Thread by @M000X

Am vergangenen Wochenende trafen sich #JA und #AfD-Aktivist:innen im #Reinhardswald - gegen einen Windpark und die Rohdungen im Wald.
Ein par Gedanken zum neurechten Mythos des deutschen Waldes, Natur vs. Klimaschutz und warum die Aktion wenig verwundert:
#thread

Reinhardswald:
Eines der größten zusammenhängenden Waldgebiete Deutschlands in Nordhessen, berühmt durch die Legendenbildung der Gebrüder Grimm und ihrer Märchen, welche oftmals in diesem Gebiet entstanden sind und den Mythos über die unberührte Natur Deutschlands stärkten.

Status quo:
In dem Waldgebiet sollen an mehreren Stellen Windräder errichtet werden. Für den Bau und den Standort werden kleine Teile des Waldes gerodet. Dagegen gibt es von lokalen Initiativen Protest - größere Inititiven wie der NABU unterstützen den Windpark hingegen

Am vergangenen Wochenende kam also die AfD/JA und ihr Umfeld um gegen den Bau der Windräder zu protestieren/ sich mit passenden Bildern und Videos zu inszenieren.
Mit dabei waren bekannte Personen wie u.a. MdL Gerhard Schenk, Nils Hartwig, Reinhild Boßdorf oder Jonas Schick

Die Hinwendung zum Umwelt- oder Naturschutz überrascht dabei wenig - unweigerlich verknüpft mit dem Schutz des 'Volkes' a la "Umweltschutz ist Heimatschutz" und der Biologisierung gesellschaftlicher Prozesse als Legitimierung rassistischer und antiliberaler Deutungsmuster

Es verwundert daher auch wenig, dass Jonas Schick in der Mitte des Transparentes posiert. Schick ist als Autor und Herausgeber der neurechten Zeitschrift "Die Kehre" zentrale Person der extrem rechten Auseinandersetzung und Intellektualisierung der Themen Umwelt- und Naturschutz

Besondere Bedeutung hat hier die Mystifizierung und Romantisierung des "Deutschen Waldes", der seit der Romantik als Sehnsuchtsort und völkische Projektionsfläche dient und a la "Der Waldgang" von Ernst Jünger als Symbol für Widerstand gegen Modernität und Liberalismus dient

Damit einhergehend auch immer die völkische Ideengeschichte einer Verbindung von Volk und Raum, Ethnopluralismus und immer auch des völkischen Antisemitismus: germanisches 'Waldvolk' gegen ein vermeintlich jüdisches 'Nomaden- und Wüstenvolk'

Warum gerade der #Reinhardswald und nicht #Hambi oder #Luetzerath?
Hier zeigt sich die Spannungslinie zwischen Klima- und lokalem Umweltschutz. Größere Initiativen stellen den globalen Klimaschutz über den Schutz der lokalen Landschaft. Hier kann die AfD als Kümmerer anknüpfen

Ihnen geht es nicht um den globalen Schutz des Klimas sonder der lokalen 'Kulturlandschaften', des 'Heimischen' und des 'Eigenen' in Abgrenzung zu grünen, liberalen und linken Bewegungen und Parteien und deren Klimaschutzzielen und Aktionen gegen den Klimawandel

Abschließend: Auch bei dieser Aktion handelt es sich um eine neurechte, metapolitische Aktion der Selbstinszenierung. Dies sollte immer mitgedacht werden. In der Realität ist die AfD oftmals nicht so anschlussfähig wie erhofft und auch intern ist das Thema nicht unumstritten

Dazu:
@IbDoku hat zu erst über die Aktion berichtet:

https://twitter.com/IbDoku/status/1508398652498325504

Älterer @tazgezwitscher Artikel über die (erfolglosen) Vereinnahmungsversuchen durch die AfD: taz.de/Initiative-kri…

Noch zwei @Belltower_News Artikel zur Kehre:
belltower.news/die-kehre-neua…
belltower.news/die-kehre-wie-…
Sowie ein Artikel von @AndreasSpeit: taz.de/Rechtes-Oeko-M…

Zum Mythos "Deutscher Wald" auch nochmal der @APuZ_bpb Beitrag: bpb.de/shop/zeitschri…
Sowie ein Artikel von @NF_FARN (hier gibt's übrigens noch deutlich mehr Infos zum Thema Natur- und Umweltschutz von Rechts) nf-farn.de/mythos-deutsch…

@threadreaderapp please unroll

Noch ein wenig mehr theoretischen Background gibt's im zRex Artikel von Tobias Wallmeyer:
Bürgerliche Natursehnsucht und faschistisches Potenzial
budrich-journals.de/index.php/zrex…