Thread by @LilithWittmann

Weil ich das gerade zu den Koalitionsverhandlungen nicht oft genug sagen kann:
Die Digitalisierung der Verwaltung wird so lange scheitern, solange wir nicht konsequent Wissen und Projekte internalisieren.
Digitalisierung ist nichts was man bei McKinsey oder Capgemini bestellt.

Die ständige Externalisierung von Digitalisierungskompetenz hat in den letzten Jahren dazu geführt, dass die Verwaltung sogar ihre Auftraggeberkompetenz in diesem Bereich quasi vollständig verloren hat.
Heute weiß man also nichtmal mehr, was man Capgemini fragen muss.

Beratungsfirmen, Agenturen, … sind dazu intensiviert, primär mehr Beratungsleistungen zu verkaufen. Vom langfristigen internen Kompetenzaufbau haben sie nichts.
Sie werden sich also idR. auch nicht um diesen kümmern, sondern weiter Externalisierung vorantreiben.

Das alles führt dazu, das wegen fehlender Kompetenzen nicht nur Projekte selbst, sondern auch Ausschreibung, Projektbegleitung, … externalisiert werden müssen.

Gestaffelte Externalisierung hat den Nebeneffekt, dass sich oft niemand mehr für das Projekt verantwortlich fühlt.

Dieses Gesamtkunstwerk nenne ich gerne Beratertreppe und sie endet nicht selten beim Rechnungshof. Nicht nur bei Digitalisierungsprojekten.

Der einzige Weg das alles Umzukehren ist radikal zu internalisieren. Von der Konzeption bis zur Umsetzung. Zumindest solange bis die internen Kompetenzen wieder aufgebaut sind.

"Aber Lilith, wie bekommen wir Menschen mit entsprechenden Kompetenzen in Verwaltungsstrukturen?"
Das ist einfach:

1. Gebt den Menschen Freiräume, ihre Kompetenzen auch zu nutzen. Jemanden, der Experte für Digitalisierung ist in derselben Art & Weise zu steuern, wie einen Bundesbeamten, der Gesetze schreibt, ist Quatsch.
Diese Leute wissen idR. besser, was zu tun ist als ihre Vorgesetzten.

2. Ja, auch Geld spielt natürlich eine Rolle. Also bezahlt Menschen basierend auf ihren Kompetenzen und nicht ihrem Schulabschluss. Und zieht eurer Personalabteilung den Stock aus dem Arsch.
Ja das geht auch heute schon.

Und im Kern war es das. Freiräume für sinnstiftende Arbeit, Wertschätzung und eine faire Bezahlung.
Und natürlich das Wissen darum, was für Expert*innen man denn braucht - das wird noch mal hart.
Aber so viel mehr bräuchte es gar nicht. (*)

Das alles bedeutet nicht, dass sobald man das alles befolgt, magisch alle Projekte klappen. Man muss ja erst mal Jahrzehnte Kompetenzabbau in einer immer komplexeren Welt wieder aufholen.
Aber es sind die Maßnahmen, die meiner Meinung nach für die Trendwende notwendig wären.