Und wiederholt zeigt sich, wie abgeschlagen die Referenzierungen im Kunstsektor platziert sind. Die Pflanzung von Bäumen gehört mittlerweile zum
Marketingrepertoire jeder zweiten Supermarktkette. Der Akt im Reinhardswald den in 100 Jahren dann stehenden Wald zu projektieren, kann nicht mehr als besonderer ästhetischer verbucht werden. Zwar sollen es Eichen sein, im Anschluss an den Anthroposophen Beuys - die Eiche
wird als explizit deutscher Baum gehandelt - doch nur noch die Provinienz _Kunst_ entscheidet hier über das genuin Kunst-dingliche. Damit geht sie mit kalkuliertem Eintrittsgeld (zukünftigem Geld aus den Löhnen der Mittelschichten und Bildungsbürger) auf in Populismen
der ökologistischen Wende, die besser bedient wird von größeren Mitmachkampagnen, wie beispielsweise von der prosperierenden Firma JOKA, die mit Holz in Kassel und Berlin handelt und ein "nachhaltiges" Interesse am Forstbestand hat.
Die tausenden Bäume der Documenta sind nicht zu unterscheiden von denen jeder anderen Aufforstung finanziert durch anonyme, massenhafte Anhänger dieser Setzung. Nur die Signifikation, die Bezeichnung und ihr Kontext, binden diese Setzung an das, was different sein soll von
allem anderen. Die aktuelle Kunst kann auch nicht anders, hat keine Alternative zu dieser Bezeichnungsstrategie. Ein Rückfall in das kontemplativ Schöne würde sie in theoretische Widersprüche, in Schwierigkeiten ihrer Legitimation bringen.
Diese besteht löngst aus einem Doppel, eben der praktischen Kunst und (bes. mit dem Anti-Dadaisten und Moraliker Beuys) der Theorie des sozialen Agens, dem Agieren. Sie konkurriert mit allen anderen Sub-Sektoren des Freizeitsektors, zu dem sie gehört. Dies ist eine der ersten
Erkenntnisse, die man von der Stellvertretenden des Martin Gropius Bau in ihren Seminaren für die Berliner UdK hört. Kunst gehört dem Freizeitsektor an - und muss speziell wenn sie gesellschaftskritisch tut, aus den Lohnabgaben (Steuern) gefördert werden, Sponsoring
tut ihr Übriges. Sie, die kritische Kunst, kann sich an sich und für sich nicht erklären. Dafür nimmt sie die Theorie in sich auf, die zeitgenössisch de- und oder postkolonial, ökologisch, pseudo-ökonomisch
(das Konzept von ruangrupa ist in Kassel in der Treppenstrasse Ecke Ober Königsstrasse bereits so ausgestellt, dass Ökonomie utopisch die des bevorratenden Teilens wäre und nicht der Akkumulation) und allgemein-politisch hantiert.
Alles gehört zum Konzept: "Zeit, Raum, Geld, Wissen, Fürsorge und Kunst". "Mit 'Ruangrupa' die document[a] von einem Kollektiv mit sozialpädagogischem Portfolio kuratieren zu lassen, ist nur folgerichtig. Das Scheitern der Avantgarden soll hier endlich beendet werden.
Das Agens muss zur Kunst kommen, nicht mehr das "kulturelle Kapital". Sie soll alles machen, was das andere nicht kann. Damit vereinnahmt sie die Utopie. Gut. Weil die Utopie mit ihrer Hoffnung (Bloch) weder das "Programm" der Emanzipation von der Beherrschung durch die
unfassliche Verwertung sein kann, da es kein Programm der Handlunsganweisung geben kann, die in den Dogmatismus gleitet. Es kann nur die praktische Aufhebung der Verhältnisse geben, kategorisch improvisiert.
