Twitter Serie #4: Die Geschichte der #Moral des guten Sparens
#Sparen ist eine Tugend. Kaum eine Moral ist in Deutschland so stark verwurzelt. Aber wieso ist das #Sparen ein so zentraler Teil unserer Identität? Ein kurzer Blick in die Geschichte…
Als Erinnerung: zu sparen bedeutet Verzicht auf Wohlstand heute, mit der Hoffnung in Zukunft dieses Ersparte zu mehren oder als #Versicherung gegen Risiken.
#Sparsamkeit - also der sparsame Umgang mit Dingen - gab es schon sehr früh. Ab dem 18. Jh. wurde damit aber stärker der Umgang mit Geld gemeint. Sparsamkeit wurde zusammen mit Ordnung, Reinlichkeit und Pünktlichkeit zu einer bürgerlichen #Tugend.
1778 wurde in Hamburg die 1. Sparkasse gegründet. Anders als andere Banken stand sie auch Menschen mit geringen Einkommen offen. Der Gründungsgedanke: #Eigenverantwortung. Menschen sollten einen Teil ihres Geldes zurücklegen, um sich selbst gegen Risiken abzusichern.
Um das Sparen für alle zu fördern, wurde mit einem preußischen Ministererlass 1854 für jeden Kreis eine #Sparkasse pro Kreis vorgeschrieben.
Ab dem 19. Jahrhundert wurde die #Tugend des Sparens noch weiter politisiert. Es galt als Mittel gegen Unzufriedenheit und revolutionäre Umtriebe an. Beispielhaft dazu zwei Auszüge aus der Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft von 1908:
Auch die #Schulen wurden instrumentalisiert, um das Sparen als Tugend zu etablieren und Ersparnisse zu mobilisieren. Bereits in den 1870er-Jahren gab es #Schulsparkassen. Hier ein Sparautomat für Schulkinder (um 1910):
Der Erste Weltkrieg wurde in erheblichen Maße durch #Kriegsanleihen finanziert. Begleitet wurde dies durch eine Propagandakampagne, die private Ersparnisse für den Krieg zu mobilisieren sollte.
Das Versprechen, Kriegsanleihen seien eine gute Art des Sparens, erwies sich häufig als falsch. Trotzdem gelang es der Politik auch nach solchen Erfahrungen, das Sparen als #Tugend und bürgerliche #Pflicht weiterhin fest in der Psyche der Deutschen zu verankern.
Die Instrumentalisierung des Sparens wurde im Nationalsozialismus intensiviert. Eine Kampagne zum “eisernen Sparen” versprach eine gute Rendite und pochte auf die patriotischen Pflicht.
Für Zwangsarbeitern aus der Sowjetunion wurde sogar ein #Zwangssparen verordnet. Hinzu kamen #Zwangsenteignung vieler jüdischer und anderer verfolgter Menschen.
Die #Tugend des Sparens war auch in der BRD wie DDR fest verankert. Trotz aller Katastrophen und Verluste - den Kriegen, der Hyperinflation 1923, der Währungsumstellung 1948, der wiederholten Instrumentalisierung des Sparens durch die Politik - sparen die Deutschen weiter stark.
Fazit: Die #Moral des guten Sparens hat eine lange Geschichte in Deutschland. Das Bild des moralisch vorbildlichen Verhaltens gipfelt im Ideal der viel zitierten
schwäbischen Hausfrau.
Viele der Analyse hier zu Sparen, Schulden, Zinsen und Inflation werden im Detail in meinem neuen Buch (März 2022) “Geld oder Leben — Wie unser irrationales Verhältnis zum #Geld die Gesellschaft spaltet” besprochen.
diese Entwicklung mit diesen Zahlen ist nichts Neues, wir hatten mit ähnlichen Berechnungen bereits 2013 am DIW Berlin auf die Investitionslücke hingewiesen. Sie ist seitdem noch deutlich größer geworden.
