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Mar 2 10 tweets 3 min read
1/ Eine unbequeme Frage: Darf man #Propaganda gut finden, wenn sie von den Guten kommt?

Wir müssen darüber reden, wie wir mit pro-ukrainischer Propaganda umgehen. Ein Thread. 👇
2/ Die moralische Ausgangslage im Krieg in der Ukraine ist eindeutig: Russland hat die Ukraine völkerrechtswidrig und basierend auf Lügen und Desinformation angegriffen. Hier gibt es keine Diskussion.
3/ Ein Teil der ukrainischen Selbstverteidigung ist die Selbstverteidigung im Informationskrieg. Die ukrainische Regierung streut Propaganda u.a. auf Social Media, um damit Sympathien und Solidarität mit der Ukraine zu steigern und die Moral in der Ukraine hoch zu halten.
4/ Die ukrainische Propaganda setzt auf Motive wie das Heldentum des "einfachen Mannes" Selenski, auf die Verspottung russischer Streitkräfte oder auf den heroischen Widerstand der ukrainischen Bevölkerung. Diese Propaganda ist hochwirksam. Vgl. dazu:

5/ Ist es grundsätzlich ethisch vertretbar, dass die Ukraine sich in Propaganda übt? Unter dem Aspekt der Selbstverteidigung und im Sinne der Schadensminimierung wohl ja: Würde die ukrainische Regierung keine Propaganda streuen, wäre das eine Kapitulation im Informationskrieg.
6/ Das Problem: Auch, wenn die Ukraine als Opfer eines Angriffskrieges moralisch auf der richtigen Seite steht, bleibt die ukrainische Propaganda eben Propaganda. Ihr Ziel ist, durch Verzerrung und Manipulation, nicht durch Argumente und Fakten, zu überzeugen.
7/ Besonders problematisch ist, wenn Propaganda-Narrative in die journalistische Berichterstattung einfliessen. Ein Beispiel hierfür ist dieses hagiografische, einseitige Portrait über Selenski bei @srfnews.

srf.ch/news/internati…
8/ Natürlich dürfen und sollen Journalist*innen Haltung zeigen. Aber sie müssen trotzdem kritische Distanz zu Propaganda wahren; auch dann, wenn die Absenderin die Kriegspartei ist, die moralisch eindeutig im Recht ist. Propaganda ist kategorisch Sabotage am Journalismus.
9/ Zusammengefasst: Wir müssen die Ukrainer*innen unterstützen und uns mit ihnen solidarisieren. Aber zu ukrainischer Propaganda sollten wir auf Distanz gehen. Unsere Unterstützung können wir auch ohne Rückgriff auf Propaganda kundtun - denn die Fakten sprechen für sich.
Ergänzend und vertiefend ein Artikel zur Problematik in der @Medienwoche:

medienwoche.ch/2022/03/03/auc…

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Mar 1
1/ Wer sind eigentlich die "Putin-Versteher", die Putin und seine Politik immer noch verteidigen oder rechtfertigen?

Es sind im Wesentlichen 3 Gruppen:
- Anti-amerikanische Linke
- Verschwörungsideolog*innen
- Reaktionäre Rechte

Ein kleiner Thread. 👇
2/ Ein Teil des linken Lagers ist nicht wirklich anti-imperialistisch, sondern nur anti-amerikanisch: Die USA sind pauschal "die Bösen" und die Gegner der USA die Guten. Diese Kreise verteidig(t)en z.B. auch Baschar al-Assad oder Muammar al-Gaddafi.

krytyka.com/en/articles/le…
3/ In verschwörungsideologischen Kreisen gelten das Putin-Regime und dessen Verlautbarungskanäle als Quellen der Wahrheit, die sich der globalen Verschwörung heroisch widersetzen. Dieses Verschwörungsnarrativ wird aktiv vom Kreml bedient.

journals.sagepub.com/doi/abs/10.111…
Read 5 tweets
Feb 26
1/ In rechtskonservativen Kreisen wird diskutiert, Russland habe die Ukraine (auch) angreifen können, weil der Westen zu "verweichlicht", zu "politisch korrekt", zu liberal sei. Das zeigt, wie erfolgreich die antidemokratische Kreml-Propaganda der letzten 10 Jahre war. Thread 👇.
2/ Beispiel 1: Urs Gehriger in der Weltwoche erklärt: "Militärische Rüstung ist nicht en vogue im Zeitalter von Gender-Wahn, cancel culture und Öko-Fetisch."

