Mein Tweet über Nudelpreise hat erstaunlich große Aufschreie hier auf Twitter hervorgerufen, bis hin zu der These, es gäbe prinzipiell keine #Gewinninflation und außerdem sei es "absurd", dass ein Kostenschock zu höheren Gewinnen führen könne. 1/
Zunächst einmal: #Gewinninflation ist kein Konzept, dass ich mir ausgedacht hätte. Es geht auf eine lange Diskussion mit akademischen Beiträgen unter anderem von Michal Kalecki zurück und wird in den USA auch heute noch aktiv diskutiert. 2/
Was ist nun #Gewinninflation? #Gewinninflation ist, wenn durch Ausweitung der Gewinnmargen die #Inflation steigt bzw. über den Zielwert der Zentralbank hinausschießen. 3/
Das ist dann der Fall, wenn die Gewinne über mehrere Quartale stärker steigen als das Inflationsziel der Zentralbank und die Lohnstückkosten. In diesem Fall steigt das gesamtwirtschaftliche Preisniveau dadurch, dass die Gewinne überproportional zulegen. 4/
Wenn in einem solchen Fall die Beschäftigten nicht bereit sind, den durch die Gewinnausweitung der Unternehmen verursachten Verlust an Reallöhnen hinzunehmen, steigen auch die Lohnforderungen und die Inflation beschleunigt sich weiter. 5/
(Spiegelbildlich kann es natürlich auch eine lohninduzierte Inflation geben, wenn die Lohnstückkosten über längere Zeit schneller zulegen als es das Inflationsziel der @ecb erlaubt.) 6/
Nun hat @phuenermund die These geäußert, dass es nicht sein könne, dass ein Kostenschock zu höheren Margen führe.
Das stimmt in komparativ-statischen Lehrbuch-Modellen, nicht aber notwendigerweise in einer dynamischen, inflationären Umgebung. 7/
Anders als im komparativ-statischen Lehrbuch-Mikromodell kennen die Unternehmen in der realen Welt die Nachfragefunktion in ihren Märkten nicht genau. Sie machen Schätzungen und entscheiden dann, wie sie Preise setzen. 8/
NB: Die Preissetzung in makroökonomischen Modellen hat bekanntermaßen mit der empirischen Realität wenig zu tun. Die meisten Modelle benutzen ein so genanntes „Calvo“-Pricing Modell, bei dem die Unternehmen mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit ihre Preise ändern dürfen. 9/
Empirisch steht diese Art der Preissetzung im Widerspruch zur Empirie. Diese Annahme über Preissetzung wird aber eingesetzt, weil sie zur leichteren Lösbarkeit der Modelle beiträgt und für viele Situationen ist das wahrscheinlich eher unproblematisch. 10/ bde.es/f/webbde/SES/S…
In einer statischen Umgebung würden die Unternehmen, die zu hohe Preise verlangen, durch einen Rückgang der Nachfrage und Gewinnrückgang bestraft.
In einer inflationären Situation kann die Inflation gerade dadurch angeheizt werden, dass viele Unternehmen 11/
gleichzeitig versuchen, ihre Margen über Preiserhöhungen zu erhöhen, weil dieser Inflationsschub dann zu höheren nominalen Lohnabschlüssen führt und am Ende jene Unternehmen die Dummen wären, die nicht die Preise zur Margenstärkung erhöht haben. 12/
Ein Umfeld mit Energiepreisschocks wie derzeit bietet den Unternehmen eine gute Gelegenheit, Preise zu erhöhen, weil sie hoffen können, dass die Kunden nicht richtig unterscheiden zwischen angemessener und übertriebener Preisweitergabe. 13/
In den USA kann gezeigt werden, dass es dabei vor allem Unternehmen mit Marktmacht sind, die in diesem Umfeld (erfolgreich) ihre Gewinnmargen erhöht haben. 15/ rooseveltinstitute.org/wp-content/upl…
Es braucht also keine Veränderung der Marktmacht für Gewinninflation, sondern die Interaktion aus Marktmacht und Schocks verursacht die Gewinninflation. 16/
Gesamtwirtschaftlich stellt sich die Frage, wie relevant empirisch steigende Margen für die #inflation sind. Hier stellt sich das Problem, dass wg. #Covid19 die Daten der vergangenen Jahre sehr schwankungsanfällig sind und es Probleme mit der Saisonbereinigung gibt. 17/
Tatsächlich waren aber die gesamtwirtschaftlichen Margen in Deutschland im Jahresendquartal 2021 spürbar höher als im Jahresendquartal 2019 (unmittelbar vor #Covid19). 18/
Wenn man nun die entsprechenden Zeitreihen etwas glättet, so erkennt man, dass in Deutschland ab Anfang 2001 die Gewinne sich nicht nur vom #Covid19 Einbruch erhöht haben, sondern seitdem stärker steigen, als es mit dem Inflationsziel der EZB vereinbar wäre. 19/
(Wohlgemerkt: Das sind Margenerhöhungen bei einem Kostenschock!) 20/
Ob der Trend anhält, ist freilich noch nicht klar. Dazu müssen wir die Daten der nächsten Quartale abwarten. (Details zum 2. Quartal 2022 gibt es noch nicht, das 1. Quartal 2022 war von irregulären Steuerzahlungen verzerrt.) 21/
P.S.: In den USA ist das Bild übrigens noch einmal deutlicher: Hier sind gegenüber Ende 2019 vor allem die Gewinne schneller gestiegen als es das Inflationsziel der Fed eigentlich zulassen würde, zuletzt auch die Lohnstückkosten. /END
Ab Anfang 2021, nicht Anfang 2001 natürlich. Sorry!
