So sehr ich es mir auch anders wünsche: Es ist wahrscheinlich, dass dieser Konflikt noch sehr lange dauern wird. Wir müssen deshalb ehrlich damit beginnen, mit den Folgen zu planen.
1. Die Energiewende muss mit einem historischen, nationalen Kraftakt beschleunigt werden
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2. Die Millionen Menschen aus der Ukraine werden vermutlich für eine längere Zeit Schutz, Zuhause und Arbeit bei uns, der EU, brauchen. Ihre Kinder brauchen Kitas und Schulen, die funktionieren.
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3. Die Bundeswehr konnte mit knapp 60 Mrd € pro Jahr nicht viel Sinnvolles anstellen. Damit sie das mit 75 Mrd € pro Jahr kann, braucht sie dramatische Reformen.
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4. Desinformation, Agitation & Eskalation von Rechts werden dramatisch zunehmen. Die BRD ist bei #Desinformation nur "bedingt abwehrbereit". Wir brauchen weitaus wirksamere Mittel als Verbote von RT - nötig ist eine Debatte darüber, welche *soziale* Technologie nötig ist.
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5. Sanktionen bedeuten nicht nur einen Kraftakt bei der Energiewende, sondern auch Opfer und Einschränkungen.
a) Auf die muss die Politik das Land einstellen
b) Die werden von Rechts ausgeschlachtet, um Protestbewegungen zu formen, siehe 4.
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6. Putin wird sehr wahrscheinlich alles unternehmen, um ukrainische Flüchtlinge in der EU zu diskreditieren. Gegen eventuelle 'Agents Provocateurs' muss die Politik die Bevölkerung sensibilisiert werden, damit die Stimmung nicht umschlägt.
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7. Putin wird die Sanktionen mit der Hilfe von Kasachstan, Usbekistan und anderen Ländern umgehen. Wir müssen bereit sein, die Sanktionen zu schärfen, um die gesamten, neu entstandenen Blockstaaten zu treffen.
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8. Die Sanktionen sind ein 'Long Game', dass die Fähigkeit Russlands zu weiteren Aggressionen unterminiert. Sie dienen der langfristigen Sicherheit. Die Politik muss die Bevölkerung darauf einstellen, dass die Sanktionen nicht mit der Ukraine stehen und fallen.
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9. So sehr ich mir einen Regierungswechsel in Moskau wünsche - der letzte, der dort von der Straße aus bewirkt wurde, war 1917 in einer darbenden Bevölkerung und er hatte Jahre Bürgerkrieg zur Folge. Er ist also unwahrscheinlich und würde zunächst weiter destabilisieren.
9/tbc
10. Ein langer Krieg im legendären Brotkorb Europas zerstört erst die Häfen, aus denen Getreide verschifft wird, und dann die Felder, auf denen es wächst.
Die Getreidepreise werden weltweit steigen, vielerorts wird Hunger Instabilität erzeugen.
11. Die ökonomischen Folgen der Sanktionen werden in Europa v.a. die Deutschen treffen. Nachdem wir nahezu unbeschadet durch die Finanzkrise 2008ff kamen, muss viel dafür getan werden, dass dies für die Bevölkerung dieses Mal auch so bleibt, siehe 4.
12. Die Möglichkeit, dass Energie und Nahrung teurer werden könnten, heißt auch, dass beides für weniger begüterte Mitmenschen *zu* teuer werden könnte. Diese potenzielle soziale Frage sollte bestenfalls gelöst werden, bevor sie droht, akut zu werden.
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Ich wurde ein paar mal gefragt, was denn die Worst Case Szenarien wären, auf die Russland sich einstellen muss, falls sie den Krieg verlieren. Sie sind weitaus weitreichender, als die meisten glauben.
Ein Thread: Tag der Niederlage könnte russische Dominojahre auslösen.
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Szenarien analysieren Basiseffekte. Nach einer Niederlage leidet Russland unter zwei Effekten:
1. Das Leben in Russland wird weniger lebenswert 2. Die militärische Macht Russlands wird ein Mythos der Vergangenheit
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Zu 1. Russland wird ärmer, unfreier, hoffnungsloser. Und damit auch instabiler. Für alle Kriminellen, die sich in Russland und am Rande Russlands eingerichtet haben,
a) wird das konkrete Leben schwerer,
b) aber auch die Gewissheit, dass Putin sie schützen kann, sinkt.
Dieser FSB-Leak zur nuklearen Bedrohung (sinngemäß):
Die Berichte über die Instandhaltung seien alle immer top gewesen. Aber instransparent, das macht misstrauisch, ob da tatsächlich etwas funktioniert. Plutonium müsste bspw. alle 10 Jahre ausgetauscht werden.
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Lesenswerter Thread: Die Ukraine ist seit 3.000 der Brotkorb der zivilisierten Welt. Die fruchtbare Erde lässt Panzer stecken und sonst Getreide, Mais und Sonnenblumen wachsen. Die Blau-Gelbe Flagge ist Programm.
Wenn Panzer durch den Brotkorb Rollen, wird es knapp.
2. Die Gasversorgung der EU wird teurer. Das heißt auch, dass alternative Versorgungsmöglichkeiten über Schiffe bspw aus den USA im Vergleich dazu nicht mehr prohibitiv teurer sind. Ein Embargo wird so greifbarer, weil ebenfalls teuer.
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3. Ein Embargo braucht die Bereitschaft der OPEC, mehr zu liefern, ohne sich die Preise zu ruinieren/sie beliebig nach oben zu schrauben. Ein höherer Weltmarktpreis als Anker ist in der US-Innenpolitik leichter zu argumentieren als ein plötzlich erhöhter Notpreis der OPEC.
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Die Sanktionen alleine können und werden es nicht schaffen, den Ukraine-Krieg zu beenden. Sie machen zweierlei:
1. Sie erhöhen die Wahrscheinlichkeit eines Regime-Change im Kreml. 2. Sie reduzieren die Fähigkeit des Kremls, weitere Konflikte zu beginnen.
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Der zweite Punkt ist entscheidend für die zukünftige Sicherheit Europas. Der Krieg in der Ukraine wird die Russen sehr viel Kriegsgerät kosten. Es zu ersetzen wird für die Russen enorm schwierig. Sowohl organisatorisch als auch finanziell.
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Organisatorisch, weil in der gesamten Industrie Ersatzteile, Chips und Know-How knapp werden. Unter großer Not können die Russen womöglich die Korruption bändigen, aber das würde gleichzeitig das System destabilisieren, weil anti-Korruptions-Säuberungen anstünden.
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Szenario Embargo: Aktion und Reaktion. Der Kreml weiß, nur wenn die Heimatfront bröckelt, wird Russland diesen Krieg verlieren. Für zu viele im System Putin steht zu viel auf dem Spiel. Ich glaube leider, die Russen müssen Kriegsrecht verhängen, um die Kontrolle zu behalten.
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Sobald das geschehen sollte, wird die Kontrolle Putins über Wirtschaft und Medien absolut. Abweichler werden drakonisch bestraft. Ab dann würde nur noch echte, spürbare Not die Russen auf die Straße zwingen. Wie kann es dazu kommen?
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Wir müssen uns klar darüber sein, dass die Ukrainer möglicherweise den Krieg nicht verlieren, weil sie kämpfen, komme was wolle. Gewinnen können sie ihm aber nur, wenn der russische Willen zu kämpfen bröckelt. Unter Kriegsrecht wird er zunächst nicht bröckeln.