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Jan 31 20 tweets 5 min read
@Karl_Lauterbach hat erklärt, dass es ein Pandemie-Modell des RKI gibt (das wir nicht sehen dürfen), dass es einen Plan der Bundesregierung gibt (den wir nicht kennen) und dass wir ein kleines bisschen besser liegen als dieser Plan.

Hä?

Eine Annäherung mit Modellrechnungen

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Lauterbach fragt richtig: “Was macht die Bundesregierung eigentlich hier?”. Er spricht davon, dass man nur eine Welle (also keine weiter Exit-Welle) haben wollte. Das ist der Plan?
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Also: Was wurde denn da Mitte Dezember, als klar wurde, dass Omikron kommen wird, modelliert und was wurde auf Basis dieses Modells dann entschieden? Können wir das auch ohne das RKI-Modell verstehen?
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Achtung Modell-Agnostiker: Was jetzt folgt sind spekulative Modellrechnungen, die insbesondere die Unterschiede der möglichen Strategien aufzeigen soll, die der Regierung im Dezember zur Wahl gestanden sein könnten! Das ist also ein Gedankenspiel und keine Vorhersage o.ä.
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Um einen längerfristige Modelllauf zu kalibrieren, habe ich mein Modell zurückgedreht auf die RKI-Inzidenzdaten vom 20.12.2022, alles danach berechnet das Modell nun selbständig.
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Dann habe ich die verschiedenen Parameter so kalibriert, dass ich den Verlauf der Gesamt-Inzidenz und der Altersgruppen bis zum 10.1.2022 gut nachbilden kann. Ab dem 10.1.2022 dann mit steigender Dunkelziffer, weil das Melde/Tests-System nicht mehr hinterherkommt:
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Den Verlauf der Altersgruppen kann das Modell über 5 Wochen (aus meiner Sicht und für ein Amateur-Modell) gut vorhersagen, ab KW 10.1. liegt mein Modell höher, weil es mit einer größer werdenden Dunkelziffer rechnet.
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Über Weihnachten liegen U20 etwas zu hoch, alle anderen etwas zu niedrig, weil ich die Ferieneffekte auf die U20 und die Meldelücke nicht explizit nachmodelliert habe (nicht relevant).
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Auch die Übernahme der Infektionen durch BA.1 und BA.2 wird gut nachgeführt. Damit haben wir jetzt eine brauchbar gute Ausgangslage um verschiedene andere Verläufe als Szenarien durchlaufen zu lassen.
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Die folgenden Szenarien habe ich nun rechnen lassen. So oder so ähnlich dürften Mitte Dezember die Modellrechnungen ausgesehen haben, die der Kanzler & MPK-Runde vorgelegen haben.
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Die Inzidenz-Kurven sehen jetzt so aus:
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Was wären die Konsequenzen der fünf Szenarien gewesen?
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Interessant dabei sind die Gesamtfallzahlen bis Mai:
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Die Variante “ständiges Nachregeln” hätte, für eine Niedrig-Inzidenz-Strategie wenig überraschend, die wenigsten Fälle verursacht. Die letzte Variante, eine Notbremse ab heute, würde gegenüber dem ungebremsten Verlauf die Hälfte aller Fälle vermeiden.
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Aber das scheint ja wohl nicht der oben genannte Plan der Regierung zu sein.
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In der Gesamtsicht sieht man, dass das Szenario mit der ungebremsten Welle und der 6-Wochen-Lockdown-ab-27.12. die höchsten Belastungen für Kliniken und Infrastruktur verursachen.
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Beim zentralen Szenario, also den Weg den wir jetzt wohl weitergehen, läge die ITS-Welle im Modell höher als im November, die Hospitalisierungen lägen knapp beim Doppelten, wobei wir aber die genauer Quoten noch nicht genau bestimmen können (noch 1-2 Wochen Daten nötig).
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Das ist wahrscheinlich “aushaltbar”. Was aber bedeuten 20 Millionen Fälle, davon fast 6 Millionen unter 20 Jahre alt? Mit Dunkelziffer (Faktor 2?) wäre das halbe Land einmal infiziert, die Ungeimpften überproportional mehr als Geimpfte, junge Menschen fast durchgehend.
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Die möglichen langfristigen Auswirkungen (LongCovid oder andere, noch unbekannte Langzeitwirkungen) könnten schon ein grosses Wagnis von unbekanntem Ausmaß dieses Plans der Bundesregierung darstellen. Das kann m.E. noch keiner abschätzen.
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Da klingt für mich eine Notbremse nach keiner schlechten Idee. Wenn sich BA.2 als “krank machender” herausstellt als BA.1 wird es eh kaum ohne gehen. Mal sehen, wie der Plan von @Karl_Lauterbach weitergeht. Bleibt gesund!
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Jan 27
Modellupdate (basierend auf neuen Daten von heute) zur Modellrechnung vom 25.1.

