Da die Überlastung des Gesundheitssystems gerade so ein großes Thema ist (oder eben nicht🤓?)
Ich ziehe jetzt meine persönlichen Konsequenzen daraus und werde in wenigen Monaten die Arbeit als #Hausarzt aufgeben, mich evtl. komplett aus der Patientenversorgung zurückziehen.1/11
Neben persönlichen Gründen, auf die ich hier noch nicht näher eingehen möchte, ist es die momentane Entwicklung unseres Gesundheitssystems, die zu dieser Entscheidung geführt hat.
Dazu folgen ein paar Beispiele: 2/11
Ich habe in den letzten fast 20 Jahren in verschiedenen Institutionen (KH, Praxis) gearbeitet. Überstunden sind hier eine Selbstverständlichkeit. Freizeitausgleich gab es nie und das bei teilweise bis zu 30 Überstunden pro Woche (Ja Woche, nicht Monat!) 3/11
Ich habe viel im Schichtdienst gearbeitet. Da bin ich teilweise um 1 Uhr nachts nach Hause gekommen und musste morgens um 6 Uhr wieder das Haus verlassen. Wirklich freie WE gab es vielleicht mal eines pro Monat. 4/11
Gab es wenigstens vernünftige Weiterbildung? Ja, wenn man sich selbst drum gekümmert hat und bereit war, nach dem Dienst noch etwas zu bleiben, natürlich unbezahlt. Ansonsten "learning by doing" oder "Lernen durch Fehler." 5/11
Nun gut, trotzdem ist etwas aus mir geworden aber die Klinik war einfach zu anstrengend. Ich war zuletzt Oberarzt und damit quasi mit dem KH "verheiratet." Also kam mir die Idee mit der Praxis, da sollte alles besser werden und man kann sich die Zeit ja selber einteilen. 6/11
Aber ab da wurde es richtig verrückt. Die Arbeit und das Durchhaltevermögen der niedergelassenen KollegInnen verdienen wirklich größten Respekt. Leider bekommen sie ihn weder von der KV noch den Krankenkassen oder der Politik. 7/11
Über die ständige Gängelung durch Budgets und Regresse wurde hier schon umfangreich berichtet. Leider trägt die "Amazon-Mentalität" mancher Patienten, also "ich will alles und zwar sofort und kosten darf es nix!" auch nicht gerade zur Entspannung bei. 8/11
Von der Dienstbelastung durch die KV-Dienste (Die mit den beiden Elfen, die auch nachts für Schnupfen 30km rausfahren) ganz zu schweigen. 9/11
Ich habe davon jedenfalls die Nase ziemlich voll und frage mich, wie die Politik diese schlechte Stimmung unter den MitarbeiterInnen im Gesundheitssystem wieder auffangen möchte? Vor allem nach diesem dusseligen #FreeDummDay, der ja vermutlich völlig in die Hose gehen wird.10/11
So, das musste mal raus. Ich gönne mir demnächst ein sabbatical und versuche wieder etwas Energie zu tanken. Danach geht es für mich schon irgendwie weiter.
Hier gibt's dann weniger Corona- dafür vermutlich mehr Wander-Content. 11/11
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Gestern Abend sind übrigens in unserem kleinen Dörfchen das erste Mal ca. 30 sog. "Spaziergänger" ohne Masken oder Abstand an unserer Praxis vorbei marschiert.
Ich könnte kotzen.
Fühlt sich für mich an wie ein Schlag ins Gesicht.
Nach jetzt fast zwei Jahren erheblicher Belastungen und privater Entbehrungen möchte ich bei so einem Anblick am liebsten das Handtuch werfen.
Ich habe Familien leiden gesehen, mehrere Long-Covid-Fälle, auch bei einem Kollegen, zum Teil auch nach >1 Jahr kaum Besserung.
Ich habe einen ehemaligen Arbeitskollegen und einen weiteren (jungen) Kollegen im Landkreis an Corona verloren.
