"Eine Nymphomanin ist eine Frau, die von Sex so besessen ist wie ein durchschnittlicher Mann", wird die amerikanische Autorin Mignon McLaughlin gerne zitiert. Ganz falsch ist das nicht: Männer und Frauen haben eine sehr verschiedene Libido. Warum, das steht in diesem Thread. |1
2| Was folgt, führt eine Idee aus diesem Thread aus (Link): Evolutionär gesehen bestehen Geschlechterunterschiede bei der Partnerwahl u.a., weil Frauen die Kosten der Fortpflanzung tragen. Männer können, müssen aber nicht viel in Nachwuchs investieren.

3| Das macht Frauen wählerisch und vorsichtig (Thema letztes Mal). Anders bei Männern, für die unverbindlicher Sex evolutionär eine zielführende Strategie ist. Das hat die Entstehung von psychologischen Merkmalen begünstigt, die solches Verhalten fördern und effektiv machen. Q1
4| Das heißt nicht, dass Männer ausschließlich kurzfristig denken. Beide Geschlechter suchen langfristige Beziehungspartner und stellen hohe Ansprüche an diese. Kulturübergreifend sind Männer aber viel stärker auch an kurzfristigen sexuellen Kontakten interessiert (im Bild). Q2
5| Dazu passende Denk- und Verhaltensmuster haben sich bei Männern stärker gebildet. Kurz gesagt: Männer denken mehr an Sex, wollen mehr Sex mit mehr Frauen und tun mehr, um welchen zu haben. Die Tabelle fasst die Unterschiede zusammen. Schauen wir uns 3 dieser Punkte kurz an. Q2
6| 1. Vorlauf: Männer und Frauen beurteilen ganz anders, ab wann Sex mit neuen Bekanntschaften denkbar wird. Nach einem Abend ist das für manche Männer eine Option, für Frauen quasi nie. Sie erreichen dieselbe Wahrscheinlichkeit erst nach 3 Monaten, zumindest in diesem Sample. Q3
7| Eine negative Begleiterscheinung dieser Präferenzunterschiede sind männliche Strategien, um die Zeit bis zum Sex abzukürzen. Wozu manche Männer bereit sind (insbesondere wenn Narzissmus, Machiavellismus oder (subklinische) Psychopathie ausgeprägt sind), zeigt die Übersicht. Q4
8| 2. Wahrnehmung: Viele Männer tendieren dazu, das sexuelle Interesse von Frauen an ihnen höher einzuschätzen, als es wirklich ist. In einer Speed-Dating-Studie lag die Schätzung der männlichen Probanden rund 40% über dem tatsächlichen Niveau. Besonders anfällig: Narzissten. Q5
9| Evolutionär ist dieser Bias für Männer sinnvoll: besser ein falscher Alarm als eine vorhandene Chance zu versäumen. Sein Gegenstück ist die weibliche Tendenz, männliches Interesse unterzubewerten. Solche Fehlwahrnehmungen dürften die Quelle zahlloser Missverständnisse sein.
10| 3. Standards: Weil beide Geschlechter in feste Beziehungen viel investieren, stellen beide hohe Ansprüche. Sie suchen feste Partner, die bis zu 25% "attraktiver" sind als sie selbst. Anders als Frauen sind Männer aber bereit, für unverbindlichen Sex ihre Standards zu senken.
11| In einer Studie bewerten Männer und Frauen, was geeignete Partner für Dates, Sex, Beziehungen und eine Ehe mindestens mitbringen müssen. Im Bild Resultate für Intelligenz, Einkommen und Freundlichkeit. Es wird deutlich: Für Sex machen Männer gerne Abstriche, Frauen nicht. Q6
12| Soweit diese evolutionspsychologische Perspektive auf die Partnersuche von Männern und Frauen. Wichtig: Das sind mittlere Unterschiede. Viele Männer sind an kurzfristigen Sexualstrategien nicht interessierter als Frauen. Andere spüren den Impuls, handeln aber nicht danach.
13| Ein letzter Punkt: Auch manche Frauen verfolgen kurzfristige Partnerstrategien und sind keine Engel dabei. Evolution ist ein amoralischer Prozess. Diese Dinge zu beschreiben, dient dem Erkenntnisgewinn, nicht der Rechtfertigung. Das sage ich auf Twitter lieber explizit dazu.

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19 Sep
Solche Schlagzeilen sieht man häufiger: Politik im Kreuzfeuer von Bot-Armeen in den sozialen Medien. Bis zu 15% der Twitter-Nutzer, also 50 Millionen Accounts, seien demnach in Wahrheit automatisierte Bots, die Einfluss auf Wahlen nehmen wollten. Eine neue Studie widerspricht |1
2| Ein SSRN-Paper von @FlorianGallwitz und @MichaelKreil überprüft, ob medial vielbeachtete Behauptungen dieser Natur einer genauen Prüfung standhalten. Ihr Urteil ist sehr deutlich und unter dem Strich (jedenfalls für mich) doch überraschend. Hier ein Auszug aus dem Fazit:
3| Anders gesagt: Das Phänomen der Twitter-Bots erscheint den Autoren, als absolutes Minimum, massiv übertrieben. Wie kann so eine Diskrepanz in den Resultaten entstehen? 50 Millionen Bots vs. annähernd 0 Bots. Die Autoren verweisen auf fundamentale methodische Schwächen.
