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Nächste Woche jährt sich der Beginn des Völkermords in Ruanda zum 25. Mal. Mehr als 800.000 Menschen kamen damals in nur 3 Monaten ums Leben. Es lohnt sich auch die deutsche Rolle damals genauer anzuschauen. Ein Thread dazu... 1/
2014 habe ich zur deutschen Rolle vor und während des Völkermords 1994 recherchiert. Die @boell_stiftung hat die resultierende Studie veröffentlicht. Das Folgende findet sich alles in der Studie: boell.de/sites/default/….
Deutschland war bei weitem nicht der wichtigste Player (im Vergleich zu u.a. Frankreich, Belgien, USA). Auch sehr andere Rahmenbedingungen für dt. Außenpolitik. Aber das heißt nicht, dass wir nicht auch hier viel aus der deutschen & intern. Reaktion hätten lernen können. 3/
Dtl. ist bis 1916 Kolonialmacht Ruandas, seit der Unabhängigkeit ein wichtiger Akteur in der EZ. Anfang der Neunziger, in den Jahren vor dem Völkermord, erhöht die Bundesrepublik die Entwicklungsgelder - auch als die Menschenrechtslage immer schlechter wird. 4/
1993, im Jahr vor dem Völkermord, ist Deutschland der größte Geber Ruandas. Warnzeichen werden entweder ignoriert oder in Bonn nicht zusammengeführt. 5/
Zum Beispiel: Ein Oberst der Bundeswehrberatergruppe vor Ort berichtet dem dt. Botschafter von einem Lager, in dem die Hutu-Miliz Interahamwe für Massaker trainiert, sagt 10.000 bis 30.000 Tote voraus, sollten Kampfhandlungen ausbrechen. 6/
Der Botschafter reagiert mit dem Kommentar: „Verrückt. Militär denkt nur an Leichen.“ Er gibt die Warnung des Oberst nicht an Bonn weiter. 7/
Anderes Beispiel: In den Monaten vor dem Völkermord werden die Autos eines GTZ-Projekts am Wochenende von ruandischen Behörden requiriert, um damit Mordkommandos zu transportieren. Ein Mitarbeiter der GTZ lässt sich daraufhin versetzen...8/
...mit dem Hinweis, dass er die Situation so nicht mit verantworten könne. Diese Information wird von der GTZ nicht an das BMZ weitergegeben. (Spannende Evaluierungen dazu für das @BMZ_Bund gibts inzwischen online: fragdenstaat.de/anfrage/gutach… & fragdenstaat.de/dokumente/51/) 9/
@St_Klingebiel (@DIE_GDI) fasst 1999 in einem Bericht zusammen: "Nicht nur ex post, sondern auch in der konkreten Situation vor dem ruandischen Völkermord lagen Informationen vor, die eindeutige Warnungen zur Folge hätten haben müssen...10/
[...] Die Ebene der „Zentralen“ (insbesondere AA und BMZ) wurde vom Völkermord überrascht, obwohl entsprechende Informationen zur Verfügung standen." (econbiz.de/Record/wirkung…) 11/
Als der Völkermord im Gang ist, vermeidet die deutsche Politik wie ihre internationalen Partner lange das Wort "Genozid". In Medien & Politik werden Völkermord & der Bürgerkrieg oft gleichgesetzt. Das Ergebnis: Ein Eindruck von "kann man ja eh nichts machen". 12/
...oder in den Worten eines damaligen Staatsministers im Auswärtigen Amt: "Gestatten Sie mir, als ein [...] erfahrender Außenpolitiker zu sagen, dass Appelle in einer Situation, in der im Busch gekämpft wird, nur sehr schwer vermittelbar sind.“ dipbt.bundestag.de/doc/btp/12/122… 13/
Eine konkrete Anfrage der Vereinten Nationen nach 100 Sanitätssoldaten & einer Transallmaschine lehnt die Regierung Kohl mit Verweis auf die Sicherheitslage vor Ort ab. (Die Transall wird dann nach Ende des Völkermords zur Verfügung gestellt). 14/
Die Anfrage des Landes Rheinland-Pfalz (seit 1982 Partnerland von Ruanda) 147 Flüchtlinge aufzunehmen, lehnt die Innenministerkonferenz ab. Interner Vermerk des Innenministeriums: 15/
Die Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland sei nicht möglich solange „der Einzelne nicht mehr und nicht weniger erleidet als andere ruandische Flüchtlinge auch“ genocide-alert.de/wp-content/upl… 16/
Während der drei Monate des Völkermords: Keine öffentliche Diskussion in Deutschland, keine eigene Debatte im Bundestag. Kanzler Kohl äußert sich einmal zu Ruanda: Als er begrüßt, dass alle Deutschen erfolgreich aus dem Land evakuiert wurden. 17/
Eine richtige Aufarbeitung der dt. Rolle bleibt weiterhin aus. Die Akten von damals sind immer noch verschlossen. Dabei hätten wir viel lernen können. Z.B. zum Thema frühzeitig & entschlossen auf Warnzeichen reagieren, korrekte Situationsanalyse, UN-Missionen stärken... 18/
...alles weiterhin relevant. In #KriegvorderHaustür analysieren @philipprotmann & ich im Detail was schief lief in der Prävention & was wir heute daraus lernen können für unsere Chancen zur Verhinderung schwerster Menschenrechtsverbrechen. dietz-verlag.de/isbn/978380120… 19/
In Rahmen eines Projekts von @genocidealert haben wir 2014 die wichtigsten Analysen & Primärquellen (u.a. auch aus @DIEZEIT & @SPIEGELONLINE) zum Thema Deutschland und der Völkermord in Ruanda zusammengestellt: genocide-alert.de/projekte/20-ja… 20/
Für jeden, den das Thema interessiert: Auf den Seiten von @genocidealert gibt es noch viel mehr, u.a. Ergebnisse von sechs Diskussionsveranstaltungen aus 2014 in ganz Deutschland, Links & Interviews, z.B. mit @romeodallaire. genocide-alert.de/projekte/20-ja… 21/21
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