weltwoche.ch/daily/zeitenwe…
3/ Beispiel 2: Regula Stämpfli meint im Nebelspalter, der Westen habe "Geopolitik" ignoriert, weil wir über "irrelevanten Scheiss" wie die Frage, "was eine Frau und was ein Mann" sei, reden.

nebelspalter.ch/regula-staempf…
Read 9 tweets
Feb 24
1/ Werden die wirtschaftlichen Sanktionen gegen Russland eine Wirkung haben? Wenn die Sanktionen von 2014 ein Indiz sind: Wirtschaftlich ja, politisch kaum. Kleiner Thread 👇.
2/ Die Sanktionen ab 2014 haben die russische Wirtschaft deutlich und hart getroffen, und die russischen Gegen-Sanktionen hatten im Gegenzug nur relativ kleine wirtschaftliche Effekte.

ideas.repec.org/a/onb/oenbfi/y…

academic.oup.com/economicpolicy…
3/ Das ist definitiv nicht nichts. Das Problem: Es gibt keine Evidenz, dass die wirtschaftlichen Sanktionen die russische *Politik* in nennenswerter Art beeinflusst hätten.

tandfonline.com/doi/abs/10.108…
Read 6 tweets
Feb 22
1/ Beim (neuen) Einmarsch Russlands in die Ukraine spielt #Desinformation, gezielt hergestellte und verbreitete Falschinformation, erneut eine Schlüsselrolle - und zwar sowohl in Russland als auch im Westen. Ein Thread 👇.
2/ In den Wochen vor dem Einmarsch hat Russland intensiv krude Desinformation gestreut: Ukraine + USA wollten Russland angreifen, etc. Die Krönung ist Putins revisionistische Behauptung, dass es die Ukraine als Staat eigentlich gar nicht gebe.

nytimes.com/2022/01/25/us/…
3/ Aber funktioniert derart offensichtliche Propaganda? Ja, und zwar zunächst innerhalb Russlands: Der (journalistische) Informationskorridor ist in Russland eng, und Dutzende Millionen von Russ*innen können staatliche Desinformation nicht umgehen.

tandfonline.com/doi/abs/10.108…
Read 12 tweets
Feb 2
Mit dem sich nun abzeichnenden Ende der Pandemie-Massnahmen löst sich die massnahmenkritische Bewegung konsequenterweise auf, oder?

Nein, sehr wahrscheinlich nicht. Einige Gründe 👇. 1/8
Irrationale Weltanschauungen sind enkoppelt von der empirischen Realität. Bereits im Klassiker "When Prophecy Fails" von 1956 wurde festgestellt, dass Überzeugungen oft *stärker* werden, wenn sie sich als eindeutig falsch erweisen. 2/8
psycnet.apa.org/record/2004-16…
Die massnahmekritische Bewegung ist stark verschwörungsideologisch aufgeladen. Dass wir z.B. entgegen den Prophezeiungen nicht in einer totalitären Diktatur gelandet sind, tut dem Glauben an eine Diktatur und böse Mächte im Hintergrund entsprechend keinen Abbruch. 3/8
Read 8 tweets
Feb 1
Online-#Hass ist heute virulent und verursacht massiv viel Leid. Was können wir tun? Ein paar Gedanken zu #Deplatforming, #Counterspeech und Regulierung. 👇 1/6

markokovic.substack.com/p/wege-aus-der…
#Deplatforming bedeutet, die Verbreiter*innen von Hass auf Social Media-Plattformen direkt zu sperren. Das kann funktionieren, wie z.B. das erfolgreiche Deplatforming der Terrororganisation ISIS gezeigt hat. 2/6

extremism.gwu.edu/sites/g/files/…
Nachteile von #Deplatforming: Die Plattformbetreiber gehen willkürlich vor. Und Hass-Ökosysteme sind resilient: Hassgruppen weichen z.B. auf alternative Plattformen aus, auf denen die Radikalisierung noch schneller und intensiver stattfindet. 3/6

nature.com/articles/s4158…
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