mit einem an Covid-19 erkrankten, impfverweigernden Reiserückkehrer belegt.

#ImpftEuch

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28 Aug
Ihr kennt ja mittlerweile viele Erzählungen aus dem Normalbetrieb von Notaufnahmen.

Aber was passiert eigentlich bei Katastrophen?

Ein #Thread.

Es beginnt harmlos:
Ein Anruf der Leitstelle, wie wir sie oft kriegen. Man nimmt ab, sagt seinen Spruch - dann endet die Normalität.
Wichtig:
"Katastrophe" heißt in dem Kontext nur, dass in sehr kurzer Zeit sehr viele Menschen behandelt werden müssen.
Es gibt zwei große Gruppen von Szenarien:
Chirurgische und Internistische Großalarme.

Ein Reisebusunfall wäre natürlich ein chirurgisches Szenario, ein Norovirus-Ausbruch im Seniorenheim ein internistisches.
Read 20 tweets
9 Jan
Okay, los geht's mit dem Fall🙃

Ihr arbeitet im Maximalversorger.
Der Notarzt bringt euch einen 63jährigen mit starken Schmerzen im Bein (insbes. im Knie) & deswegen Verdacht auf pathologische Fraktur.
Als er da ist, fällt euch außerdem eine leichte Atemnot auf. Was tut ihr?
Natürlich hat der Notarzt initial die Sättigung gemessen (92% bei Raumluft), aber die Atemnot macht unsere Unfallchirurgen so stutzig, dass sie den Patienten umgehend an die Internisten abgeben.

Diese erheben folgende eigene Anamnese:
Sie nehmen Blut ab, streichen für den Covid-Test ab und verfrachten den Patienten ins Bett.

Was ist nun der nächste Schritt?
Read 14 tweets

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