Ich hatte ja zugesichert etwas zu schreiben, wenn @Skybreaker_OWL die Untersuchungshaft erklärt. Das tut er offenbar gerade (:). Fangen wir aus ganz persönlicher anwaltlicher Sicht an:

In den allermeisten Fällen erfahre ich von einer vorläufigen Festnahme durch die Polizei
Das Gespür lässt einen dann schon vermuten, ob ein Antrag auf Erlass eines Haftbefehls gestellt wird. Die Tendenz ist einfach, je schwerwiegender das Delikt, umso wahrscheinlicher der Antrag auf Erlass eines Haftbefehls. Der erste Kontakt zum Mandanten findet dann bei der Polizei
statt. Und da wird häufig schon die erste Weiche gestellt. Zwei Ding sind nämlich unbedingt zu vermitteln.

a) bei schweren Delikten ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Mandant in Haft geht groß.
b) er sollte dennoch schweigen.

Insbesondere b ist schwierig.
Der Mensch will nämlich reden. Er will seine Sicht erklären und hoft auf diese Weise der drohenden Untersuchungshaft zu entgehen. Zu diesem Zeitpunkt sind aber häufig weder die Ermittlungsakten noch der aktuelle Ermittlungsstand bekannt. Ein reden wäre fatal.
Spätestens am nächsten Tag wird dann der (hoffentlich) schweigende Mandant dem zuständigen Haftrichter vorgeführt. Manchmal ist erst hier ein Blick in die Ermittlungsakte möglich. Aber auch hier gilt, in aller Regel, auch wer sich unschuldig fühlt sollte keine Angaben
zur Sache tätigen. Er befindet sich in einer emotional nicht überschaubaren Ausnahmesituation. Die Wahrscheinlichkeit durch eigene Angaben den Erlass eines Haftbefehls zu verhindern ist vernichtend gering. Anders sieht es bei den Haftgründen aus. Hier lohnt es sich anzusetzen.
Um eines vorweg zu nehmen, auch wenn wir, zum Beispiel durch die Untersuchung von Frau Lara Wolf, wissenschaftlich viel über Haftgründe wissen, macht da jeder Haftrichter im wesentlich "was er will". Insbesondere bei der Fluchtgefahr. Der Verteidigung bleibt hier nur
die soziale Situation des Mandanten dazustellen ("Wohnung, Arbeit, Kinder") und eventuell den Tatverdacht anzugreifen (nicht jeder vorgeworfene Messerstich, nicht jeder Tritt gegen den Kopf ist ein versuchter Totschlag oder gar Mord). Persönlich verwende ich gerne die
Formulierung: "selbst wenn das bisherige Ermittlungsergebnis stimmen würde ist ein dringender Tatverdacht wegen eines versuchten Tötungsdelikts nicht gegeben". Hier ist aber Vorsicht geboten, da man schnell in den Bereich einer Einlassung zur Sache rutscht. Eine Warnung gilt
auch beim Angebot eine Kaution zu stellen um die Fluchtgefahr zu verhindern. Dieses, in Amerika häufigere) Angebot KANN gerade Vorwürfe im Bereich der BtM-Qualität oder der Prostitution stützen ("interessant, woher haben Sie soviel Geld?")

Wird ein Haftbefehl erlassen kann
dieser Außer Vollzug gesetzt werden. Typisch wäre hier eine Meldeauflage bei der Polizei, die Auflage Kontakt zum Opfer zu vermeiden und/oder die bereits angesprochene Kaution. Der Mandant muss dann nicht in Haft sondern sich "lediglich" an die Auflage halten.
Natürlich sollte er auch nicht mehr bei den Ermittlungsbehörden auffallen.

Wenn der Mandant in Haft kommt bleibt grundsätzlich der Antrag auf Haftprüfung und die Haftbeschwerde.
Die Haftprüfung findet in der Regel vor dem Richter statt, welcher den Haftbefehl erlassen hat.
Diese macht Sinn wenn entweder die Haftgründe inzwischen weggefallen sind (zum Beispiel hat der Mandant hat aus der Haft heraus eine Wohnung oder Arbeit gefunden, bei einen leichte oder mittleren Vorwurf) oder eine Einlassung zur Sache im Ermittlungsverfahren ausnahmsweise
abgegeben werden soll (auch hier: Warnung! Eine zu frühe Einlassung ist gefährlich). Die Haftbeschwerde führt zur Entscheidung eines höheren Gerichts über den Haftbefehl. Auch diese ist leider nicht ungefährlich. Kommt das höhere Gericht nämlich zum Entschluss
"ein dringender Tatverdacht liegt vor", gibt es dem Ausgangsgericht nicht selten eine "Segelanweisung" mit, wie eine spätere Verurteilung aussehen könnte. Der Instanzrichter muss dann nur noch "abhaken". Auch hier ist ein engagierter Verteidiger zur Planung notwendig.
Zum Abschluss des ersten Teils vielleicht: "Warum ist es so wichtig, dass ein Mandant NICHT in Haft geht".

Dafür gibt es, neben dem Freiheitsentzug eines Unschuldigen, für mich zwei Gründe. Es macht bereits emotional einen Eindruck, wenn eine Person in die Hauptverhandlung
stets in Handschellen kommt. Und eine Person die in Haft sitzt wird (erfahrungsgemäß) häufiger zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt. Gerade im Bereich der BtM-Kriminalität kann ein Mensch der nicht in Haft sitzt, bei fehlender Erfolgsaussicht der Freispruchslinie
wunderbar an einer positiven Sozialprognose arbeiten. In U-Haft ist das nicht möglich.

