Thread by @Drahteselritter

Ich möchte anhand der belgischen „Kusttram“ darauf eingehen, warum es für das Gelingen der #Verkehrswende nicht ausreicht, den #ÖPNV attraktiver zu gestalten, ohne dabei den #Autoverkehr anzurühren. (cc: @_Katja_Diehl_)

Ein Faden:🧵

Die Kusttram verbindet auf einer Streckenlänge von 67 km alle belgischen Küstenorte an der Nordsee miteinander und gilt damit als die längste Straßenbahnlinie der Welt. Mit insgesamt 67 Haltestellen (davon 55 barrierearm) sorgt die Kusttram für eine sehr gute Erschließung, (2/11)

das gilt selbst für die Strandabschnitte außerhalb der Ortschaften. Auch das Fahrplanangebot lässt sich sehen: In der Hauptsaison verkehrt die Kusttram alle 10 Minuten, zwischen den beiden größten Orten (Ostende und Mittelkerke) sogar alle 5 Minuten. (3/11)

An sechs Haltestellen besteht direkter Anschluss an die Eisenbahn; von der belgischen Hauptstadt Brüssel braucht man keine 1,5 Stunden bis zur Küste. Übrigens hat Belgien einer der dichtesten Eisenbahnnetze weltweit, außerdem leben 98 % der Belgier in Städten. (4/11)

Eine Tageskarte kostet 7,50 €, wer drei Tage am Stück mobil sein möchte, bezahlt 15 €. Mit dem Ticket kann man nicht nur die Kusttram benutzten, sondern alle Bahnen und Busse (außer Expresslinien) des Betreibers @delijn. (5/11)

Die Fahrscheine lassen sich über alle üblichen Vertriebswege kaufen: Agenturen, Automaten oder online. Genauso kann ich eine Bezahlapp (z. B. Google-Pay) oder meine Bankkarte an das Terminal im Fahrzeug halten (per NFC) und erhalte für 2,50 € einen 60-Minuten-Fahrschein. (6/11)

Kurzgefasst: Eine Urlaubsregion kann nicht besser mit dem ÖPNV erschlossen sein, die Nutzung der Kusttram wurde, was Fahrplanangebot und Bezahloptionen angeht, so einfach wie möglich gestaltet. Ohne größere Fußwege fährt die Kusttram bis an den Strand. (7/11)

Wer wie ich mit dem Fahrrad an der Küste entlangfährt (die #Fahrradmitnahme ist übrigens in der Kusttram für 2 € möglich), wird von der Blechlawine, die sich entlang der Küste ergießt, überrascht sein. Auch die Parkplätze an den Stränden sind randvoll mit Autos gefüllt. (8/11)

Das Beispiel #Kusttram zeigt: Das oft gebrachte Argument, dass ein gut ausgebauter und preislich attraktiver ÖPNV ausreicht, um die Menschen zum Umsteigen zu bewegen, ist vergiftet. Der politische Wille, den ÖPNV attraktiv zu gestalten, ist häufig gering ausgeprägt. (9/11)

Wir brauchen in Sachen Verkehrswende nicht nur Zuckerbrot, sondern auch die Peitsche (Pull-and-Push). Denn: Das Mobilitätsverhalten beruht meist auf Gewohnheiten und die ändert man selten anlasslos. (10/11)

Die #Klimakrise drängt und wir haben in Sachen #Klimaschutz viel zu lange auf das Prinzip Hoffnung (vgl. #Technologieoffenheit) gesetzt und damit kostbare Zeit verloren, so dass die jetzt zu ergreifenden Maßnahmen umso drastischer ausfallen müssen. (11/11).