Die Replik von Hartmut Rosa in @derspiegel zum Beitrag von Ralf @fuecks über Russlands Krieg gegen die #Ukraine ist ein Musterbeispiel für faktische Uninformiertheit und argumentative Unredlichkeit der hiesigen Debatte dazu.
Zentrales Element solcher Texte: die #TäterOpferUmkehr. Rosa behauptet etwa, die „Drohung“ der ukrainischen Regierung, die russische Schwarzmeerflotte von der Krim „zu vertreiben“, sei „ein wesentlicher Grund für Putin“ gewesen, die Krim zu annektieren.
2/19
Nur: Die Krim-Operation begann bereits, als Janukowitsch noch an der Macht war; es gab keine Drohung. Wie kann man acht Jahre, nachdem Putin seine offensiven Motive offengelegt hat (die „Rückkehr“ der „heiligen Krim“ nach Russland) die Operation als Notwehr darstellen?
3/19
Verblüffend daher Rosas Vorschlag für die Beendigung des Krieges: Die Ukraine erkenne die Eroberungen des Kremls an, dafür würden die Ukraine „und meinetwegen auch Moldau und eventuell Georgien“ in die Nato aufgenommen. Kann man klarer seine Ahnungslosigkeit offenbaren?
4/19
Warum sollte Putin darauf eingehen? Er hat den Krieg 2014 begonnen, als es bloß um die EU-Assoziierung der UA ging. Selbst die Nato-Mitgliedschaft einer Rest-Ukraine wird er verhindern wollen. Abgesehen davon ist er eben gegen die Existenz der Ukraine als unabhängiger Staat.
5/19
Rosa brennt ein Feuerwerk der Unredlichkeit ab. So stellt er die Klimakrise dem Ukrainekrieg gegenüber – wer auf den Sieg der Ukraine setze, nehme „damit den globalen Ökozid in Kauf“. Im Klartext: Liebe Ukrainer, ihr müsst euch für den Rest der Welt opfern, gibt Wichtigeres.
6/19
Geradezu atemberaubend ist die Unterstellung, „die neuen Bellizisten“ würden „wohlweislich nie“ über die Opfer des Krieges sprechen. Hat er deren Texte nicht gelesen? Leute wie @fuecks stellen diese Opfer ins Zentrum ihrer Argumentation.
7/19
„Neu“ ist diese „bellizistische“ Haltung auch nicht – gerade die „Grünen“ haben sich schon 1994/95 unter dem Eindruck der Opfer des Bosnienkriegs und dann 1999 angesichts der „ethnischen Säuberungen“ in Kosovo vom kompromisslosen Pazifismus abgewandt.
8/19
Es überschreitet daher die Grenze zur üblen Nachrede, wenn Rosa mit Blick auf die „Bellizisten“ schreibt, „dass man selbst natürlich nicht ans Töten und Getötetwerden denkt, dass man aber gerne dazu beiträgt, dass dies anderswo anhält und weitergeht“.
9/19
Es verwundert daher nicht, wenn Rosa suggeriert, die „Bellizisten“ planten eine Art neue Art neue Operation Barbarossa: Sie wollten Russland bekämpfen, „bis die letzte russische Kompanie aufgerieben ist“. Merkt er denn gar nicht, dass er haargenau wie Putin spricht, der…
10/19
…den russischen Überfall auf die Ukraine als Präventivkrieg darstellt? Und Rosa geht sogar noch weiter als Putin: Der Soziologe sieht als Endziel der „Bellizisten“ nicht bloß die Niederwerfung Russlands, sondern allen Ernstes die Weltherrschaft des Westens. Wenn…
11/19
…Putin besiegt sei, „daran kann kein Zweifel bestehen“, würden sich die Bellizisten den chinesischen Führer Xi Jinping vornehmen. Rosa denunziert die Unterstützung für die Ukraine als „missbräuchlichen Hypermoralismus“, der schon auf dem Balkan gescheitert sei. Dass dort…
12/19
…mit schändlicher Verspätung ein Völkermord gestoppt und in Kosovo Massenverbrechen verhindert wurden, ignoriert er bezeichnenderweise.
Während Rosa selbst den „Bellizisten“ unterstellt, zivile Opfer zu ignorieren, tut er genau das. Die Abtretung von Krim und Donbas…
13/19
…sei „nicht schön“, schreibt er. Das ist entlarvend flapsig formuliert – und klingt, als ging es ‚nur‘ um Territorium, nicht um Menschen, die dort unter einem Terrorregime leben müssen: Man weiß seit 8 Jahren um die Folterkeller von Doneck. Auch Rosa könnte es wissen.
