Thread by @MalteEngeler

Liebe Kolleg:innen in den Gerichten und Staatsanwaltschaften,
viele von uns haben heute mit ihrer Verdienstabrechnung auch den "Corona-Zuschlag" erhalten, eine drei- teilweise vierstellige Summe. Ich rufe auf, eine #solidarischeJustiz zu sein und das Geld zu spenden.
#Thread

In fast keinem Land der EU ist Vermögen so ungleich verteilt wie hier. Die Corona-Pandemie hat diese Ungleichheit nur verstärkt. Wer hatte, hat nun noch mehr. Wer am Limit war, wurde zusätzlich belastet. Auch der Krieg in der Ukraine wird jetzt vor allem die Schwächsten treffen.

Ja, auch an der Justiz ist die Pandemie nicht spurlos vorbei gegangen. Die Belastung war spürbar, wenngleich nicht in allen Gerichtsbarkeiten gleich. Mein Aufruf stellt nicht in Frage, dass die Justiz oder einzelne von uns den Zuschlag verdient hat und haben.

Ebenso ist mir völlig bewusst, dass die Frage der amtsangemessenen Besoldung seit Jahren vor dem Bundesverfassungsgericht bewegt wird und in vielen Ländern eine Unteralimentation anzunehmen ist. Ich selbst habe 2018 an einem Vorlagebeschluss in dieser Frage mitgewirkt.

Mein Aufruf stellt auch das nicht in Frage. Wer diesen Aufruf bewusst verdreht und die Legitimität der Forderung der Justiz nach verfassungsgemäßer Besoldung in Frage stellt, entlarvt sich selbst. Es geht hier nicht um Besoldungsrecht. Es geht um Solidarität in schwerer Krise.

Ich rufe daher auf, die Corona-Sonderzahlung postwendend weiterzureichen an Vereine, Institutionen und Organisationen, die jetzt erst recht Unterstützung brauchen: Flüchtlingshilfe, Traumabegleitung, Frauenhäuser, humanitäre Hilfsangebote, you name it.

Ich möchte dem Aufruf aber auch eine politische Note geben. Unsere Gesellschaft wird zerrissen durch schreiende Ungleichheit. Wer auf diesen Aufruf reagiert, mag ihn vielleicht auch als Statement sehen und in Überweisungszwecken #SolidarischeJustiz / #Umverteilung schreiben.

(Transparenz: Die 1.300 €, die Richter:innen in Schleswig-Holstein erhalten habe, sind in meinem Fall an das örtliche Frauenhaus gegangen.)