1/n
Die Idee ist im Ansatz sehr gut. Ändern wir die Idee ein klein wenig ab. Nehmen wir an, die Wahrscheinlichkeit bei einer Begegnung mit einem Hund gebissen zu werden ist 1%. Nicht aufs ganze Leben gerechnet, sonder auf eine einzelne Begegnung. Aus einem Versuch wissen wir,
2/n
dass ein Leckerli das Risiko um 95% auf 0,05% senkt. Von 2000 Menschen ohne Leckerlie werden als im Schnitt 20 gebissen. Von 2000 mit Leckerli nur einer. Oder: Ohne Leckerli werde ich im Schnitt bei jeder 100sten Begegnung gebissen, mit Leckerli nur bei jeder 2000sten.
3/n
Begegne ich jedem Monat einem Hund, werde ich im Schnitt alle 8 Jahre 4 Monat einmal gebissen. Mit Leckerli werde ich einmal in 166 Jahren und 8 Monaten gebissen. Ich habe also gute Chance gar nicht gebissen zu werden. Nun erhöhen wir die Kontakte aus eine pro Tag.
4/n
Dann werde ich im Schnitt alle 100 Tage oder im Laufe eines 83-Jährigen Lebens etwa 303 mal gebissen - ohne Leckerli. Mit Leckerli sind es nur 15 Bisse. Die Differenz 303-15 ist der Schutz, den das Leckerli bietet. Als relativer Schutz 95%. (Relative Risikoreduktion).
5/n
Die ist unabhängig von der Zahl der Hundekontakte. Jemand mit einem Kontakt pro Monat kann sich ausrechnen, wie oft der oft bei wie vielen Kontakten gebissen wird. Das Maß ist unabhängig vom absoluten Risiko gebissen zu werden.
6/n
Wie hängt die nun mit Phase 4 Studien und dem Impfschutz zusammen?
Woher hätten wir die Wahrscheinlcihkein für einen Hundebiss? Nun wir könnten 40.000 Begegnungen Mensch - Hund organisieren und stellen fest, dass von 20.000 ohne Leckerli 200 gebissen wurden.
7/n
Von 20.000 mit Leckerli wurden nur 10 gebissen. Die Risk Ratio (RR) "Leckerli vs Kein Leckerli" beträgt also 10/200 = 5%, der Schutz (manche sagen auch Sicherheit) ist definiert als 1 - RR = 95%.
Das ist die relative Risikoreduktion.
8/n
Wie machen wir es bei Impfstoffen? Ähnlich aber nicht gleich. Wir Impfen 20.000 Menschen und 20.000 Menschen bekommen ein Placebo.
Nun wissen wir gar nicht, wie groß das Risiko für eine Infektion bei einer Begegnung 'Mensch-Mensch' ist. Bei den Hunden konnten wir es Testen.
9/n
Wir hätten auch je 100.000 Begegnungen mit 200 zu 10 Bissen haben können, dann wäre das absolute Risinko 0,2% bzw 0,01% gewesen. Die RR 5% wäre die gleiche. Und das ist der "Trick" bei Phase 3 Studien. Wir nehmen an,
10/n
dass die Menschen sich im Durchschnitt während der Studiendauer ungefähr gleich verhalten. Um die Risk Ratio zu bestimmen, brauchen wir nicht die Zahl der Kontakte, sondern nur die Zahl der Infizierten. 200:10. Ob die Probanden 1000 oder 1 Millionen Kontakte hatten,
11/n
spielt für die RR keine Rolle. Ohne zu wissen, wie groß das absolute Risiko bei einer einzelnen Begegnung ist, wissen wir, dass es mit Impfung nur 5% des Risikos ohne Impfung ist - oder die Impfung mit bei einer Begegnung zu 95% vor Infektion schützt.
12/n
Und zurück zum Hundebeispiel, wir können die Zeit bis zur Ansteckung auf der Zeitachse strecken. Wenn es ohne Impfung bei einer konstanten Inzidenz 100 Wochen oder 2 Jahre bis zu einer Infektion dauert, dauert es mit Impfung 2000 Wochen oder 40 Jahre.
13/n
Die absolute Risikoreduktion im Studienzeitraum spielt dafür kein Rolle.

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14 Sep
1/n
Prof. Frank P. Meyer schreibt häufig Leserbriefe zum absoluten (AR) und relativen Risiko (RR), hat die Unterschiede aber nicht so recht verstanden.
Deshalb spielen wir jetzt russischen Roulette.
Zuerst nehmen wir 6-Schüssige Revolver (Rn). In R1 kommen
aerzteblatt.de/archiv/221054/…
2/n
2 Patronen, in R2 kommt 1 Patrone.
Das abs. Risiko bei einem Schuss aus R1 zu sterben ist 0,333, bei R2 ist es 0,166. Die AR-Reduktion(ARR) ist 0,333-0,166=0,166=16,6%. Das RR ist 0,166/0,333 = 0,50 oder 50%. Und die RR-Reduktion auch 50%
3/n
Nun erhöhen wir die Zahl der Patronen. In R3 kommen 3 und in R4 kommen 2. Das AR bei einem Schuss aus R3 zu sterben ist jetzt 0,5; aus R4 ist es 0,333. Die ARR ist wieder 0,5-0,333=0,166= 16,6%. Das RR ist 0,333/0,5=0,666. Dh. die RRR nur noch 33,3%.
Read 13 tweets
29 Aug
Das @rki_de berechnet die R-Zahl im Nowcasting. Nach den epidemiologischen Modellen lässt sich die Entwicklung der Fallzahlen durch eine Exponentialfunktion annähern. Aus diese lässt sich dann die R-Zahl berechnen. Zeit diese beiden Ansätze zu vergleichen.
1/6
Die blaue Linie stellt den Punktschätzer des RKI und der hellblaue Bereich das Vertrauensintervall dar. Analog stellt die rote Linie den Punktschätzer aus der Regressionsanalyse dar und der hellrote das Vertrauensintervall.
Die Regressionsanalyse nimmt an, das die R-Zahl
2/6
über einen Zeitraum von 11, 14, 21, 28, 35 oder 42 Tagen konstant war. Leider haben wir bei der R-Zahl selten über längere Zeiträume konstante Verhältnisse. Ferien oder politische Entscheidungen oder Impfungen ändern das Umfeld.
3/6
Read 7 tweets

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