UPDATE zu meinem Thread vom 12.11.2021 mit aktualisierten Zahlen:
Die Inzidenz ist immer weniger aussagekräftig.
Wie sieht die Gesamtsituation deutschlandweit aus und wie ist die Lage im Vergleich zum letzten Jahr? Ein Thread. (1/n)
Schaut man sich die gemeldeten Fälle an, sieht die Lage weiterhin dramatisch aus. Der 7-Tage-Mittelwert liegt aktuell bei 43.010, der Höchstand vor Beginn der 4. Welle lag bei 25.851 Ende letzten Jahres und die Zahlen steigen weiter. (2/n)
Doch ein Problem sind immer die Nachmeldungen. Von den heute 65.371 gemeldeten Fällen waren 45.238 den Gesundheitsämtern seit gestern bekannt und dementsprechend 20.133 länger als einen Tag. (3/n)
Deshalb ist es besser sich die Fälle nach Erkrankungsbeginn anzusehen. Dafür gibt es den Nowcast des RKI. Bei Fällen mit unbekanntem Erkrankungsbeginn wird dieser durch das RKI approximiert. (4/n)
Beim Vergleich der 7-Tage-Mittelwerte der gemeldeten Fälle mit dem des Nowcast RKI fällt auch ein deutlich geglätteter Kurvenverlauf auf. Der Nowcast des RKI bildet im übrigen auch die Grundlage für die Berechnung der R-Werte. (5/n)
Anhand des Verlaufs des 7-Tage-R-Werts des RKI kann man auch gut die Ausbreitungsgeschwindigkeit beurteilen. Aufgrund der Approximation, wobei bei unbekanntem Erkrankungsbeginn das Meldedatum der wichtigste Parameter ist, unterliegt auch dieser Schwankungen. (6/n)
Man kann aber auch den R-Wert anhand der 7-Tage-Mittelwerte des Nowcast berechnen und erhält dabei einen glatteren Kurvenverlauf. Dabei fällt auf, dass die Wachstumsrate seit dem 20.10. von 1,25 auf 1,16, mit einem zwischenzeitlichen Anstieg. (7/n)
Solche Wellen gab es auch des Öfteren in der Vergangenheit, gerade wenn in diese Zeit Feiertage oder Ferienzeiten gefallen sind. Einerseits liegt das an Nachmeldungen. Diese sollten beim Nowcast eigentlich nicht so wichtig sein, (8/n)
da es die Fälle nach Erkrankungsbeginn aufschlüsselt. Allerdings wird der Erkrankungsbeginn bei den Fällen, wo er nicht bekannt ist, approximiert, wobei das Meldedatum der wichtigste Parameter ist und Nachmeldungen dann doch eine Rolle spielen. (9/n)
Die Ferien spielen ebenfalls eine Rolle. Bspw. weil Schüler nicht mehr regelmäßig getestet werden, nach den Ferien jedoch schon. Deshalb gehe ich von einem leichten Artefakt aufgrund des nicht repräsentativen Testens aus und einem tatsächlichen Absinken des R-Werts seit (10/n)
dem 20.10., wenn auch dennoch mit einer eventuellen leichten Delle. Schaut man sich den tatsächlich gemeldeten 7-Tage-R-Wert an, der weiter geht als der gleitende 7-Tage-Mittelwert, sieht man eine Trendfortsetzung. Dieser liegt aktuell bei 1,08. (11/n)
Berücksichtigt man nun noch eine mittlere Inkubationszeit von 5 Tagen, kann man von einem Rückgang der Ausbreitungsgeschwindigkeit seit dem 15.10. ausgehen. Ob der Trend anhält, wird die nächste Zeit zeigen. (12/n)
