"Wirkung" ist eine physikalische Größe, die in meiner Wahrnehmung bisher als etwas abgeleitetes oder zusammengesetztes erschien, aber dieses Video zeigt, wie "Wirkung" verschiedene Theorien vereinfacht und ...
de.wikipedia.org/wiki/Wirkung_(…
...wie fundamental das Hamiltonsche Prinzip in allen möglichen Naturbeschreibungen der Physik ist.
Von Newton, Thermodynamik, Strömungmechanik, Maxwell, Relativität bis Quanten- und Stringtheorie, überall bestätigt sich ein Verdacht: Die Natur ist faul. Maupertuis formulierte freundlicher: "Die Natur ist sparsam."
Das Hamilton-Prinzip wird auch "Prinzip der kleinsten Wirkung" genannt, aber das ist etwas irreführend, genauer ist "Prinzip der stationären Wirkung", was es nicht einfacher macht.
Wirkung ist als Energie mal Zeit definiert, und wenn Energie Leistung mal Zeit ist, ist Wirkung Leistung mal Zeit zum Quadrat. Zeit ist also ein quadratischer Faktor von Wirkung, und das Hamilton-Prinzip würde ich so interpretieren, dass die Natur ungern Zeit verschwendet.
Ein Geschoss nimmt den schnellsten Weg zum Ziel, der physikalisch möglich ist. Ein Lichtstrahl bewegt sich auf dem schnellsten Weg zum Endpunkt, ein Planet bewegt sich so schnell wie möglich von A nach B, und in der Quantenmechanik schwingt alles so schnell wie möglich.
Das "möglich" ist dabei bestimmt durch eine Langrange-Funktion, eine "Mechanik", in der Energie fließt und umgewandelt wird, kinetische Energie in potentielle und umgekehrt etwa, oder magnetische in elektrische.
Diese Energieumwandlungen führen zu "Bahnen", bei denen die Wirkung einen lokalen Minimal- oder Maximalwert annimmt, was eigentlich nur heißt, dass das System eine gewisse Stabilität haben muss und kleine Abweichungen und Störungen selbst korrigiert, wie eine Kugel ...
...in der Dachrinne, oder wie ein Flugzeug mit V-Form querstabil ist und auch ohne Piloten waagerecht bleibt, so lange der Wind nicht zu extrem ist. Das alles ist superabstrakt, aber das Hamiltonprinzip gibt auch Tropfen und Seifenblasen und Gummiringen ihre Form.
Es ist riskant, aus physikalischen Gesetzen Prinzipien für das Leben herauszuziehen, das geht leicht schief, aber widerstehen kann ich da auch nicht ganz. Dass man jetzt faul oder sparsam sein soll, weil die Natur faul oder sparsam ist, wäre jetzt etwas kurz geschlossen,...
...denn das Hamiltonsche Gesetz sagt jetzt nichts über die Größe der Wirkung aus, sondern es ist eher ein Leit- oder Navigations- oder Verteilungsprinzip, das beschreibt, wie eine Wirkung sich am schnellsten einstellt.
Bei der "Wirkung" spielt Zeit eine besondere Rolle, insbesondere in ihrem quadratischen Verhältnis zur Leistung. Verdoppeln wir die Leistung, verdoppeln sich Energie und Wirkung. Verdoppeln wir die Zeit, verdoppelt sich die Energie, aber die Wirkung vervierfacht sich.
Steckt da eine tiefere Erkenntnis drin oder ist "Wirkung" einfach nur eine abstrakte physikalische Größe, die nichts mit dem zu tun hat, was wir allgemein mit "Wirkung" meinen? Nun, im englischen heißt die physikalische Größe "action", während Wirkung eher "effect", ...
..."impression" oder "impact" wäre. Welche Sprache hat jetzt das passendere Wort? Nun, "action" passt insofern ganz gut, dass die Natur gerne mit konstant viel "action" operiert, also überflüssige "action" vermeidet und von sich aus keine "action" macht, wo vorher keine war.
Und wenn wir jetzt als Wirkung oder "action" etwas von A nach B bringen wollen und die Zeit dafür halbieren wollen, müssen sich Energie und Leistung vervierfachen, um dieselbe Wirkung zu erreichen. Lassen wir uns die doppelte Zeit, können wir die Wirkung mit einem viertel der...
...Leistung erzielen. Das gilt so natürlich nicht 1:1 in der realen Welt, aber grundsätzlich schon. Schneller ist meist überproportional teuerer, und Zeit wird zur Untergrenze, weil die zusätzliche Leistung für einen Zeitgewinn immer größer wird und an eine Obergrenze...
...stößt. Die "Natur" sucht sich ihren "effektivsten" Weg, indem sie mit der verfügbaren Energie auf dem schnellsten Weg zum Ziel kommt. Das ist irgendwie eine Umkehrung eines kausalen Naturverständnisses, wo erst ein Weg eingeschlagen wird und über das Ziel entscheidet, ...
...während in der Natur sich Weg und Ziel stets so ergeben, dass es grundsätzlich immer der schnellstmögliche Weg war, der ans Ziel geführt hat, zumindest in kleinen Zeitabschnitten und Entfernungen. Frage mich gerade frage, wie es sich beim "Gravitational Lensing" verhält, wo...
...Photonen ziemliche Umwege nehmen und auf einem Weg zu uns Jahrzehnte länger brauchen als auf einem anderen Weg. Die Antwort ist, dass es sich um Photonen handelt, die in eine etwas andere Richtung und auf eine andere Bahn geschickt wurden, die wegen eines Delle in der ...
...Raumzeit zufällig auch zu uns führt, aber diese Bahn war die schnellstmögliche für ein Photon, das an dem Ort zu dem Zeitpunkt mit der Richtung und Energie emittiert wurde.
Wem jetzt immer noch nicht klar ist was es mit "Wirkung" auf sich hat, muss sich nicht daraus machen, es liegt dann eher an meinen komischen Analogien und Vereinfachungen, aber eins kann man auf jeden Fall mitnehmen:
Wenn einem jemand mit dem Spruch "Arbeit ist Leistung mal Zeit" kommt, kann man entgegnen: "Ja, und Wirkung ist Leistung mal Zeit zum Quadrat" entgegnen. Und vielleicht hinzufügen: "Und wir arbeiten hier nach dem Hamiltonprinzip."

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