Thread by @Leo_Proettel

Überall wo ich im Urlaub bin, sehe ich Rentnerinnen in Parks oder auf Straßen in Gruppen sitzen und die Zeit genießen oder totschlagen, aber in Deutschland nicht. Warum? Was fehlt?

In den Antworten war schon alles drin, was ich erhofft hatte und ein bisschen mehr, was mir neu war. Ich fasse mal zusammen.

Opportinität, also die Möglichkeit draußen zu sitzen. Das bedeutet auf der einen Seite, dass es Räume gibt, die qualitätvoll sind, die ich aber auch erreichen kann. Rentnerinnen sind oft nicht gut zu Fuß. Diese Räume in den Fotos liegen dicht an Wohnungen.

Die heutige Rentnergeneration in D ist eine der ersten, die zu großen Teilen im Einfamilienhaus gelebt hat. Die EFH-Siedlungen sind auf das Auto ausgerichtet. Das heißt, dass man weniger Kontakt zu Nachbarn hat UND dass es kaum öffentliche Treffpunkte gibt.

Schatten, Ruhe, Sicherheit sind wichtig. Hier sind es auch gerade die Bänke, die vorhanden sein müssen. Für ein sicheres Umfeld braucht es auch eine hohe Dichte an Menschen, denn wo Menschen sind, sind Räume nicht vakant und verwahrlosen (Soziale Kontrolle/Anerkennung).

Das funktioniert, wenn eine Gruppe Menschen einen Ort als "ihren Ort" annimmt und für diesen sorgt. Anwohnerinnen, Schachspieler (alle männlich), die Frauen die mittags tauben füttern. Nimmt sich niemand eines Ortes an, verwahrlost er.

Man muss die Gelegenheit haben sich zu treffen. In den Bildern sind Männer dominant. Man findet auch Frauen, aber weniger. Männer sind es gewohnt, dass jemand für sie den Haushalt macht und sie Freizeit haben. Dieses Verhalten übernehmen sie auch in die Rente.

Ich erlebe in Deutschland viel mehr, dass man sich als Paar mit anderen Paaren trifft, als mit den "eigenen Freunden". Das liegt daran, dass Kinderbetreuung in D den Müttern alleine aufgebürdet wird und Väter und Großeltern eine geringere oder keine Verantwortung übernehmen.

Es fällt auch auf, dass es zwar weibliche Paare gibt, aber wenig gemischte Gruppen und meist die Männer in größeren Gruppen sitzen. Stärkere verdrängen schwächere, wenn wenig Raum vorhanden ist. Viele Sitzgelegenheiten sind deshalb auch ein Beitrag zur Gleichberechtigung.

Kultur. Ich halte mich in Deutschland sehr zurück fremde Menschen anzusprechen, das ist in meiner Heimat Polen anders. Man spricht vom "Land der Blicke" weil es ublich ist auch Fremden in die Augen zu sehen und sie anzusprechen. Irgendwo muss man anfangen.

Kommerzialisierung. Wisst ihr, wo für euch die nächste Sitzgelegenheit ist, welche nicht zu einem Café, Bäcker oder dergleichen gehört? Gerade in Innenstädten werden Sitzgelegenheiten abgebaut, weil da Obdachlos oder Jugendliche sich niederlassen könnten.

Wir haben gerade die Innenstädte zu einem Treffpunkt mit Eintritt gemacht und verhindern dass Menschen sich unkommerziell einfach so treffen, weil dies Konkurrenz für die Gastronomie bedeutet. Wo ist die Piazza für jung und alt?

Kurzum: Gute öffentliche Räume für alle, in dicht gebauten Wohnvierteln, derer sich Menschen annehmen und eine Gesellschaft die offen auf andere zugeht und soziale Arbeit verteilt, schaffen auch im Alter soziale Kontakte und Austausch.

Deshalb #bancars