Und so kommt die im Aktivismus überwunde geglaubte Kontemplation zur Hintertür wieder herein, als Sichtweise, als Perspektive, als Option. Die ist Monopol der Kunst und ihrer Tötigen. Niemand hat nach 2017, der letzten Großaustellung je gefragt, was mit dem Haus
("von" Maria Eichhorn) in Athen, deren Eigentümer die Documenta d.h. die Kommune Stadt Kassel ist, geschieht. Niemand hat jedoch auch je in Zweifel gezogen, dass solch soziales Kunstwerk, dieses "Nichteigentum" (Eichhorn) die Wirklichkeit ja gar nicht
betrifft. Denn das Haus ist als Kunst vor der weiteren Verwertrung, vor Verkauf, Kauf usw. geschützt. Kunst übernimmt die Enteignungnungsfantasiegenau zu dem Zeitpunkt, als die Enteignungnungskampagne in Berlin überlegt, wie Enteignung so fingiert werden kann, dass
die Abzahlung der Entschädigungssumme nicht wie Mite aussieht. Kunst verreinahmt das billigste Umverteilungsdenken und setzt es in Szene. Alle sehen zu, was auch Spektakel genannt werden darf.
Die überwunden geglaubte Kontemplation, das zwecklos Schöne, können alle machen. Das ist das Angebot. Die Kunst kehrt zu ihren bürgerlichen Ursprüngen zurück, demokratisiert, karitativ.
#SozialeAnsteckung#SocialContagion in German
Chuang
Soziale Ansteckung
und anderes Material zum mikrobiologischen Klassenkampf in China
Übersetzung aus dem amerikanischen Englisch WRKSHP, 2021
Ein Eigenart hat diese Verquickung in Europa möglich
gemacht, jedoch nicht in Ostasien: Der Prozess der blutigen Eroberungen und Kolonialisierung in der westlichen Hemisphere, begleitet vom ansteigenden Sklavenhandel über den Atlantik. Hier finden wir die zweite große Pandemie – eine wirkliche Welle multipler
Pandemien – den Auftstieg des Kapitalismus befördernd, weil Krankheiten, die im Innersten der Gesellschaft entstanden, nun über den gesamten Globus verteilt ihre Übertragungswege fanden. Zum
van Gogh war der Versuch, aus der bügerlich geprägten Gesellschaft auszubrechen ... und gescheitert. Martin Kippenberger hatte sich nicht jede Woche ein Ohr abgescchnitten. Und an diesem Punkt schlägt die Idee ins Wirkliche um, aber nur wenn das S036 auch Kunden
hat und Arbeiterinnen, die den Gewinn, die Differenz des eingesetzten Kapitals zur Endsumme genau eben nicht "machen". Sie machen nicht den Gewinn, sie stehen zu diesem eingesetzten Formgebilde Geld, das sie brauchen, um morgen nacht wieder den Arsch von Stars wischen zu
können. Das betrifft Blixa Bargeld genauso wie die Sleaford Mods. Aber, es geht weiter. Der Konzern Ecke Heinrichplatz, lange Warteschlangen schon in ein zwei Stunden. Ein wenig Setting, ein wenig Anonymität. Kippenberger, schon bald nicht mehr dabei, war wie van Gogh
aber auch kein Totenkopf der massenmörderischen und nihilistischen Sorte. Oder welche Assoziation wäre denkbar, bis hin zum Piratentum, dem unproduktiven Ausbeuten der Ausbeuter?
Die Nation ist für oder gegen Piraten. Ist das Verhältnis von Nationalstaat, legalem und geduldetem illegalem Handeln in ihm und für ihn ersichtlich? Piraterie von oben kann aussehen wie welche von unten, kann plötzlich erkannt werden als
"Der Jazz müsste auf die Metrik und die Harmonik verzichten; schließlich die Melodik aus den Synkopen die Konsequenz ziehen, wie es Strawinsky getan hat. Dann fällt die Schranke zwischen Jazz und Kunstmusik und damit auch das lockende Angebot neuer Natur.
Oder der Jazz muss die Synkopen aufgeben und sich nur auf die große Trommel verlassen. Er hat den zweiten Weg gewählt."