14/19
Es gehe nicht darum, „der Ukraine etwas vorzuschreiben“, versichert Rosa eingangs treuherzig, man solle die ukrainischen Politiker nur zu bestimmten Schritten „ermutigen und ermuntern“. Am Schluss des Text hingegen hat Rosa Knochen im Schnurrbart: Da…
15/19
… schreibt er mit Blick auf einen möglichen Weg zu einer „Verhandlungslösung“ ganz offen, die Ukraine könne sich den Bruch mit dem Westen „nicht leisten“. Deutlicher lässt sich nicht sagen, dass ihr ein Waffenstillstand von außen aufgezwungen werden soll.
Mich wundert…
16/19
…dass so viele angesehene Wissenschaftler, die sich selbst über Unredlichkeit, fehlende Fairness und mangelnden Realismus in der Debatte um den Krieg beklagen, so unredlich, unfair und mit so vielen falschen Fakten hantieren. Als Wissenschaftler sollten sie…
17/19
…kohärent argumentieren und fünf Minuten im Internet recherchieren können: Man muss kein Osteuropaexperte sein, um die Behauptungen wie die mit der „Drohung“ bezüglich der Schwarzmeerflotte als Fake erkennen zu können. (Dergleichen Fakes sind Legion.) Es ist auch nicht…
18/19
… zu viel verlangt, Argumente der Gegenseite an *konkreten* Aussagen, Zitaten zu belegen, statt sich Strohmänner zu basteln.
Konstruiert weniger „Modelle“ und „Theorien“, kümmert euch mehr um die Empirie...
19/19
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Zur Debatte um #Bandera: So wichtig sie ist - es darf darüber nicht außer Blick geraten, wer die Haupttäter und Initiatoren des Mordes an den Juden waren.
Aufschlussreich sind dazu die Anweisungen von #Heydrich, Chef des Reichssicherheitshauptamtes, vom 2.7.1941:
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„Den Selbstreinigungsversuchen antikommunistischer oder antijüdischer Kreise in den neu zu besetzenden Gebieten sind keine Hindernisse zu bereiten, sie sind im Gegenteil, allerdings spurenlos, zu fördern, …
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…ohne daß sich diese örtlichen „Selbstschutz“-Kreise später auf Anordnungen oder gegebene politische Zusicherungen berufen können.“
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Merkel suggeriert, der Westen sei gar nicht am Frieden interessiert - er habe „nie versucht, etwa mit China eine Verständigung über die Beendigung des Krieges herbeizuführen.“
Italien habe einen 4-Punkte-Plan dafür festgelegt, doch: „Dabei haben gleichzeitig…
2/15
…der Westen - ganz offensichtlich unter dem Einfluss der USA - und die Ukraine die Kriegsziele verändert, das heißt die Zurückeroberung des gesamten Territoriums, inklusive der Krim.“
Die USA sind für ihn also die eigentlich Verantwortlichen für das Fortdauern des Krieges
3/15
„Je länger die Maßnahmen [des Westens zur Unterstützung der Ukraine] fortdauern, desto unklarer wird allerdings, welches Kriegsziel mit ihnen verbunden ist.“
Eine Perle der Logik: Wenn die Unterstützung weniger lange andauert, wird deren Ziel klarer?
2/
„Die Fortführung des Krieges mit dem Ziel eines vollständigen Sieges der Ukraine über Russland bedeutet Tausende weitere Kriegsopfer (…).“
Wir erinnern uns: Russland hat ein solches Ziel, die Ukraine will nur ihre besetzten Gebiete befreien.
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In einer Rede am 22.6.2016 vor dem sowjetischen Ehrenmal im Tiergarten #Berlin sagte er u.a.:
„Auch das ukrainische Volk soll Platz in diesem europäischen Haus haben. Aber nicht, solange…
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… in #Kiew nur der als guter Ukrainer gilt, der die Russen hasst. Ein solches Volk hat kein Platz im europäischen Haus.“
Das war gut zwei Jahre nach Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine. Eppler sprach teilweise mit geradezu hasserfüllter Stimme. Er wiederholte…
2/
… zu großen Teilen Argumente der russischen Propaganda. Putin könne doch nicht zitternd warten, so sagte er, ob eine „leidenschaftlich antirussische Regierung“ vielleicht doch noch den Pachtvertrag der russischen Schwarzmeerflotte kündige. Russland befinde sich in Defensive.
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