Alles Wissen, jegliche Wahrnehmung, ĂŒberhaupt alles, was Etwas von Nichts unterscheidet, ist aus meiner subjektiven Sicht -- und nur ĂŒber diese habe ich Gewissheit -- Teil des Geistes, der insgesamt mein ICH ist.
Das ICH spĂŒrt seine eigene Existenz und kann sich selbst ergrĂŒnden, diese Eigenschaft nennt man Bewusstsein.
Unter den Bewusstseinsprozessen gibt es eine spezielle Gruppe: die Sinneswahrnehmungen.
Diesen unterstelle ich, dass sie auf irgendeine Weise von einer unbekannten AuĂenwelt erzeugt werden. Nicht immer trifft dies zu: man denke an TrĂ€ume, Halluzinationen, u.v.m.
Nichtsdestotrotz ist die Existenz einer AuĂenwelt, die von prinzipiell anderer Natur ist als das ICH --
-- mit diesem jedoch Signale auszutauschen vermag -- eine brauchbare Arbeitshypothese.
Signale von der AuĂenwelt zum ICH nennt man Sinneswahrnehmungen, die Gegenrichtung bezeichnet man als Handlungen.
Man beachte, dass sowohl diese wie jene Prozesse innerhalb des ICH sind: sehe ich ein rotes Rechteck, ist der Vorgang dieses Sehens eine Funktion des Geistes; kicke ich einen Ball, so muss mein Geist dazu den Vorgang des Kickens denkens.
(Anzumerken ist, dass auch das Bewusstsein selbst -- genauer: das SpĂŒren eines ICH -- eine Art Wahrnehmung ist: eine nach innen gerichtete, mit der der Geist sich selbst zur Kenntnis nimmt.)
Der Geist verfĂŒgt noch ĂŒber eine weitere FĂ€higkeit: das GedĂ€chtnis. Das bedeutet, dass seine ZustĂ€nde eine Kette bilden. Man denke an Perlen auf einer Schnur. Eine bestimmte Perle hat die Eigenschaft "Jetzt". An sie geknĂŒpft ist eine Reihe von Perlen mit Eigenschaft "vergangen".
Die Jetzt-Perle kann auf die vergangenen Perlen zugreifen und ihren Inhalt untersuchen. Die Jetzt-Perle wird nach dem Verstreichen eines "mentalen Herzschlags" zu einer vergangenen Perle und es entsteht eine neue Jetzt-Perle. Die der Vergangenheit entgegengesetzte Richtung...
...die man "Zukunft" nennt, und aus der die Jetzt-Perlen hervorzutreten scheinen, ist dem Geist unbekannt.
Die Tatsache, dass ich Metaphern wie "Perlen an einer Schnur" und "Herzschlag" gebrauche, zeigt...
...dass das Inventar des Geistes sich aus Sinneswahrnehmungen speist, welche er zu Abstrakta zusammenfasst. Beispielsweise kombiniert er bestimmte visuelle, olfaktorische, haptische und akustische Empfindungen zum Abstraktum "Baum".
Diesen Vorgang umschrieb Platon mit seiner Ideenlehre.
Das Zusammenfassen verschiedener Wahrnehmungen zu Abstrakta zeigt sich als Metaphernbildung. Z. B. gehören Meeresbuchten und Boobies zur abstrakten Sinneswahrnehmungsgruppe "abgerundete Dinge" -- die Metapher "Meerbusen".
Jeder Zustand des Geistes -- die "Perlen" -- besteht aus allen mentalen VorgĂ€ngen, einschlieĂlich Gedanken, GefĂŒhle, Intuitionen, Sinneswahrnehmungen und Handlungen, die das ICH gemeinsam konstituieren.
Die Jetzt-Perle (was ich *jetzt gerade* denke, fĂŒhle, sehe, tue, etc.) vermag, wie gesagt, auf die Vergangenheitsperlen zuzugreifen -- die geistigen Prozesse, aus denen sie bestehen, in sich selbst zu simulieren: ein Informatiker wĂŒrde von "AusfĂŒhrung in einer Sandbox" sprechen..