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Wir haben heute unser neues @imkflash Prognose-Update vorgelegt. Für 2022 haben wir das Wachstum in Deutschland leicht auf 1,9 % (von 2,1 %) herunter revidiert, für kommendes Jahr auf 2,6 % (von 3,2 %). 1/ imk-boeckler.de/de/faust-detai…
Die Inflation wird mit 6,9 % dieses Jahr höher ausfallen als schon im März von uns prognostiziert (als wir unsere Inflationsprognose bereits stärker als viele andere Institute auf 6,2 % erhöht hatten). Kommendes Jahr fällt sie auf 2,6 %. 2/
Damit verzögert sich die Erholung nach der #Covid19-Pandemie weiter: Das deutsche BIP wird erst zur Jahreswende 2022/3 das Vor-Pandemie-Niveau wieder erriechen, der Konsum erst im Jahre 2023. 3/
Nor is such a transaction limited “because there might not be enough ruble” in the market. 2/
To understand this, remember what a foreign exchange transaction under flexible exchange rate is: You trade a deposit AT A COMMERCIAL BANK in one currency against a deposit AT A COMMERCIAL BANK in another currency. 3/
Schöne Zusammenfassung von @andreashoev zu unserem aktuellen @imkflash Inflationsmonitor.
Bislang kommt die Belastung bei der Inflation noch sehr stark durch höhere Kraftstoffpreise. 1/
Wie man aber sieht, belastet das die Ärmsten nur sehr wenig, weil die Geringverdienerhaushalte meist gar kein Auto haben (und sich keins leisten können). 2/
Anders bei der Haushaltsenergie: Hier werden Geringverdienerhaushalte prozentual stärker belastet. Mit steigendem Einkommen sinkt die zusätzliche Belastung. Familien leiden, weil sie sowohl von Preisanstieg bei Kraftstoffen wie auch bei Haushaltsenergie betroffen sind. 3/
Laut @bundesbank Präsi. Nagel kann die 🇩🇪 Inflation 2022 im Jahresschnitt 5 % erreichen.
Zuletzt hat das @imkflash oft niedrigere Inflation als die @bundesbank prognostiziert. Anders nun: M.E.n. könnte diesmal die Inflation noch höher ausfallen. 1/ zeit.de/news/2022-03/0…
So, wie derzeit die Energiemärkte aussehen, läuft die deutsche Inflation im Jahresschnitt eher auf 6 % oder sogar mehr zu denn auf 5 %. Für einzelne Monate sind sogar Raten deutlich darüber möglich. 2/
Für solche Vorhersagen muss man nicht einmal davon ausgehen, dass die Energiepreise auf dem aufgeheizten aktuellen Niveau wie heute bleiben. Wenn die Preise bleiben, wo sie sind, könnte die Inflation noch höher ausfallen. 3/
Der @derspiegel berichtet über unsere neue @imkflash Studie von Silke Tober zur unterschiedlichen Belastung für unterschiedliche Haushaltstypen durch die aktuell hohen Inflation. 1/ spiegel.de/wirtschaft/soz…
Ergebnis unserer Studie: Familien mit mittleren Einkommen erleben derzeit die höchste spezifische Inflationsrate, mehr als ein Prozentpunkt höher als Single-Haushalte mit geringen Einkommen. 2/
Grund dafür ist, dass derzeit in Deutschland Kraftstoffe, Haushaltsenergie, Nahrungsmittel und Pauschalreisen die größten Inflationstreiber sind.
Familien mit Kindern verbrauchen im Verhältnis viele Nahrungsmittel und viel Kraftstoffe und sind damit besonders belastet. 3/
In the past days, I have received a number of questions on whether the @ecb should not also increase interest rates if the @federalreserve does.
My answer was: The @ecb has to look after the €-area, and conditions here are different. A 🧵 /1
Most observers have focused on the different recovery paths of aggregate demand. While this is an important point, another issue is almost as important: Energy price hikes have different effects in the €-area than in the US. 2/
The reason for this is that the US has recently become a net energy EXPORTER (even if only marginally) while the €-area is a massive energy IMPORTER. 3/