Der Frust sitzt gerade tief und ich frage mich ernsthaft, ob ich diesen Job noch lange weiter mache.
Heute Pat. angemeldet, nicht der erste, hochsymptomatisch nach Skiurlaub im Hochinzidenzgebiet.
War also schön feiern, während wir hier in Impfungen und Abstrichen ersticken.
Wie würdet ihr reagieren?
Die Inzidenz liegt in diesem Skiort aktuell >7000!
Pat. ist geimpft, war mit kleiner Reisegruppe dort (um 10 Personen, bisher 3 mit pos. Schnelltest).
In den überfüllten Skiliften wurden zum Teil keine Masken getragen.
Alles eher jüngere Menschen, die vermutlich keine schweren Verläufe zu befürchten haben.
Sie kommen aber ohne Quarantäne zurück in Familien mit erheblich gefährdeten Personen.
Dargestellt sind alle Impfungen gegen #COVID19 (n=2204) und #Influenza (n=837) des letzten Jahres.
Dazu kommen noch einige hundert von uns betreute Impfungen in Impfzentren. (hier nicht erfasst) 1/4
Wenn für jede Impfung gegen Corona nur 5min Zeit (eher dtl. mehr!) gerechnet werden, so waren es etwa 184 zusätzliche Arbeitsstunden im Jahr 2021.
Dazu kommen (grob geschätzt) 100h für Abstriche. Diese zusätzliche Belastung war noch zu schaffen. 2/4
Aktuell sehen wir jedoch eine deutliche Zunahme der Infektionen und die Arbeitsbelastung steigt enorm.
Seit letzter Woche ist unsere Praxis im "Krisenmodus", d.h. Check-ups und DMPs haben wir erstmal abgesagt.
Dieses verschafft uns zur Zeit ausreichend Puffer für die Infekte. 3/4
Mir platzt regelmäßig der Kragen, wenn mal wieder #HomburgLuegt durch meine Timeline fliegt.
Wie kann ein vermeintlich gebildeter Mensch mit großer Begeisterung so viel Müll von sich geben?
Im aktuellen Tweet möchte er wohl die Wirksamkeit der Impfungen widerlegen. 1/13
Dazu nimmt er zwar reelle Zahlen des RKI, stellt diese aber völlig ohne Sinn und Verstand als Grafik dar.
Was sagt diese Grafik aus? Nur, dass die Anzahl der COVID-Toten pro Woche im Jahr 2021 im angegebenen Zeitraum größer erscheint als im Vorjahr. 2/13
Was #Homburg nicht angegeben hat, ist ein Verhältnis, zum Beispiel die Anzahl der COVID-Toten im Verhältnis zu den Infektionen.
Die entsprechende Grafik habe ich hier einmal für den gesamten Zeitraum der Pandemie für Deutschland erstellt: 3/13
Es ist 5 Uhr morgens und ich bin schon wach.
Warum?
Weil ich mich gerade über den Regress von mehr als 300€ ärgere, den ich gestern bekommen habe, direkt nach den 12 Coronaabstrichen und während meine MFAs mehrere dutzend Pat. geimpft haben. 1/7
Zur Info: Diese Regresse flattern quasi regelmäßig in die Praxis, wenn die Krankenkassen wieder was gefunden haben, wo wir etwas rezeptiert haben, was so nicht zulässig ist. In diesem Fall waren es mehrere Impfungen (Grippe, Tetanus, Hepatitis B,...) aus dem Jahr 2020. 2/7
Wir haben damals den dummen Fehler gemacht, die indikationsgerechten Impfstoffe auf ein Rezept für den Patienten zu verordnen. Aufgrund der "Sprechstundenbedarfsvereinbarung" ist dieses aber nicht zulässig, wir hätten die Impfstoffe als Sprechstundenbedarf bestellen müssen. 3/7