Doch viel wichtiger als die gemeldeten Fälle ist die Situation in den Krankenhäusern. Schauen wir daher nach den Betten, die mit Intensivpatienten mit einem positiven COVID-19-Test behandelt werden. Obwohl wir neue Höchststände bei den gemeldeten Fällen haben, (13/n)
sind wir von Höchstständen auf den Intensivstationen noch deutlich entfernt. Lag die Höchstzahl der belegten Betten in der Pandemie bei 5.762, liegt er aktuell bei 3.431. Vor einem Jahr, als die 2. Welle erst richtig im Oktober an Fahrt aufnahm, dieses Jahr die (14/n)
4. Welle bereits im August anfing, um dann von hohem Niveau im Oktober nochmal durchzustarten, lag die Zahl mit 3.561 über dem heutigen Wert. Die Differenz ist im Vergleich zu letzter Woche jedoch deutlich geringer geworden. (15/n)
Wie sieht die Dynamik der zusätzlich durch Intensivpatienten mit positivem COVID-19-Test belegten Betten aus? Schaut man sich dabei den 7-Tage-Mittelwert dieser Zahl an, fällt auf, dass dieser erst gefallen war, seit letzter Woche aber wieder gestiegen ist. (16/n)
Der Höchststand dieses Wertes lag in der 3. Welle bei 109, in der 2. Welle sogar bei 140. In der 4. Welle lag der Höchstand bei 91 und aktuell liegt der Wert bei 86. Das Problem hierbei ist, dass es bei dem Wert der Veränderung zum Vortag eine hohe Varianz gibt, (17/n)
die der 7-Tage-Mittelwert nicht immer abfangen kann. Das gab es während der Pandeimie öfter. Schaut man sich deshalb den berechneten Mittelwert +- 6 Tage an, um eine weitere Glättung zu erzielen, ist der Trend der Verlangsamung besser zu erkennen. (18/n)
Der Wert scheint sich aktuell so bei 80-100 einzupendeln und ein Abfallen *könnte* nachfolgen. (19/n)
Doch ist das Einpendeln eher Wunschdenken? Die Neuaufnahmen auf Intensivstation scheinen das aktuell zu bestätigen. Denn auch hier ist eine Verlangsamung zu erkennen. Schaut man sich den R-Wert berechnet an den 7-Tage-Mittelwerten an, (20/n)
fällt dieser seit mittlerweile 4 Tagen von 1,22 auf 1,11. Hier muss man beachten, dass dieser aufgrund der statistisch gesehen kleinen Zahlen anfälliger ist für Schwankungen. (21/n)
Erst seit August 2021 werden die Neuaufnahmen auf Intensivstation separat erfasst. Deshalb kann dieser Wert nicht mit vorherigen Werten aus der Pandemie verglichen werden. Aber es gab vorher einen berechneten Wert für Neuaufnahmen auf Intensivstation. (22/n)
Dieser beinhaltete allerdings auch Verlegungen und ist deshalb etwas ungenau. Wenn man diese Berechnung über die gesamte Pandemie durchführt und sich dort die Werte im Vergleich anschaut, fällt auch hier auf, (23/n)
dass wir mit einem aktuellen Wert von 443 einerseits deutlich entfernt vom Höchststand mit 775 sind, aber auch noch unter dem Wert von vor einem Jahr mit 498 liegt. (24/24)
Nachtrag: Es handelt sich hierbei wieder um eine gesamtdeutsche Betrachtung und kann regional davon deutlich abweichen.