Wie die Studie zurecht anmerkt, so sind die 600 Milliarden € eher eine Untergrenze der Investitionslücke, denn notwendige #Investitionen in das Gesundheitssystem sind nicht enthalten, wie auch viele andere Bereiche beiInnovation, Forschung und Entwicklung.
Der #Sozialstaat-#Populismus spielt verletzliche Gruppen gezielt gegeneinander aus. Er polarisiert die Gesellschaft, macht politische Reformen unmöglich und höhlt die #Demokratie aus. Davon profitiert einzig und allein die #AfD.
Der deutsche #Sozialstaat ist — trotz vieler Verbesserungsmöglichkeiten — effektiv. Es gibt in vieler Hinsicht heute weniger Bedürftige als vor 15 oder vor 30 Jahren - der Niedriglohnsektor ist geschrumpft, die Arbeitslosenquote ist gering.
Der Anstieg der Sozialausgaben ist primär der Alterung unserer Gesellschaft und nicht einer vermeintlichen Faulheit oder fehlenden Leistungsbereitschaft der Menschen – wie manche Politiker gerne behaupten – geschuldet.
Eine Klarstellung, da ein Zitat von mir zur Bezahlkarte in den sozialen Medien zirkuliert, das von manchen aus AfD und anderen aus dem Zusammenhang gerissen wurde:
Eine schlechte Willkommenskultur, hohe Hürden für die #Integration in Arbeitsmarkt und Gesellschaft und …
…Kürzungen von Leistungen sind alles „Pull Faktoren“, die vor allem die #Zuwanderung von hochqualifizierten Migrant*innen reduzieren — weil diese Menschen meist eine Wahl haben, ob sie Deutschland oder ein anderes Land wählen — wogegen es die Zuwanderung von Asylsuchenden …
…und gering qualifizierten Migrant*innen dagegen kaum reduziert — weil diese eben meist kaum eine Wahl haben.
Das Folgende sind Zitate aus meiner Zeit-online-Kolumne vom November 2023, die auch Links zu wissenschaftlichen Studien enthält:
Die anhaltende Schwäche der #Wirtschaft Deutschlands ist nicht überraschend und kein Grund zur Panik. Sie ist vor allem das Resultat des #Ukraine-Kriegs, denn die hohen Kosten für #Energie und Lebensmittel bremsen den privaten Konsum und auch Exporte und #Investitionen.
Die Schwäche #China|s und die hohe geopolitische Unsicherheit durch die Kriege in der Ukraine und im Mittleren Osten treffen die deutsche Exportwirtschaft hart. Das Gerede von Deutschland als „kranker Mann Europas“ sind fehl am Platz, denn Deutschland leidet stärker …
Das #Grundgesetz und das Urteil des Bundesverfassungsgerichts erlauben es dem Staat nicht, die Zahlungen des #Bürgergeld signifikant zu kürzen, da der Staat der Sicherung des Existenzminimums verpflichtet ist.
Eine Kürzung des Bürgergelds wäre kontraproduktiv. Es würde die soziale #Teilhabe und die Chancen der Betroffenen im Arbeitsmarkt verschlechtern und verhindern, dass mehr Menschen schneller und besser Arbeit finden. Die #Sozialsysteme würden noch stärker und länger belastet.
Wir müssen weg von dem Denken, Menschen nach ihrem finanziellen Beitrag zum Staat bewerten zu wollen.
Eine erfolgreiche #Integration von Migrant*innen ist mit die klügste Zukunftsinvestition, die 🇩🇪 heute tätigen kann. #Migration
Wirtschaft und Gesellschaft sind kein Nullsummen-Spiel, bei dem der Nutzen des einen der Verlust der anderen ist. Ganz im Gegenteil: #Wohlstand, #Demokratie und #Frieden sind nur deshalb möglich, weil Menschen voneinander profitieren und nur als Gemeinschaft stark sein können.
Migrantinnen und #Migranten sind kurzfristig eine erhebliche wirtschaftliche und finanzielle Belastung für Deutschland, jedoch langfristig schaffen sie einen essenziellen Nutzen, auch für die Wirtschaft.