Kurzfazit:
1. Auf welche der Hospitalisierungslinien des Modells wir einschwenken werden ist immer noch schwer zu sagen...
2. Inzidenz-Peak um 3.500 ca. Mitte Februar, 17 Mio Infizierte im Q1

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Wenn ich versch. Hospitalisierungsraten (Omikron vs. Delta) mit Blick auf Altersgruppen anschaue, passt die -70% Annahme am besten, insb. bei jungen Menschen (weniger Menschen). Was in o.g. Grafik die zweit-oberste Linie wäre.
Wir wissen also noch nicht, wie schlimm es wird.
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Die Altersgruppen-Grafik zeigt einen heftigen Peak bei den U5 (Kitas?) und auch jeweils ein Peak bei den 5-14 (Schulen?) und 15-34-Jährigen - im Vergleich zur bisherigen Krankenhauslast dieser jungen Menschen. Auch die Ü60 und insb. Ü80 wären mit neuen Rekord-Peaks dabei.
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Read 8 tweets
Jan 26
Ab heute enthält die tägliche Meldung der @DieDgina Notaufnahme Ampel die Daten der wöchentlichen COVID-Hospitalisierungen, die von den ZNAs gemeldet werden, und die wir als frühe Abschätzung der Gesamtlage auf ganz Deutschland hochrechnen.

Bookmark: blog.dgina.de/corona-notaufn…
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Hier ein Vergleich dieser Daten mit den Hospitalisierungsdaten vom RKI (Tabelle "klinische Aspekte", nowcasted) und der COVID-ITS-Belegung von der DIVI (rechte Achse!).
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Für die jeweils aktuelle Woche ist die Datenbasis bis ca. Mittwoch oder auch manchmal Donnerstag noch unstetig, aber ab Donnerstag kann man idR schon eine ganz gute Abschätzung der Lage in der laufenden Woche machen. Bis Dienstag in der Folgewoche sind die Daten dann stabil.
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Read 4 tweets
Jan 25
Update Modellrechnungen: Ausblick auf die nächsten 4-8 Wochen

Thread/Blog-Artikel: dirkpaessler.blog/2022/01/25/mod…
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Die letzte und diese Woche sind für das Modellieren der nächsten Wochen entscheidend wichtig. Dabei gibt es 3 Probleme:
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Hinweis für Modellagnostilker: Was folgt sind Modell-Szenarien, die so kommen könnten, aber nicht müssen. Hier wird versucht mit Mathematik und Datenanalyse ein mehr-als-Raten-Blick in die Zukunft zu entwickeln.
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Read 19 tweets
Jan 24
Was bedeutet es für uns, wenn BA.2 nochmals ansteckender ist bzw. sich schneller verbreitet als BA.1?

Ausgehend von den (noch sehr dünnen!) Daten, die wir über die Verbreitung von BA.2 in Deutschland haben, habe ich das im Modell versucht nachzuvollziehen/zu erforschen.
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Zwischen-Hinweis: Was jetzt folgt ist eine spekulative, mathematisch-technische Betrachtung über die mögliche Ausbreitung von BA.2 basierend auf den **dünnen** aktuell verfügbaren Daten -- UND KEINE VORHERSAGE.
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Alle Modellagnostiker, die mit solchen was-wäre-wenn-Betrachtungen nicht gut klarkommen, scrollen jetzt bitte woanders hin. Wir machen hier Mathematik und (noch) keine Prognosen.
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Read 13 tweets
Jan 16
Die Hospitalisierungen passen nicht mehr zu den Inzidenzen!

Die folgende Berechnungen **könnten** ein Hinweis darauf sein, dass wir schon tief im Meldeproblem mit den Inzidenz drinstecken.

Das würde bedeuten: *Blindflug* bereits seit 2-3 Wochen.

Ein mathem. Thesen-Thread 1/x
Vorgedanke: Als nächster Schritt nach den Inzidenzen sind die Zahlen der Hospitalisierungen der zweite Messwert, mit dem wir den Verlauf der Pandemie "messen" können. Normalerweise zeigen beide zeitnahe sehr ähnliche Kurvenverläufe, aber mit zeitlich veränderlicher Quote.
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Am Übergang von Delta zu Omikron verändert sich erneut die Hospitalisierungsquote, weil Omikron weniger stark krank macht als Delta. Daher muss man die Hospitalisierungen für beide Infektionen einzeln berechnen in Modellen.
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Read 15 tweets
Jan 14
Guter Artikel in der @SZ: "Dennoch bleibt die Frage, warum sich Omikron in D nicht so schnell ausbreitet wie in anderen europäischen Ländern. Liegt es daran, dass in D die Pandemiebekämpfung besser funktioniert? Oder wird hierzulande einfach nur nicht richtig gemessen?"
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Warum haben wir ~4 Tage Verdopplungszeit, aber DK/UK phasenweise ~2 Tage? Unsere Verhaltensänderungen wegen der Delta-Welle, egal ob freiwillig oder durch Maßnahmen verursacht, haben Omikron ausgebremst bei uns. In vielen anderen Länder lebte man "lockerer".
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Seit 17.12. basieren die meisten meiner Modellrechnungen auf 4 Tagen Verdopplungszeit, die sich jetzt als valide herausgestellt hat. Nur kommt die Welle/Wand 10-12 Tage später als erwartet, auch weil Delta noch schneller gesunken ist als modelliert.
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