Ich kann den Impuls verstehen, die @bundeswehrInfo zu verteidigen, wenn es heißt, „die Bundeswehr“ hätte in #Afghanistan versagt. Aber dann zu sagen: „Die Politik“ ist schuld, d.h. in dem Fall das @AuswaertigesAmt ist ein bisschen zu einfach. 1/x 👇
Erstens mal nur auf @petertauber bezogen: Jemand, der 12 Jahre lang Abgeordneter war & 3 Jahre Staatssekretär im BMVg gehört auch zur „der Politik“. Deswegen würde ich zweitens vor allem erwarten, dass wir jetzt nicht bei dieser ziemlich trivialen Feststellung bleiben... 2/x
...dass „die Politik“ gescheitert ist, sondern eben diskutieren: Was genau ist denn politisch falsch gelaufen? Was hätten denn das AA und die gesamte Bundesregierung anders machen müssen vor Ort & in Absprache mit int. Partnern? 3/
Wie hätte eine sinnvolle politische Strategie an welchen Zeitpunkten ausgesehen? Mit wem hätten wir stärker zusammenarbeiten müssen? Was hätten wir dafür gebraucht, z.B. was Analysekapazitäten, Diplomat*innen angeht? 4/
Ist für mich ein Beispiel dafür, dass #Sicherheitspolitik zu eng definiert wird in der Debatte und dass wir nicht genügend zwischen Sicherheits-Bubble und „Friedens-Bubble“ (for lack of a better word) debattieren. 5/
(Letzteres haben @BAKS_President & ich Anfang 2020 mal hier diskutiert: peacelab.blog/2020/02/s2e7-b…) 6/
Warum? Beispiel: Jetzt wird gerade in der Sicherheitsbubble viel gefordert, wir müssen #Ertüchtigung diskutieren. Sowohl deutsche als auch int. Expert*innen tun das seit Jahren. Beispiel Debatte auf @PeaceLabBlog in 2018 peacelab.blog/debatte/sicher… 7/
Auch zu #Mali gibt es exzellente Analysen, was (nicht) funktioniert. Eins der besten Papiere überhaupt übrigens immer noch von @denis_tull zu Faktoren, warum dort Training & Security Assistance nicht klappt ffm-online.org/wp-content/upl… 8/
Bei aller notwendiger Differenzierung laufen die Analysen eigentlich immer auf das Gleiche raus: Ausrüstung & Training bringt nichts ohne politische Reformen – Procurement-Reformen, Korruptionsbekämpfung, Verfassungsänderungen, parlamentarische Kontrolle von Streitkräften etc. 9/
D.h. wir müssen technische Unterstützung einbetten in politische Strategie. (Das gilt auch für alle anderen Ansätze wie etwa Rechtsstaatszusammenarbeit). Siehe auch Analyse von @philipprotmann hier peacelab.blog/2018/06/politi… 10/
Die Bundesregierung hat sich 2018 nach ressortübergreifenden Debatten & Debatte auf dem @PeaceLabBlog neue Strategie gegeben zu SSR. Darin sind viele der Forderungen & Erkenntnisse aus Fachcommunity enthalten. Auch in den Leitlinien sind die grundsätzlichen Erkenntnisse drin. 11/
Woran es scheitert bisher ist also nicht die Erkenntnis, was falsch läuft und was wir ändern müssten, sondern an der Umsetzung. Auch weil das eben richtig richtig schwer ist mit den politischen Strategien. Wenn wir also die Debatte wirklich weiter bringen wollen... 12/
...sollten wir jetzt nicht die Grundsatzdebatte zu #Ertüchtigung wiederholen, sondern wir müssten uns darauf konzentrieren, wie wir das denn hinkriegen mit den politischen Strategien. 13/
Viele Aspekte von dieser Frage werden in der Community, die die Leitlinien von 2017 mitdiskutiert haben auch viel debattiert (auch wenn da auch niemand die Lösungen parat hat). Aber was muss denn passieren, damit Bundesregierung politische Strategie hat & umsetzt? 14/
U.a. Vorausschau und Szenarienentwicklung, exzellente Analyse der Situation vor Ort, gute Kontakte und Zusammenarbeit mit Zivilgesellschaft, ressortübergreifende Analyse und Planung, Ort für Strategiebildung innerhalb der Bundesregierung und für das alles: genügend Personal. 15/
Deswegen ist es aus meiner Sicht ein Problem, wenn z.B. die Forderung einer Ergänzung der Leitlinien um einen Aufbauplan mit zivilen Planzielen wie im Programm von @Die_Gruenen nicht als Teil von Sicherheitspolitik diskutiert wird...16/
...Wenn sie z.B. im @dgapev Wahlprogramm-Vergleich bei ziviler Krisenprävention weit weg von der Sicherheitspolitik steckt. Oder im @sicherheitspod gar nicht vorkommt. Denn wie viel mehr Leute brauchen wir denn, wenn wir das mit den politischen Strategien hinkriegen wollen? 17/
Knowbody knows. Kann einem genauso wenig jemand beantworten bisher wie die Frage, wie viele Polizist*innen Deutschland in einem, 5 oder 10 Jahren für internationale Einsätze entsenden sollte oder wie viele zivile Fachkräfte wir in EU oder UN-Missionen bereitstellen wollen. 18/
Deswegen wäre das mal ein wirklicher Fortschritt *für die Sicherheitspolitik*, wenn eine Bundesregierung nicht nur in einer Konzeption der Bundeswehr konkrete Ziele aus dem Weißbuch ableitet...19/
...sondern auch für ziviles Personal und eben für die politische Einbettung ausbuchstabiert, was gebraucht wird. Und nur, weil Personal zivil ist, ist es doch nicht weniger sicherheitspolitisch...20/
...wenn Kern der Erkenntnis aus Einsätzen & zu Ertüchtigung ist, dass wir bessere politische Strategien brauchen. Aber an dieser Diskussion nimmt eine komplett andere Community teil. Finde ich ein Problem. 21/
Ähnliches Problem übrigens, wenn die wenn die Redaktion von @Int_Politik (bei allem Respekt!) einem exzellenten Artikel von @GerritKurtz zu Analyse- und Strategiefähigkeit einen „Weltfrieden retten“-Titel gibt, der sicherstellt...22/
dass kaum jemand, der oder die sich als Sicherheitspolitiker*in versteht, den überhaupt öffnet. internationalepolitik.de/de/fuer-friede… 23/
Ein Weg, wie wir dazu kommen könnten, dass man mehr miteinander diskutiert wäre ggf., wenn die nächste Regierung eine nationale Strategie für (Friedens- und) Sicherheitspolitik entwickelt. 24/
Das wäre glaube ich nicht nur auf politischer Ebene, sondern auch für außen-/sicherheitspolitische Debatte ein riesiger Fortschritt. (Hatten @philipprotmann & ich hier auch schon mal genauer beschrieben degruyter.com/document/doi/1…). 25/25 - End of rant 😊

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