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17 Sep
Ständig trifft man bekannte Gesichter: Kollegen, Familie, Freunde. Stellen Sie sich vor, Sie hätten nicht die Fähigkeit, diese Gesichter zuzuordnen. Sie erkennen sie einfach nicht. Schwierig, oder? Ich gehöre zu den Menschen mit diesem Problem und möchte dazu etwas sagen. |1
2| 2,5% der Leute, rund 2 Millionen Menschen in Deutschland, kommen mit einer solchen Gesichtserkennungsschwäche (kongenitale Prosopagnosie) zur Welt, in meinem Fall zum Glück recht milde ausgeprägt. Das ist knifflig genug, aber immerhin erkenne ich mich noch selbst im Spiegel.
3| Die Schwäche selbst ist nicht behandelbar. Es bleibt Betroffenen nur, Strategien zu entwickeln, damit umzugehen und soziale Hürden möglichst elegant zu umschiffen. Was das für den Alltag bedeutet, darauf möchte ich an meinem (nicht extremen) Beispiel gerne aufmerksam machen.
Read 11 tweets
16 Sep
Lohnt es sich für Arbeitgeber wirklich, viel Zeit und Geld in die Zufriedenheit ihrer Mitarbeiter zu investieren? Oder ist Zufriedenheit nur ein nettes Detail, aber unter dem Strich kein relevanter Performancefaktor? Ein Blick in die Daten |1
2| Wie zufrieden Menschen in Deutschland mit ihrem Job sind, ist gar nicht so einfach zu sagen. Eher oder sehr unzufrieden seien 25%, sagt eine aktuelle Studie, 11% eine andere. Eine Umfrage von Ernst & Young findet 21% Unzufriedene (vor Corona), Tendenz steigend (Bild). Q1
3| Dass Mitarbeiterzufriedenheit mit betriebswirtschaftlich relevanten Faktoren wie Personalfluktuation, Krankenstand, Motivation und Produktivität zusammenhängt, erscheint zunächst völlig plausibel. Empirische Studien nähern sich der Frage ganz unterschiedlich. Eine Auswahl:
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14 Sep
Was hat das Körpergewicht von Politikern mit nationaler Korruption zu tun? Mehr als man denken würde, sagt eine neue Studie. Untersucht wurde der Zusammenhang zwischen dem Body Mass Index (BMI) von 277 Politikern aus der Exekutive und dem Korruptionsniveau in 15 Staaten. |1
2| Resultat: je übergewichtiger die Exekutive, desto höher die Korruption. Die Korrelationskoeffizienten für die Diagramme liegen bei -0,92 und -0,91. Der Autor hofft, dass Politiker-BMIs als Proxyvariable (eine Art Ersatzschätzung) taugen, wenn Korruptionsdaten nicht vorliegen. Image
3| Und falls Sie sich jetzt fragen, woher man wohl Informationen zum Body Mass Index von Spitzenpolitikern der Exekutive bekommt: Der Autor greift auf einen Algorithmus zurück, der den BMI (offenbar) anhand von Fotos schätzen kann.
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12 Sep
Der Mann mit den vielleicht meisten Kindern der Weltgeschichte war ein gewisser Moulai Ismail, Sultan von Marokko († 1727). Zeitgenössische Quellen attestieren ihm 525 Söhne und 343 Töchter, neuere Studien bis zu 1171 Kinder (Q1). Raten Sie mal: Was ist Rekord bei den Frauen? |1
2| Für eine Russin namens Valentina Vassilyeva ist im 18. Jahrhundert Folgendes dokumentiert: 16 Zwillingsgeburten, 7 Drillingsgeburten und 4 Vierlingsgeburten. Insgesamt 69 Kinder (Q2). Man kann das glauben oder für ein Märchen halten. Lernen kann man in jedem Fall etwas daraus.
3| Warum wirken 69 Kinder für eine Frau viel absurder als 1171 bei einem Mann? Offensichtliche Antwort: Die Biologie der Fortpflanzung verlangt Männern und Frauen Unterschiedliches ab. Männer müssen für Nachwuchs, rein theoretisch, nur wenige Minuten und etwas Samen investieren.
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5 Sep
Sollen 16-Jährige in Zukunft wählen dürfen? Im Vorfeld der Bundestagswahl hat es diese alte Frage wieder einmal ins öffentliche Bewusstsein geschafft. Wann sind junge Menschen reif genug, um eigenständig an der Gesellschaft teilhaben zu können? Eine Forschungsperspektive. (1)
(2) Sagen wir: Jugendliche sollten wählen dürfen, sobald man ihnen (als Gruppe) das Potenzial für rationale, interessengeleitete, langfristige Entscheidungen zutrauen kann. Grundbedingung dafür ist ein für solche Entscheidungen ausreichend entwickeltes Gehirn. Hat man das mit 16?
(3) Wir wissen seit einiger Zeit, dass die Entwicklung des Gehirns weder mit 16 noch mit 18 Jahren, sondern erst mit rund 25 Jahren abgeschlossen ist. Als letztes fertig wird ausgerechnet der Präfrontale Cortex, den wir für rationales Handeln aller Art brauchen (siehe Bild). Q1
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