Die Organisator*innen wollten gestern Protest anmelden. Ursprüngliches Ziel war direkt am Krankenhaus. Die Polizei lehnte sofort ab und schickte die Gruppe an die Augsburger/Blasewitzer Straße.
Hier traf ich auf die Gruppe, man fing an miteinander zu reden. Nach kurzer Zeit verstanden sie, wieso die Polizei sie nicht ans Krankenhaus ließ. Nun stellte sich die Frage: Wieso wollten sie, da hier ja potentielle Anmelder*innen standen, gar keine Personalien aufnehmen?
Nun stand man also da und beobachtete, wie sich wenige Meter weiter, auf der anderen Straßenseite, Neonazis zusammenrotten. Auch der Gegenprotest wuchs an. Keine Polizei vor Ort. Die ignorierte das Geschehen einfach.
Somit wurde den Menschen quasi verweigert, etwas ganz offiziell anzumelden. Das störte die Menschen nicht: Man achtete auf die üblichen Auflagen. Es wurde auf Abstände hingewiesen und die Maskenpflicht kontrolliert. Alles lief vorbildlich.
Auf der anderen Seite wurde es langsam eng. Vereinzelt vermummte standen da, Bier wurde getrunken. Die Ansammlung wuchs in Richtung Fristo-Markt weiter an. Die Polizei fuhr desinteressiert die Straße lang.
Blasewitzer/Fetscher Straße wird "geräumt". Die Polizei treibt weitere hunderte teils aggressive Querdenker*innen in Richtung der Kundgebung. Diese wird nun teils massiv bedrängt. Polizei mittlerweile nur in Form eines Medienschutzteams vor Ort.
Es wird unübersichtlich. Nun auch die Polizei vor Ort, die einfach die Menge weiter schiebt. Da wird dann auch mal ein Mensch vom Gegenprotest geschubst. Höhe Augsburger Straße dann eine Polizeikette. Dahinter: Querdenken.
Es folgt die erste Aufforderung der Polizei, der Gegenprotest solle sich nun in Richtung Querdenken bewegen und sich dort konzentrieren. Können da Abstände eingehalten werden? Mitnichten.
Genau das wird diesen Menschen später vorgeworfen: Mehr als 10 Personen, keine angemeldete Veranstaltung und keine Abstände. Wie ihr seht, sind all das Gegebenheiten, die die Polizei selbst erzeugt hat. Eine Anmeldung wird verweigert, die Menschen werden zusammengedrängt.
Das ist eine Ungerechtigkeit, die hier an der Tagesordnung liegt. Die Ausreden von Polizei und Politiker*innen sind ein weiterer Schlag ins Gesicht der aktiven Zivilgesellschaft. Eine Zivilgesellschaft, die man noch nie in Sachsen haben wollte.
Im übrigen hat die Polizei gestern gar nichts verhindert. Dank lückenhafter Kessel konnten die meisten einfach aus ihrer Maßnahme herausspazieren. Außerdem hat die Polizei die Innenstadt mit gewaltbereiten Kleingruppen überschwemmt.
Diese "Klein"gruppen waren teilweise mehrere hundert Menschen. Ich weiß nicht, wie die Polizei einen Aufmarsch definiert, aber das war gestern nicht einer, sondern ganz viele. Es war ein Machtauftreten beider Seiten und ein Vorgeschmack auf den 13. Februar.
Es war ein weiteres Zeichen, dass Neonazis und Demokratiefeind*innen, ja mitunter sogar potentielle Terrorist*innen Narrenfreiheit besitzen. Sie dürfen sich alles erlauben und die Polizei geht höchstens halbherzig vor.
Von Seiten der Polizei ist es das Zeichen, dass sich die Zivilgesellschaft zurückzuhalten hat. Das Auftreten, die Schikane, all das schüchtert ein. Wer weiterhin bleibt, bekommt Anzeigen und mitunter Prügel. Das ganze wird von der sächsischen Regierung gedeckt.
Wir leben in einem Bundesland, welches die Terrorgruppe "Gruppe Freital" als Lausbuben bezeichnete und wo die sächsische Justiz es ist nicht einmal für nötig erachtete, da zu ermitteln.
Wir leben in einem Bundesland, in welchem vor kurzem eine Gruppe öffentlich gemacht wurde, die Morde plante. Diese potentiellen Terrorist*innen laufen da draußen herum, nehmen an Demos teil, vergrößern ihr Netzwerk.
Also ich weiß wirklich nicht, was noch passieren muss. Es brannten Heime, es explodierten Autos, Menschen werden immer wieder angegriffen und diese Leute planen teilweise aktuell viele viele Menschen systematisch umzubringen. Und dieses Land zuckt mit den Achseln.
Dieses Dresden zuckt erst, wenn die sandsteinere Ehre der Frauenkirche beschmutzt wird oder eine Gruppe Jugendlicher in schwarzer Kleidung den Job dieser Stadt und seiner Bevölkerung macht.
Und das kotzt mich an.
Die oben geschilderte Situation habe ich verlassen, als sich die meisten Neonazis zurückgezogen haben und ich die Lage als sicher eingestuft habe. Im Nachgang ärgere ich mich, dass ich nicht einfach dageblieben bin.

