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Apr 29 21 tweets 4 min read
Die (im Wortsinn) phantastische Show der Documenta (Hashtag #Documenta) setzt auf Buntheit und Alternative. Ihr ökonomisch Imaginiertes (da hat die psyanalyt. Theorie des Phantasmas einen Vorteil) stellt einr Gemeinschaftswirtschaft vor, das Haus, die Scheune, in die alle
Ernte zur Verteilung zusammengetragen wird. Diese kleinbäuerliche Allmende der vor-utopischen Naturalgesellschaft, ohne Äquivalententausch, ohne Profit und Mehrwertausbeutung, vorgeblich ohne Kapital, findet ihren Gerechtigkeits- und Gleichheitssinn
durchaus im Umland von #Kassel. Dieses Nordhessen ist eine Zentrale submittelständischer Kommunen, die intern gemeinsamme Kasse machen und extern Dienstleister und Warenhersteller sind, Landwirtschaft, Pflege, Handwerk. Kunst bietet (sich) hier (zum) Kollektivismus an, der das
Miteinander-Gegeneinander kontrastieren will; nicht ideologisch, praktisch, denn etwas mit Kunst machen (doing things with art), beansprucht im erweiterten oder entgrenzten Kunstbegriff, wirklich alles gestalterisch bearbeiten zu können. Demnach auch, für 5 Minuten oder einen
Sommer lang, die Wirtschaft selbst und ihren Alltag. Das Vorindustrielle des direkten Lebens, der direkten Versorgung ohne Dazwischenkunft, war ebenso das Spielfeld Rudolf Steiners, dessen in der Kunstwelt bekanntester Schüler Joseph Beuys getreu Kapital nicht zum Umstand
der Macht erklärte und stattdessen demokratisieren wollte, Steiners anti-proletarischen Kurzschluss der Mehrwertproduzentinnen mit den Eigentümern der Produktionsmittel erst in die post-dadaistische Fluxuskunst einführte (den Flügel, das Piano des Bürgertums echt zerstören),
dann die fleißige Biene "am Arbeitsplatz" an dessen Stelle setzte. Kapital sind in der Volksgemeinschaft alle, außer Ausgeschlossenen. Bis hin zur kriegsrationierten Butter, der Margarine, hantiert man Beuyschisch mit realen Stoffen und intersubjektiven Spaces, modelliert sie,
dekonstruiert sie, zum Mitmachen, partizipativ. Die Integrationsfunktion dieser Kollektivismen, die flexibel und diskursiv aufgebaut sind, mitwirkerisch kommunikativ sind oder genauer: aublaufen, überschreiten längst das symbolische Programm einer Kunst der Zeichen, wie
Michael Hirsch in seinen _Zehn Thesen zu Kunst und Politik_ (textem . de/2650.html) noch kritisiert. Zwar verbleibt Kunst im symbolischen Feld, übernimmt aber in der Kreuzung von Ideo-Logie und Praxis beide Register prototypisch. Die Frage ist, ob Ästhetik überhaupt abtrennbar
ist von allem, ob die "innere Struktur" des Sozialen mit der Funktionsgeschichte des Ästhetischen (vgl. die _Funktionshistorische Anthropologie der ästhetischen Produktivität_) mit einem immer wieder neuen partiellen Ende Kunst-Kunst, diesem kategorialen Eigenbereich in der
historisch vergleichweise jungen und zudem fragilen bügerlichen Gesellschaft, nicht ohnehin ästhetisches Gebiet ist. So wie sie nicht Kantisch "an und für sich" kontemplativ prozessiert wird, im Gegenteil erst zur "Ästhetik" des Schönen werden musste und nun politisch fungiert.
Kulisse und Anstrich seien damit überall zu finden, omnipräsent wie das spectacle, plusplus dieses sei die Struktur selber, hinter die authentisch und indigen nicht zurückgegangen werden kann, da jede Ästektik, dem Kulturellen zugeschlagen, Funktions-Form ist und _das Kulturelle_
keinen Kern besitzt (der leerer Signifikant?), immer Schnittmenge und resamplte historiogeografische Wiederholung ist, der Post-Kolonialismus diese Fixierungen der flottierenden Werktätigkeiten von dort, wie es im Deutschen hieß, ihre Sittlichkeit zugeschrieben bekommt.
Keine Gemeinschaftsküche mag verlockender sein als eine, die nie zustandekommt. Mit einem schlichten Satz, endet die Entgrenzung der Kunst, alles zu gestalten, am Werktor. Beim Sponsor Hübner und beim Sponsor Volkswagen. Das Politikum dieser vormodernen, vorkapitalistisch
völkischen Kollektiv- oder Sozialkunst ist ihre Irrelevanz und ihr Korrektiv, womit sie, mit Hirsch (s.o.), der symbolischen (Diskurs-)Linken die Politik streitig macht und vom Anspruch sofort wieder ins Symbolische (meinen, sagen, darstellen) zerfällt. Der Umschlag vom
Anschaubaren (das Spektakel Leben in der Mehrwertwelt der Warenproduktion und -konsumtion) ins Wirkliche, wie es für 1968 für einen Moment des Kurzzuvor vermutet wird, mag vom massiven Gerüst des staging aus nicht gelingen.
Marga Krav
Korrekturen: eine Gemeinschaftswirtschaft; da jede Ästhektik; dessen in der Kunstwelt bekanntester Schüler Joseph Beuys Steiner getreu; stattdessen "demokratisieren" wollte; Die Integrationsfunktion dieser Kollektivismen, die flexibel und diskursiv
aufgebaut sind, mitwirkerisch kommunikativ sind oder genauer: ablaufen; mit einem immer wieder neuen partiellen Ende der Kunst-Kunst; ins Symbolische (Meinen, Sagen, Darstellen). Anm.: Es wird laut Konzept des "ruruHaus" nicht "alle" Ernte, sondern überschüssige verteilt. Ein
Überschuss wird (vor-)kapitalistisch aber gerade generiert, um ihn mit einem Surplus zu verkaufen, Surplus Stoff wird Surplus Geld (im Weiteren "Kapital"). Darauf hinzuarbeiten, dieses Surplus könne direkt an die Bedürfnisse einer Gemeinschaft gekoppelt werden, liest sich
progressiv, geht aber von Eigentumsverhältnissen aus, die der Kapitalismus nur im Zier- und Freizeitgarten kennt.

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