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18 Nov
In diesem Tweet von @Markus_Soeder wird suggeriert, dass die Inzidenz eines Ungeimpften in Bayern aktuell rund 13,4 mal so hoch ist, wie die eines Geimpften. Das ist *nicht* korrekt.

Denn den Ungeimpften werden die Personen zugerechnet, für die kein Impfstatus bekannt ist. (1/n)
Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit schreibt hierzu:
"Als ungeimpfte COVID-19 Fälle werden Personen gezählt, die zum Zeitpunkt der Infektion keine Impfung erhalten hatten *oder bei denen keine Angabe dazu vorliegt*." (2/n)
Gerade für die letzten Tage liegen zwar die Infektionszahlen vor, oft jedoch nicht der Impfstatus. Hierzu wieder das Landesamt:
"Die Auswertungen unterliegen verschiedenen Limitationen, die bei der Interpretation dieser Inzidenzwerte zu berücksichtigen sind. So liegen (3/n)
Read 7 tweets
17 Nov
@SDullien Vielen Dank für ihre Ausführungen, die durchaus bedenkenswert sind. Dennoch teile ich diese Ansicht nicht. Wieso? Hierzu ein kleiner Thread.

Bei 2G dürfen Geimpfte ungetestet teilnehmen. Dadurch auch der geimpfte Ü60. Doch dieser hat ein deutlich höheres Risiko für (1/n)
@SDullien einen schweren Verlauf, als ein ungeimpfter U20. Der geimpfte Ü60 wird daher wahrscheinlicher einen Krankenhausplatz einnehmen, als der ungeimpfte U20. Um es provokativ zu sagen: Wenn es um die Überlastung des Gesundheitswesens geht, dürfte daher eher (2/n)
@SDullien nicht der geimpfte Ü60 teilnehmen, als der ungeimpfte U20 (das ist nicht mein Interesse und das unterstütze ich nicht, es zeigt aber das Problem auf). Nun kommt noch die Problematik dazu, dass der Impfschutz mit der Zeit nachlässt. Doch auch der (3/n)
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15 Nov
Impfung schützt vor schweren Verläufen. Aber die Inzidenz ist nicht 30-mal höher bei Ungeimpften.
1.) Geimpfte sind meist asymptomatisch -> weniger Tests
2.) Schüler werden regelmäßig getestet und überwiegend ungeimpft
3.) Impfstatus unbekannt wird als nicht geimpft gezählt Image
Nachtrag:
4.) In der Grafik werden generell nicht Geimpfte mit Ungeimpften verglichen, sondern mit nicht (vollständig) Geimpften. D.h. es fallen auch die Personen darunter, die erst 1x geimpft wurden und auf ihre Zweitimpfung warten.
Read 4 tweets
12 Nov
Seit mittlerweile 4 Tagen gibt es auch bei den 7-Tage-Mittelwerten der gemeldeten Fälle neue Höchststände. Doch die Inzidenz ist immer weniger aussagekräftig. Wie sieht die Gesamtsituation aus und wie ist die Lage im Vergleich zum letzten Jahr?

Ein 🧵. (1/n)
Schaut man sich die gemeldeten Fälle an, sieht die Lage dramatisch aus. Der 7-Tage-Mittelwert liegt aktuell bei 33.343, der Höchstand vor Beginn der 4. Welle lag bei 25.851 Ende letzten Jahres und die Zahlen steigen weiter. (2/n)
Doch ein Problem sind immer die Nachmeldungen. Von den heute 48.640 gemeldeten Fällen waren 34.141 den Gesundheitsämtern seit gestern bekannt und dementsprechend 14.499 länger als einen Tag. (3/n)
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25 Sep
Warum ich als Geimpfter gegen eine (indirekte) Impfpflicht bzw. gegen eine unterschiedliche Behandlung von Geimpften und Ungeimpften bin? Ich aber gleichzeitig den meisten Erwachsenen die Impfung empfehle, aber eben nicht aufzwingen möchte? Ein etwas längerer Thread. (1/n)
Dass ich hier überhaupt meinen Impfstatus kundtue, den ich eigentlich für eine sehr persönliche Info halte, um so meine Aussage zu stärken, da ansonsten die Gefahr bestünde, dass man als Ungeimpfter abgetan wird, (2/n)
der nur seine eigene Freiheit argumentativ untermauern möchte, zeigt das Problem auf. Die Stagmatisierung zwischen Geimpft und Ungeimpft. Zunächst einmal: Warum empfehle ich die Impfung für die meisten Erwachsenen? (3/n)
Read 41 tweets
20 Jul
Eine Kritik an der Schweizer Studie zu Long Covid bei Kindern ist, dass die Studie nur 109 seropositive Kinder aufweist. Nat. ist eine geringe Zahl immer problematisch bei der Einschätzung. Wie sicher kann man sich mit den angegebenen Werten sein?
medrxiv.org/content/10.110… (1/n)
Bei der Studie wurden 109 Kinder im Alter von 6-16 Jahren einbezogen, die positiv auf COVID-19-Antikörper getestet wurden. Außerdem gab es eine Kontrollgruppe von 1246 Personen, die negativ getestet wurden. So ist eine Überprüfung möglich, inwieweit Virus ursächlich ist. (2/n)
Von den 109 Seropositiven hatten 4 länger als 12 Wochen lang mindestens ein Symptom gemeldet (≈ 3,67%) im Vergleich zu 28 von 1246 in der Vergleichsgruppe (≈ 2,25%). Doch wie sicher können wir uns sein, dass diese Werte auch bei einer höheren Testgruppe auftreten würden? (3/n)
Read 20 tweets

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