-- und, was sehr wichtig ist, sie anzuordnen im Sinne eines Vorher und eines Nachher. Die Jetzt-Perle ordnet sich selbst als spÀteste von allen ein, alle anderen liegen im Vorher.
Diese Anordnung nenne ich **Reine Psychologische Zeit**.
SelbstverstĂ€ndlich ist sich das Jetzt-Ich nicht immer sicher, wie zwei vergangene ZustĂ€nde bezĂŒglich vorher/nachher anzuordnen sind -- ich mĂŒsste ĂŒberlegen, ob ich Abe Kobo vor Dostojewski gelesen habe oder andersherum. Je tiefer eine Perle im Vorher liegt, desto weniger genau...
...vermag die Jetzt-Perle ihren Inhalt nachzubilden.
Die zukĂŒnftigen Perlen sind unbekannt. Das Jetzt-Ich vermag jedoch gewisse MutmaĂungen darĂŒber anzustellen, wie sie beschaffen sein könnten. Es tut dies, indem es Muster in der Folge vergangener Perlen erkennt.
(So halte ich es fĂŒr wahrscheinlich, dass ich nach dem Verfassen dieses Threads Hunger spĂŒren und etwas essen werde.)
Das Perlenmodell als Skizze.
Man erkennt, dass die Folge geistiger ZustĂ€nde Grundlage ist fĂŒr unser Konzept der natĂŒrlichen Zahlen. (Die ZĂ€hlweise von Null rĂŒckwĂ€rts ist beliebig gewĂ€hlt, genausogut könnte ich dem Jetzt die 1 zuordnen und in die Vergangenheit hinaufzĂ€hlen.)
Die Funktion der Naturwissenschaft -- man sollte sagen: "AuĂenweltswissenschaft" -- besteht darin, dass sie Muster in der Zeitfolge der Sinneswahrnehmungen sucht und in einer formalen Symbolsprache ausdrĂŒckt. Dies habe ich hier genauer betrachtet: threadreaderapp.com/thread/1465400âŠ
Die Philosophie wiederum hat die Aufgabe, die Strukturen aller geistigen Prozesse zu untersuchen, die nicht primĂ€r auf SinneseindrĂŒcke zurĂŒckgehen -- die Struktur des Denkens. Eine kĂŒhnere Auffassung, mit der ich sympathisiere, besagt, dass sie die Natur des Gesamtsystems --
-- AuĂenwelt plus Geist -- zu erforschen versucht. Ich vermute ĂŒbrigens, dass hierzu -- um Klarheit ĂŒber die RealitĂ€t insgesamt zu erlangen -- eine neue Wissenschaft benötigt wird, die weder Naturwissenschaft noch Philosophie noch Kunst ist...
...aber wichtige Komponenten aller drei ĂŒbernimmt und weiter ausbaut und neue Methoden hinzufĂŒgt. Wie eine solche Omnisophie aussehen könnte, liegt im Nebel unbekannter Zukunft.
Eine der kĂŒhnsten Schlussfolgerungen des menschlichen Geistes, die den meisten ganz selbstverstĂ€ndlich scheint, es jedoch nicht ist, besteht darin, aus der Reinen Psychologischen Zeit auf die Existenz einer AuĂenwelts-Zeit zu schlieĂen.
Der Grundgedanke ist, dass analog zur Perlenkette geistiger ZustĂ€nde sich die ZustĂ€nde der AuĂenwelt nach dem Schema eines Vorher-Nachher anordnen lassen. AnstoĂ geben hierzu die von den Naturwissenschaften festgestellten Sinneswahrnehmungsmuster.
Ăltere AnsĂ€tze -- bekannt ist insbesondere jener Newtons -- postulieren eine universelle Zeitkette fĂŒr die komplette AuĂenwelt; andere, die intuitiv einleuchtender sind und bestimmte Wahrnehmungsmuster prĂ€ziser zu bechreiben vermögen, untergliedern die AuĂenwelt in "Systeme"...
