Sebastian Kurz zieht sich ein Stück weit zurück. Ob das klappt, weiß ich nicht.
Aber im Krisenmanagement gibt es in der Defensive zwei wichtige Grundregeln:
1. Halte den eigenen Laden zusammen. 2. Es gibt (meist nur) einen Freischuss für die defensive Position.
1. Wer es als Führungsperson schafft, den eigenen Laden trotz Druck im Angesicht der Krise loyal, funktionsfähig und vor allem hoffnungsvoll zu halten, wird die Position an der Spitze halten können.
Roland Koch überlebte 2008 beispielsweise die eigene Abwahl, blieb CDU-Vorsitzender Hessens, geschäftsführender Ministerpräsident und wurde 2009 schlussendlich wieder gewählt. Weil “seine“ CDU hinter ihm stand. taz.de/System-Koch/!5…
2. Um das nötige Vertrauen und die Loyalität zu erhalten, muss Vertrauen in die strategische Führungsstärke erhalten bleiben. Für einen strategischen Rückzug muss eine Rückzuglinie festgelegt werden.
Wichtig ist weniger, wie defensiv die Rückzugslinie ist, sondern ob sie hält, auch wenn der Druck steigt. Wie hoch ist der Deich, und wie weit weg vom Ufer?
Wenn das nicht gelingt und die Verteidigungslinie immer wieder geräumt werden muss, sieht das von außen aus wie “Salamitaktik“ und schwächt den inneren Zusammenhalt.
Es ist also meist richtig, eine defensive Position einzunehmen, die weiter geht als allgemein erwartet, um sich vor derartigen Verschlechterungen der Lage zu schützen. Der Deich sollte also höher sein als der aktuelle Pegelstand.
In der Siemens-Korruptionsaffäre 2006 bis 2009 wurden Personen ausgetauscht und Aufklärung betrieben - und zwar in einer Weise, die nicht mehr revidiert werden musste. Das war also gut. google.com/amp/s/www.ster…
Özdemir trat 2002 wegen der Bonusmeilen-Affäre von allen Ämtern zurück, konnte interne Loyalität erhalten und 2009 wieder unbeschadet in den Bundestag zurück kehren. de.m.wikipedia.org/wiki/Bonusmeil…
Sebastian Kurz genießt ganz offenbar noch das Vertrauen in der ÖVP. Er hat jetzt eine Rückzugslinie festgelegt, die ihn auf Parteiämter reduziert. Das heißt auch: nur seine Partei kann ihn daraus entfernen.
Wenn es ihm wie Roland Koch gelingt, den Zusammenhalt stabil zu halten, dürfte er zunächst sicher sein. Ein entscheidender Faktor, der Loyalität trotz Korruption sichert, ist Mittäterschaft.
Wenn genügend Kompromat gegenüber möglichen Kurz-Nachfolgern innerhalb der ÖVP besteht, werden die sich nicht rühren. Paradoxerweise also ist er zunächst sicherer, wenn tatsächlich ein weitverzweigtes System Kurz besteht.
Wenn die Staatsanwaltschaft allerdings gründlich ist und freie Positionen im Führungskreis der ÖVP schafft, könnte irgendwann jemand unbelastetes nachrücken. Und diese Person wäre dann eine, die Kurz stürzen könnte.
Entscheidend ist am Ende allerdings der Erfolg an der Wahlurne: Wenn der ÖVP Niederlagen drohen, weil sie Kurz weiter folgt, kann das schnell kippen.
Es ist also zu erwarten, dass Kurz nun ohne Amt und trotz laufender Verfahren in einen Dauerwahlkampf-Modus schaltet.
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Mit Evergrande, Fantasia und Modern können nun drei chinesische Immobilienentwickler ihre Schulden nicht mehr bedienen. Ich vermute, das wird auch noch weitere weniger gesunde betreffen.
1. Die (vollkommen normale und regelhafte) Ablösung laufender Anleihen mit neuen Anleihen wird in der gesamten Branche schwieriger. Viele Banken werden zögern, Immobilienentwicklern Kredite zu geben.
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2. Potenzielle Immobilien-Käufer werden ebenfalls geizig damit, Kredite zu gewähren. Das tun sie derzeit durch Anzahlungen auf Projekte, bevor sie fertig sind. Das bedeutet
a. Weniger Projekte starten
b. Die laufenden Cashflows sinken
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Wenn die Nachfrage nach einem Produkt höher ist als das Angebot, steigt der Preis.
1. Wenn Du an Deinem Limonade-Stand jeden Tag 100 Besucher hast, die pro Person eine Limo für einen Euro kaufen, ist alles stabil.
2. Wenn die Besucherinnen plötzlich weniger Geld haben, können die sich den Euro vielleicht nicht mehr leisten. Die können sich vielleicht was bei Central Ben nebenan leihen, der einen Geldstand hat.
3. Dafür müssen sie Zinsen zahlen und überlegen sich das genau. Wenn Central Ben aber sagt: “Limo ist Life!“, könnte er ihnen das Geld für umme leihen. Dann tun sie dann auch.
“Die seit Monaten andauernde beispiellose Materialknappheit hat die Produktion vieler Hersteller spürbar beeinträchtigt. Zunehmend sehen wir nun, dass sich diese Störungen in der Lieferkette nach oben arbeiten“ ...
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... “und sich in einer geringeren Nachfrage nach Vorleistungsgütern niederschlagen, da Aufträge entweder verschoben oder gleich ganz storniert werden. Infolgedessen sank der Gesamt-Auftragseingang im September auf ein 15-Monatstief.“
Covid-Loch, Covid-Erholung - und nun:
Lieferketten-Delle.
Hoffen wir, dass der September besser ausgesehen hat. Besonders wahrscheinlich ist es allerdings nicht.
Ich mag hier ja niemanden die warme Wohnung unheimelig machen... Aber: Der Strompreis in der Industrie stieg auf heute von 100-200€ über 300€ pro MWh auf dem Deutschen Spotmarkt.
Ob das dauerhaft ist und wie sich das auf Privathaushalte umschlägt: tbd.