Sozialkritik, die "Macht von Polizei und StA über den Ermittlungsrichter" und die fehlende Waffengleichheit (sowie teilweise Willkür bei der Verdachtsprüfung und den Haftgründen)
sollen später besprochen werden. Bis dahin gilt
a) Ruf beim Notdienst an.
b) Sage/unterschreibe nichts ohne deinen Verteidiger.
c) sei höflich, erinnere dich aber immer wieder an a und b)

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More from @GerwinSigmarson

29 Aug
Und nun die Ergänzung zum "Haftbefehl" oder "warum eine direkte Verteidigung dagegen oft nicht gelingt".

Eines vorab: Teilweise gelingt es einen Richter davon zu überzeugen, den Haftbefehl nicht zu erlassen. Aber nur in seltenen Fällen. Die Quote den Haftbefehl außer Vollzug
2/x zu bekommen ist etwas höher. Aber woran liegt das:

1) Oft ist ein erheblicher Vorwurf betroffen.

Machen wir uns nichts vor. Die wenigsten Haftbefehle betreffen Ladendiebstähle. Für gewisse Straftaten sieht § 112 III (in dieser Form verfassungswidrig) eine Erleichterung
3/x der Voraussetzungen eines Haftbefehls vor. Hier scheint auch eine emotionale Sperre bei vielen Haftrichtern (was wenn ich ihn rauslasse und dann passiert etwas) zu bestehen.

2) Die Gegenseite hat mehr Personal und mehr Zeit.

Staatsanwaltschaft und Polizei haben mindestens
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28 Aug
Die Mädels schauen eine Serie. Stew gibt es erst morgen. Dennoch...Quiznight :)

Wer sagte "A womans place is in the resistance". ODer sagte das überhaupt jemand?

Jeweils eine Lieddauer Zeit.
Welchen Fluss überschreitet Julius Cäsar sprichwörtlich auf seinen Weg nach Rom?
Die im Dixieland eingesetzte Banjo hat wieviele Saiten?
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16 Aug
Einmal zur Klarstellung (warum man Verteidigergebühren nicht mit dem Staatsdienst vergleichen kann).

Stell dir bitte einmal folgendes vor.
Du bist Richter.

Du hast deinen ersten Arbeitstag.
Dein Büro ist leer.
Du gehst zur Geschäftsstelle.
Nur, die ist auch leer.
Also
willst du mal schauen wie es mit deinen dienstlichen E-Mails aussieht. Du klappst dein Notebook. HALT, du hast kein Notebook.

Zumindest kein dienstliches.
Achja, Telefon hast du auch nicht. Weder das Gerät.
Noch eine Verbindung.

Also gehst du erst einmal in Vorleistung.
Du kaufst dir einen Tisch, Drucker, Fax, Notebook, schließt einen Telefonvertrag ab, bezahlst die entspechende Software. Vielleicht stellst du noch jemanden ein.

Dein Büro steht so am 15ten.
Achja, da hast du eine Mahnung im Briefkasten. Der Vermieter will 900 €.
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15 Aug
Der Vergleich der Situation Afghanistans mit dem Mittelalter hinkt extrem. Die Taliban mögen (teilweise) mittelalterliche Moralvorstellungen haben. Sie bedienen sich moderner Methoden (socialmedia), moderner Waffen und einer Kriegsführung wie sie im Mittelalter kaum möglich war.
Durch unser derzeitiges Verhalten schaden wir nicht "nur" der afghanischen Bevölkerung (in deren Situation ich mich eh nicht reinversetzen kann). Wir schaden auch (mittelfristig) unserer eigenen Kultur. Es wird Konvertiten und Schläfer geben die nun radikalisiert werden.
Nicht jeder von denen ist leicht zu überwachen, da er Kaftan und dunklen Vollbart trägt. Es würde mich nicht wundern, wenn es bald mehr Tote gibt. Diese wären nur durch Hilfe in Afghanistan zu verhindern gewesen. Die Polizei oder Bundeswehr kann uns vor Attentätern denen ihr
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15 Aug
In Anlehnung an einen von mir sehr geschätzten Kollegen (nicht auf Twitter) beginnen wir heute die Sonntagsplaylist mit politischen und nicht politischen Liedern. Ihne Anspruch auf Vollständigkeit. Mit Absicht.

Selbstverständlich hat die Playlist nicht nur Metal heute

Und es geht auch politisch, sagt der Youtubealgorhitmus. Und er hat recht. Keine Sorge. Politischer wird es heute nicht mehr.

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15 Aug
Ehe jetzt die Musik gestartet wird, eine weitere Folge von "Verteidiger trainiert den Hund". Ja, ich glaube ich hatte es schon einmal geschrieben. Madame mag keine Hunde. Zumindest nicht alle. Insbesondere keine Kleinhunde bis Dackelgröße. Wir arbeiten dran. Wirklich.
Da Madame leider relativ groß und schnell ist (und selbst meine 95 Kilo leicht umreißt) ist sie an der Leine. Eigentlich (fast) immer in letzter Zeit. Und wenn sie sauer wird muss ich sie abbrechen. Madame hat dabei ein Problem. Sie ist (extrem) fiepsig. Die Stimmung schlägt
, wenn man sie in der Flanke anfasst, von einen Moment aus "muss da hin! SOFORT!" zu "Aua...nicht machen *unterwerf* um. Generell auch kein Thema. Wie gesagt, sie lernt.

Natürlich kannst du deinen Kleinhund freilaufen lassen. Auch in ihre Richtung. Sie findet das doof.
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