...wobei fĂŒr jedes System ein spezielles Vorher-Nachher-Schema gilt: dies wurde von Leibniz als Gegenentwurf zu Newton formuliert und im XX. Jahrhundert von Einstein, Lorenz, Friedmann, Lemaitre und einigen anderen aufs Genaueste ausgearbeitet.
Die Gliederung der AuĂenwelt in Systeme beruht darauf, dass diese aus Komponenten, die ich *Fakten* nenne, zu bestehen scheint, wobei sich die Fakten durch Eigenschaften charakterisieren lassen, insbesondere durch jene, die man "rĂ€umliche Anordnung" oder "Geometrie" nennt.
Ein "Faktum" ist ein Teil der AuĂenwelt, das einen zusammenhĂ€ngenden Sinnesreiz hervorruft, wobei es selbstverstĂ€ndlich nicht immer ganz klar ist, ob eine Wahrnehmung als einzelner oder als zusammengesetzter Reiz aufzufassen ist.
Damit Fakten ein System ergeben, mĂŒssen sie kausal verknĂŒpft sein, was bedeutet, dass bestimmte Aspekte von Fakt X sich abhĂ€ngig verhalten von jenen des Fakt Y. Grundbedingung hierfĂŒr scheint zu sein, dass sich X und Y am gleichen Ort oder zumindest sehr nahe zueinander befinden.
Newton postulierte auch FernkausalitĂ€ten, was seine Zeitgenossen nicht ganz zu Unrecht als Mystizismus abtaten. Leibniz und spĂ€ter Einstein et al fĂŒhrten scheinbare FernkausalitĂ€ten (am bekanntesten ist die Schwerkraft) auf gestaffelte NahkausalitĂ€ten zurĂŒck Ă€hnlich Dominosteine.
Was es mit KausalitÀt wirklich auf sich hat, ob sie tatsÀchlich existiert oder ob es -- vergleichbar den FernkrÀften -- nur ein scheinbarer Effekt ist, hinter dem sich anderes verbirgt, ist noch völlig unbekannt und ein Forschungsgegenstand der hypothetischen Omnisophie.
Anzumerken ist, dass die Vorher-Nachher-Anordnung bei kausal verknĂŒpften Fakten immer klar definiert und erhalten zu bleiben scheint. Dies deutet darauf hin, dass es sich in der Tat um ein grundlegendes Prinzip der AuĂenwelt handelt.
Fassen wir also zusammen:
** #Zeit ist Anordnung der ZustĂ€nde eines Systems im Sinne einer linearen Vorher-Nachher-Kette. FrĂŒhere ZustĂ€nde können spĂ€tere beeinflussen, andersherum nicht.
** Bezogen auf ZustÀnde des Geistes nenne ich dies Reine Psychologische Zeit.
** Bezogen auf Systeme der AuĂenwelt sollte man von physikalischer oder AuĂenwelts-Zeit sprechen.
** Die Beeinflussung spĂ€terer ZustĂ€nde durch frĂŒhere nennt man KausalitĂ€t. Ăber dieses PhĂ€nomen ist noch sehr wenig bekannt.
(Eine weitere ungelöste Frage: Ist der Geist bzw. das ICH wirklich prinzipiell verschieden von der AuĂenwelt oder eventuell ein integraler Bestandteil von dieser? Handelt es sich bei meinem ICH um ein System wie auch ein Wasserstoffatom, eine Wolke, ein Kristall eines ist?)
Die wichtigste Idee von Wittgenstein ist ĂŒbrigens meines Erachtens nach die, dass alle verwendeten Begriffe zu prĂ€zise wie möglich definiert werden mĂŒssen. Dies hat er zwar selbst nicht immer geschafft, aber er wies den richtigen Weg.
Jetzt hat die Menschin ein kĂŒnstliches, externes Organ, das kann detonieren, haha! Ăber Kimme und Korn -- ganz leicht gegen den Wind korrigieren -- Muskeln des Zeigefingers zittern, spannend sich: Luft zerbirst.
Zeit fĂŒr Wissenschafts- und Kulturgeschichte-Thread! đ§”
Das Thema der Nacht von Sonntag auf Montag: #AuĂerirdische.