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12 Jan
Ich habe, in relativ kurzer Zeit, "Gedenken abschaffen. Kritik am Diskurs zur Bombardierung Dresdens 1945" durchgelesen und gleich am Anfang: Im Buch werden gerne Fremd- bzw komplizierte Wörter und Satzstrukturen verwendet. Somit nicht für jede*n gut lesbar.
An sich gibt das Buch einen guten Überblick zu dem ganzen Themenkomplex rund um den 13. Februar, aber irgendwie fehlt mir noch etwas.
Geschichtlich wird das ganze oft nur kurz angerissen, da man sich, glaube ich, vor allem auf den gesellschaftlichen Aspekt konzentriert.
Ich vermute also, dass das einfach etwas ist, was mir geschichtsliebender Mensch etwas fehlt. Wem es ähnlich geht: Ich kann gerne Literaturempfehlungen geben.
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11 Jan
Wir sollten uns merken, dass Nancy Faeser die Polizei nicht nur lobt, sondern "sehr sehr" lobt. Das ist eine ziemliche Steigerung, die vor allem nix mit der Realität zutun hat. Aber vielleicht haben die Wasserwerfer ein wenig den Blick versperrt.
Außerdem ist der Tweet ein Tritt gegen uns alle. Inwieweit macht die Polizei einen "sehr sehr guten Job", wenn meine Berichterstattung bspw so aussieht, dass ich mit dem Auto aus Laubegast flüchten muss? Mich teilweise vor Neonazis in Hauseingängen verstecken muss?
Inwieweit ist es ein "sehr sehr guter Job", wenn die Polizei uns auffordert, zu gehen, "damit hier Mal Ruhe einkehrt", während über 300 Neonazis marschieren und die Polizei einfach teilnimmt (anders kann man es nicht mehr beschreiben)
Read 4 tweets
10 Jan
Okay, ich weiß, jetzt sind gleich wieder welche böse mit mir, aber: Weil die Kerzen-Aktion ja jetzt alle wachgerüttelt hat und so, wird doch spätestens heute Gegenprotest vor Ort sein. Oder?
Unbeeindruckt von den Kerzen gibt es heute nämlich wieder in ganz (!) #Dresden Aufmärsche von Querdenken. Allein gestern liefen 300 durch Laubegast. (#DD0901)
Und ich kann auch nicht mehr dieses "Minderheit!"-Gerede ertragen. Diese Minderheit plant Anschläge, greift Menschen an, kämpft gegen die Demokratie. Ganz ehrlich, da ist es mir egal, dass sich Summe X Menschen geimpft haben, wenn diese Minderheit weitermacht.
Read 5 tweets
9 Jan
Ja also, zum Glück sind das alles keine Antisemit*innen. Die denken halt bei ihren Sprüchen nicht an Jüd*innen, sondern höchstens an Israel. Das ist nämlich was ganz anderes!
Aber gut, dass ich die Frage gestellt hatte. Zwar ist der Spruch ("Hinter dem Faschismus steht das Kapital"), über den gerade so viele weinen, nicht direkt antisemitisch, aber die Leute, die diesen verteidigen, dafür umso mehr.
Die Frage ist: Wie ordne ich die ein, die sich mit Menschen wie oben solidarisierten, nur um mich anzugreifen?
Wenn's passt, arbeitet man als Linke*r halt gerne mit Antisemit*innen zusammen 🤷‍♀️
Read 4 tweets
9 Jan
Jetzt hatte Dresden wieder sein Großevent und jetzt ist wieder Ruhe. So und nicht anders wird es hier sein. Den Leuten geht es gar nicht darum, dass sie nur eine geeignete Form des Protestes brauchen, damit sie aktiv werden. Den meisten ist es einfach 98% der Zeit egal.
Bevor hier wieder ganz viele weinen: Ja, es gibt berechtigte Gründe nicht an den normalen Demonstrationen teilzunehmen. Liegt es aber an der Protestform? Mitnichten. Organisator*innen hier haben sich den Hintern aufgerissen, um es der Gesellschaft hier irgendwie recht zu machen.
Es gab bürgerliche Demonstrationen für die, die ihre Abneigung gegenüber der Jugend nicht ablegen können. Es gab die wunderbaren Postplatzkonzerte, wo man sich nicht mal wirklich um die rechten Proteste zu kümmern brauchte. Alles wurde abgelehnt.
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8 Jan
TW: Vergewaltigungsdrohungen, Drohungen, Ableismus

Ich bin ja sonst nicht so, doch ich denke, es ist mal ein Realitätscheck von Nöten. Also, hier ein paar Nachrichten, die ich entweder direkt bekommen habe, als Kommentare oder Unterhaltungen auf Telegram ImageImageImageImage
TW: Vergewaltigungsdrohungen, Drohungen, Ableismus

Diese Art der Fanpost auch immer besonders beliebt. Manche haben den Mut, direkt zu verlinken, andere wiederum machen das subtil, ohne Namen zu nennen. Auch beliebt: Facebook-Postings ImageImage
TW: Vergewaltigungsdrohungen, Drohungen, Ableismus

Und nicht nur rechte haben da echt ein Händchen für. Egal ob es die üblichen Drohungen sind ("Machst du hier weiter Fotos, dann setzt es was!") oder einfach ein ekliger Ton, um mich herabzusetzen. ImageImageImage
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