AuĂerirdische/Aliens/ETs -- im weitesten Sinne bedeutet dies: Lebewesen, die nicht auf der Erde entstanden sind; im engeren: Lebewesen, die nicht auf der Erde entstanden sind und menschenĂ€quivalente oder höhere Intelligenz aufweisen.
In diesem Thread soll es vor allem um Aliens im engeren Sinne gehen.
Was assoziiert sich mit diesen?
Vor allem zwei Dinge:
1. man kann an sie "glauben" -- oder auch nicht;
2. es haftet ihnen ein Flair der Unernsthaftigkeit, der Albernheit und des schlechten Geschmacks an.
In der Stadt, in der ich zur Schule ging, gab's einen, der war Ă€hnlich drauf wie #Drachenlord. Ein Herr Horber: es hatte sich eingebĂŒrgert, vor dessen Haus "Horber-Klaus!" zu schreien, woraufhin er herausgesaust zu kommen & allen Beteiligten BrĂŒgelnausschmiss anzudrohen pflegte.
"Du Horber-Klaus!" hatte sich im Laufe der Zeit als landlĂ€ufig verstĂ€ndliche Beschimpfung eingebĂŒrgert. Es implizierte Blödheit, Reizbarkeit und einen Hang zur BrutalitĂ€t.
Das war notabene vor dem Internet-Zeitalter. Herrn Horbers Betragen im Alltag war einfach dazu angetan...
...Leute gegen ihn aufzubringen. Er galt als wahnsinnig cholerisch, geringe Provokationen reichten aus, um ihn dazu zu bringen, lautstark mit GewalttÀtigkeiten zu drohen.
Klaus Horber war nicht arbeitslos, er war von Beruf Zimmermann.
Ist eine gute Frage.
Grundursache ist die Kritik am Konzept Nationalstaat, die schon im 19. Jahrhundert ein wesentliches Element linker und sozialistischer TheoriegebÀude war und wÀhrend des 2. Weltkriegs im Zuge des Widerstands gegen den Nationalsozialismus Bedeutung gewann...
-- und spĂ€ter vor allem in der Bundesrepublik von den 68ern und anderen linken Bewegungen aufgegriffen wurde. Nationalstaatskritik wurde vor allem als "Deutschlandkritik" verstanden, wodurch man sich gegen das KleinbĂŒrgertum zu positionieren versuchte, bei welchem man...
...nicht ganz zu Unrecht revanchistische ("Unterm Adolf war nicht alles schlecht") und neofaschistische Tendenzen vermutete. Dies fĂŒhrte im Laufe der Zeit unter linken Akademikern zu einer fast reflexhaften Ablehnung von allem, was man fĂŒr "typisch deutsch" hielt.
"Orthodoxer Marxismus ist eine materielle; Faschismus eine spirituelle Ideologie"
~~ via @Fianna_Saoirse ~~
-- ist eine hochinteressante Unterscheidung, ĂŒber die man nachdenken kann. đ
Meines Erachtens nach liegt das Problem in der Definition von "materiell" und "spirituell". Ich tue mich ehrlich gesagt schwer mit den Begriffen "materiell", "Materie", "Materialismus".
In der modernen Physik gibt es keine Materie, nur Energie.
Was wir "Materie" nennen, beschreibt lediglich bestimmte Eigenschaften von Systemen, die gespeicherte Energie enthalten: TrÀgheit+Schwere und, je nach Aggregatzustand, einen gewissen Widerstand des Systems gegen VerÀnderungen seiner geometrischen Form.
Gedankenexperimente kennt man vor allem aus der modernen Physik, insbesondere aus der RelativitÀtstheorie.
Mein Lieblingsgedankenexperiment dient zur Herleitung von Einsteins berĂŒhmtester Formel: E = mcÂČ.
Es geht wie folgt:
Sedat und Kenan stehen auf den DĂ€chern zweier S-Bahn-ZĂŒge, die mit naher Lichtgeschwindigkeit aneinander vorbeiziehen. Als sie auf gleicher Höhe sind, beschlieĂen sie, ihre Streitigkeiten mit einem Boxkampf beizulegen -- und holen gleichzeitig zum Schlag aus.